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Kein Entkommen

Kein Entkommen

Titel: Kein Entkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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»Und das Handy auch.« Seine Waffe war direkt auf mich gerichtet. Der Lauf war schmaler und länger als der anderer Handfeuerwaffen – offenbar handelte es sich um einen Schalldämpfer. Was mich daran erinnerte, dass bereits zwei Schüsse gefallen waren; blieb nur zu hoffen, dass irgendein Nachbar die Polizei alarmiert hatte.
    Der Lauf meiner Waffe zeigte zu Boden, und ich war mir ziemlich sicher, dass ich tot sein würde, noch ehe ich den Arm halb hochgebracht hatte. Ich ließ die Waffe fallen und warf das Handy aufs Bett.
    »Schieben Sie die Waffe hierher«, befahl Oscar Fine. »Mit dem Fuß. Vorsicht.«
    Ich gehorchte. Um ein Haar wäre die Pistole dabei in eines der Löcher im Boden gefallen. Oscar Fine ließ uns keine Sekunde aus den Augen, während er in die Hocke ging, den rechten kleinen Finger unter den Abzug hakte und die Waffe in seine Jackentasche gleiten ließ.
    Jan war totenbleich. Sie wirkte völlig verängstigt, aber vielleicht wäre in meinem Gesicht dieselbe Hilflosigkeit zu erkennen gewesen, hätte ich einen Blick in einen Spiegel werfen können. Das war’s , sagte ihre Miene. Es ist vorbei.
    »Wo ist mein Sohn?«, fragte ich.
    Oscar Fine sah mich nicht an. Sein Blick war auf Jan gerichtet. »Lange nicht gesehen«, sagte er.
    »Bitte«, erwiderte Jan. »Ich bin nicht diejenige, nach der Sie suchen.«
    Er lächelte maliziös. »Ach ja? Du bist ja genauso feige wie dein feiner Freund. Was für ein würdeloser Bursche. Das arme Schwein hat sich vor Angst in die Hose gemacht, im wahrsten Sinne des Wortes. Aber du bist aus härterem Holz geschnitzt. Welche Frau würde es schon fertigbringen, jemandem die Hand abzusägen? Hmm?«
    Jan leckte sich über die Lippen. Ich konnte ihr nachfühlen; auch meine Kehle war staubtrocken. »Hätten Sie einen Schlüssel bei sich gehabt, wäre das alles nicht passiert.«
    Oscar Fine schien einen Moment über ihre Worte nachzudenken. »Tja, da hast du wohl recht«, sagte er. »Aber hinterher weiß man es eben immer besser.«
    Jan nickte in meine Richtung. »Bitte lassen Sie ihn gehen. Sagen Sie ihm, wo unser Sohn ist. Bitte. Er ist doch nur ein kleiner Junge. Er kann nichts dafür. Ich flehe Sie an. Wo ist Ethan? In Ihrem Wagen?«
    Wieder schien Oscar Fine angestrengt zu überlegen. Dann hob er seine Waffe. Ein kaum wahrnehmbares Pfft erklang, als er abdrückte.
    »Nein!«, stieß ich hervor. »O Gott, nein! Jan! «
    Jan prallte gegen die Wand. Sie öffnete den Mund, doch kein Ton drang heraus. Ungläubig starrte sie auf den roten Fleck, der sich über ihrer rechten Brust ausbreitete.
    Dann sackte sie langsam zur Seite. Ich lief zu ihr und hielt sie fest. Ihre Augen waren bereits glasig.
    »Alles wird gut«, sagte ich.
    Ihre Bluse war bereits blutdurchtränkt. Ihr Atem kam stoßweise und rasselnd.
    »Ethan«, flüsterte sie.
    »Ich weiß«, sagte ich. »Ich weiß.«
    Ich warf Oscar Fine einen Blick zu. Er stand regungslos da. Seine Miene war seelenruhig. Er schien ganz im Reinen mit sich zu sein.
    »Ich muss einen Arzt rufen«, sagte ich. »Sonst verblutet sie.«
    »Nein«, gab er zurück.
    »Sie stirbt«, sagte ich.
    »Genau darum geht’s«, erwiderte Oscar Fine.
    Mühsam hob Jan den Kopf und sah ihn an. »Ethan«, flüsterte sie mit stockender Stimme. »Wo ist Ethan?«
    Oscar Fine schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung«, sagte er. »Aber wenn Sie wollen, gehe ich ihn suchen. An wen soll ich seine Hände schicken, wenn ich ihn gefunden habe?« Er lächelte mich traurig an. »Sie werden allerdings keine Post mehr empfangen können.«
    »Er ist also nicht in Ihrer Gewalt«, stellte ich fest.
    »Ich wünschte, es wäre so«, gab Oscar Fine zurück.
    Jans Augenlider fielen zu. Ich legte einen Arm um sie und zog sie an mich. Ich war mir nicht sicher, ob sie noch atmete.
    Aus der Ferne drang das Geräusch einer Sirene.
    »Scheiße«, stieß Oscar Fine hervor. Er warf einen Blick auf das Handy, das nach wie vor aufgeklappt auf dem Bett lag, nahm es an sich und klappte es zu. Er stieß einen leisen Seufzer aus, als die Sirene – es klang, als wäre es nur eine – näher kam. Wenige Sekunden später hörte ich Schritte auf den Verandastufen.
    »Hierher!«, zischte Oscar Fine. Er deutete mit dem Pistolenlauf auf die offene Tür. »Los!«
    Ich ließ Jan los und ging zur Tür. Fine blieb direkt hinter mir. Ich spürte den Lauf der Waffe im Rücken.
    »Kommen Sie bloß nicht auf dumme Gedanken«, warnte er.
    Von unten drang Barry Duckworths Stimme zu uns herauf.

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