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Kein Entkommen

Kein Entkommen

Titel: Kein Entkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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verpassen.«
    Ich nickte und nippte an meinem Kaffee.
    »Ich wollte ihr zeigen, wie das ist, ein Kind zu verlieren. Sie hatte uns unsere Tochter genommen und dann auch noch ihren Namen gestohlen – wie kann man nur so gefühllos und grausam sein? Jedenfalls bin ich nach Promise Falls gefahren, während Horace im Krankenhaus lag. Es war nicht schwer, das Haus Ihrer Eltern zu finden. Ihr Sohn hat im Garten gespielt. Ich habe ihm gesagt, ich sei seine Tante Gretchen. Und dass ich ihn nach Hause bringen wollte.«
    »Und er ist mit Ihnen gegangen?«
    »Sofort. Er wollte einfach nur nach Hause.«
    »Fand er es nicht seltsam, dass plötzlich eine Tante auftauchte, von der er noch nie gehört hatte?«
    Gretchen schüttelte den Kopf. »Überhaupt nicht. Für ihn war es das Normalste auf der Welt.«
    »Und dann ist er zu Ihnen ins Auto gestiegen.«
    Sie nickte. »Ich hatte um die Ecke geparkt und ein paar Süßigkeiten mitgebracht, um ihn bei Laune zu halten. Als wir unterwegs waren, hat er gesagt, ich würde falsch fahren. Aber ich habe ihm erklärt, ich würde ihn eine Weile mit zu mir nehmen. Dass es ein bisschen dauern würde, bis er wieder nach Hause kann.«
    »Und wie hat er reagiert?«
    Gretchen schluckte. Ihre Augen wurden feucht. »Er hat angefangen zu weinen. Aber ich konnte ihn wieder beruhigen. Ich habe ihm gesagt, er müsse nicht lange bleiben.«
    »Was hatten Sie vor?«, fragte ich.
    Gretchen sah mir in die Augen. »Ich weiß es nicht.«
    »Aber irgendeine Vorstellung müssen Sie doch gehabt haben.«
    »Auf dem Weg nach Promise Falls habe ich wieder und wieder überlegt. Ich wollte … Ich …«
    »Sie hatten doch nicht vor, ihm etwas anzutun.«
    Sie wich meinem Blick aus. »Eigentlich nicht. Aber eine Weile war ich wie besessen. Nicht mehr ich selbst. Ich wollte abrechnen mit dieser Frau, die mir mein Liebstes genommen hatte. Aber als er dann neben mir im Auto saß …«
    »… hätten Sie es niemals übers Herz gebracht«, vollendete ich ihren Satz.
    »So ein süßer kleiner Junge.« Ein Lächeln stahl sich auf ihre Züge, als sie mich wieder ansah. »Ein echter Schatz. Sie müssen ihn über alles lieben.«
    »Er ist mein Ein und Alles«, sagte ich.
    »Ich schäme mich so«, sagte sie.
    »Sie haben ja keine Ahnung, was für Ängste wir ausgestanden haben.«
    »Es tut mir leid«, sagte sie. »Wie kann ich das je wiedergutmachen?«
    »Meine Mutter ist immer noch völlig außer sich. Wahrscheinlich wird sie sich nie verzeihen, dass sie Ethan aus den Augen gelassen hat.«
    »Bitte sagen Sie ihr, dass es mir leidtut. Aufrichtig leid. Wenn ich vor Gericht stehe, werde ich mich öffentlich bei Ihrer Familie entschuldigen.«
    Mit einem Mal war ich hundemüde.
    »Das wird nicht nötig sein«, sagte ich.
    Gretchen musterte mich verwirrt. »Ich verstehe Sie nicht. Ich habe Ihren Sohn entführt. Dafür muss ich bestraft werden.«
    Ich griff über den Tisch und nahm ihre Hand. »Sie haben genug gelitten«, sagte ich. »Was meine Frau Ihnen angetan hat, ist unverzeihlich.«
    »Trotzdem habe ich Ihren Sohn gekidnappt«, sagte Gretchen. »Sie wird mich bestimmt nicht ungeschoren davonkommen lassen.«
    »Doch, das wird sie«, erwiderte ich. »Sie ist tot.«
    Gretchen schnappte nach Luft. »Was?«
    »Sie wurde vor ein paar Stunden getötet«, sagte ich. »Ihre Vergangenheit hat sie eingeholt. Und ganz ehrlich, wahrscheinlich haben Sie Ethan sogar das Leben gerettet, indem Sie ihn entführt haben.«
    »Das macht meine Tat auch nicht besser«, sagte sie leise.
    »Für mich zählt nur, dass es meinem Sohn gutgeht. Ich werde den zuständigen Detective bitten, Sie nicht zu belangen.«
    Doch Gretchen schien mir nicht mehr zuzuhören. »Ich habe ihm Makkaroni mit Käse gemacht«, sagte sie.
    »Das mag er sehr«, sagte ich.
    »Mein Gewissen hat einfach nicht mitgespielt«, sagte sie. »Deshalb habe ich Sie angerufen. Ich hätte die ganze Nacht kein Auge zugetan.«
    »Danke«, sagte ich. »Ich würde jetzt gern meinen Sohn sehen.«
    »Wenn Sie wollen, können Sie wieder hier auf der Couch übernachten.«
    »Danke für das Angebot«, sagte ich. »Aber wir müssen zurückfahren.«
    Gretchen führte mich die Treppe hinauf. Als ich mich auf die Bettkante setzte, regte sich Ethan im Schlaf.
    »Ethan.« Ich berührte ihn sanft an der Schulter. »Ethan.«
    Langsam öffnete er die Augen und blinzelte in das Licht, das vom Flur hereinfiel.
    »Hallo, Dad«, sagte er.
    »Zeit zu gehen«, sagte ich.
    »Nach Hause?«, fragte er.
    »Zu Oma und

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