Kein Fall fuer Wilsberg
und dem festen Vorsatz, am nächsten Morgen, wie jeder brave Bürger es tun würde, zur Polizei zu gehen.
Stürzenbecher nahm es nicht gelassen, er bewahrte nicht einmal die Fassung. Er tobte, er schrie mich an, er drohte mir mit Gefängnis und dem Entzug aller bürgerlichen Ehrenrechte.
»Trotzdem müssen wir etwas unternehmen«, sagte ich.
Er heulte höhnisch auf. »Du entziehst uns einen Zeugen, du behinderst die polizeilichen Ermittlungen, und jetzt, wo die Kacke am Dampfen ist, kommst du zu mir gekrochen und bittest um Hilfe.«
»Was hätte ich denn tun sollen?« fragte ich schüchtern. »Er wollte nicht mit der Polizei reden. Ihn bei mir aufzunehmen, war die einzige Möglichkeit, an eine brauchbare Information zu kommen.«
Stürzenbecher nestelte an seiner schiefsitzenden Krawatte. »Mach dir nichts vor, Georg! Er hat dich gelinkt. Hast du nachgeguckt, ob deine Haushaltskasse oder das Tafelsilber noch da sind?«
Ich schüttelte den Kopf. »Mein Fehler war, daß ich ihn zu lange alleingelassen habe. Ihm ist der Name des Zuhälters eingefallen, für den sein Freund Tom gearbeitet hat, und er hat ihn in dieser Bar angerufen. Vielleicht hat Philipp versucht, den Mann zu erpressen. Dann kam es zu dem unglückseligen Streit mit meiner Schwester.«
»Und weiter?« Stürzenbecher ließ erkennen, daß er alles andere als überzeugt war.
»Was weiß ich? Entweder irrt Philipp durch die Stadt, oder er ist im Rosa Panther. Auf jeden Fall laufen dort die Fäden zusammen. Nimm den Laden auseinander, und du weißt mehr.«
Stürzenbecher schenkte mir ein mildes Lächeln. »Der Staatsanwalt lacht mich aus, wenn ich einen Durchsuchungsbefehl beantrage. Das einzige Indiz, das auf ein Verbrechen hindeutet, ist ein aufgeschlagenes Telefonbuch. Wir leben in einem Rechtsstaat, Georg, auch wenn die Linken immer das Gegenteil behaupten.« Er stand auf. »Ich will dir sagen, was ich tun werde: Ich werde Philipp stadtweit zur Fahndung ausschreiben. Wenn wir Glück haben, läuft er uns in Münster in die Hände.«
Ich wollte protestieren, aber er stoppte mich mit einer Handbewegung. »Außerdem werde ich Erkundigungen über den Besitzer des Rosa Panther einziehen. Das ist alles, was in meiner Macht steht.«
»Du könntest einen Beamten hinschicken, der den Laden beobachtet«, schlug ich vor.
Stürzenbecher verdrehte die Augen. »Meinetwegen. Wenn das dein Gewissen beruhigt.« Er öffnete die Tür zum Nebenraum und brüllte: »Kulmbacher! Müller! Zu mir!«
Eine halbe Stunde später hockten wir über dem Vorstrafenregister von Franz Winkelkötter, dem Pächter des Rosa Panther. Es gab einfache und schwere Körperverletzung, Nötigung, Vergewaltigung und Menschenhandel, letzteres begangen an und mit thailändischen Frauen. Winkelkötter hatte insgesamt fünf Jahre im Gefängnis gesessen, war aber in den letzten drei Jahren nicht aufgefallen.
Stürzenbecher pfiff durch die Zähne. »Ein harter Bursche, dieser Winkelkötter.«
Ich grinste triumphierend. »Der ist es. Dafür verwette ich meine Krücke.«
»Mal langsam«, wiegelte Stürzenbecher ab. »Das ist ein Schläger, kein Mörder.«
»Denk an die rosa Schleife!« insistierte ich. »Der Mörder von Jochen Große-Hülskamp muß aus dem halbseidenen Milieu kommen.«
»Gerade deswegen bin ich skeptisch. Die Spur ist so breitgetrampelt wie ein Elefantenpfad. Mörder hinterlassen selten Visitenkarten.«
Dazu fiel mir auf Anhieb nichts ein. Stürzenbecher guckte auf seine Armbanduhr. »Warten wir ab, was Kulmbacher herausfindet. Um diese Zeit dürfte der Laden sowieso geschlossen sein. Ich schlage vor, daß wir uns den Herrn Winkelkötter heute abend mal zur Brust nehmen, ganz unverbindlich.«
»Kann ich mitkommen?«
Er nickte wohlwollend. »So, und jetzt laß mich meine Arbeit machen. Ich habe noch ein Familiendrama mit tödlichem Ausgang auf dem Schreibtisch.«
Er vertiefte sich in die Akte, und ich hinkte zur Tür. Dort fiel mir doch noch etwas ein. »Sag mal, könntest du herausfinden, welchen Wagen Winkelkötter fährt?«
Stürzenbecher guckte auf. »Wieso?« Dann dämmerte ihm, worauf ich hinauswollte. »Keinen roten Porsche, da kannst du sicher sein. Ich habe alle Rote-Porsche-Fahrer durch den Computer laufen lassen.«
»Trotzdem. Ich würde es gerne wissen.«
Er stöhnte und griff zum Telefon. Ich wartete gespannt auf seine Reaktion, während er mit dem Straßenverkehrsamt verhandelte.
»Negativ, Georg. Er fahrt einen italienischen
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