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Kein Fall fuer Wilsberg

Kein Fall fuer Wilsberg

Titel: Kein Fall fuer Wilsberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kehrer
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empfing mich mit einer Leichenbittermiene: »Philipp ist weg.«
    Ich erstarrte. »Einfach so?«
    Sie wurde verlegen. »Wir hatten eine kleine Auseinandersetzung. Er hat schon wieder gebadet und dann mein Lieblingshandtuch benutzt. Ich bin sauer geworden, du kennst mich ja, in solchen Dingen bin ich etwas pingelig. Ich glaube, ich habe ihn einen Schnorrer genannt. Dann kam ein Wort zum anderen, und schließlich ist er beleidigt davongerannt.«
    »Du hast ihn also vergrault?« brüllte ich. »Habe ich dir nicht gesagt, wie wichtig er für mich ist? Ich stand kurz vor der Lösung. Eine einzige Information, und wir hätten den Mörder geschnappt. Und du machst alles kaputt, weil er dein Lieblingshandtuch benutzt!«
    Ihr schossen die Tränen in die Augen. »Tut mir leid. Wenn ich gewußt hätte, daß er so impulsiv ist…«
    Ich drehte mich auf dem Absatz um und hinkte wieder nach draußen. Stürzenbecher würde mich in der Luft zerreißen, wenn er das erfuhr. Es gab nur eine Möglichkeit: Ich mußte Philipp vor ihm finden.
    Das Haus in der Theißstraße war hell erleuchtet, nur in Philipps Zimmer brannte kein Licht. Ich hämmerte trotzdem gegen die Tür und rief ungefähr zehnmal seinen Namen, mit dem Ergebnis, daß ich die anderen Bewohner der Etage auf den Plan rief. Ein Mädchen mit zotteligen Haaren und Nasenring baute sich vor mir auf: »Was ‘n los?«
    »Ich suche Philipp. Ist er hier irgendwo im Haus?«
    »Warum wollen Se dat wissen?«
    »Ich bin ein Bekannter von ihm. Ich muß ihn dringend sprechen.«
    »Wir kennen keinen Philipp«, rief jemand von oben. Und sein Kumpel, der mit einer Fahrradkette spielte, fügte hinzu: »Verpiß dich, Alter!«
    Was ich dann auch tat.
    Um mein Glück am Bahnhof zu versuchen. Ich graste sämtliche Gänge und den namenlosen Bahnsteig ab. Tote Hose. Zumindest in Bezug auf Philipp. Was sich ansonsten in den Hosen regte, entzog sich sowohl meiner Kenntnis als auch meines Interesses.

    »Hat er irgendwas gesagt«, fragte ich Kiki eindringlich, »was darauf schließen läßt, wohin er gegangen ist oder was er vorhatte?«
    Sie starrte weiter auf den Fernseher (US Open, Viertelfinale).
    »Kannst du dich vielleicht mal konzentrieren!« raunzte ich sie an.
    »Schrei mich nicht an!« giftete sie zurück. »Ich denke ja darüber nach.«
    Sie dachte, und ich kratzte mich ausgiebig am Handgelenk.
    »Nein, nichts«, entschied sie schließlich. »Aber er hat mit jemandem telefoniert. Als ich die Wohnungstür aufschloß, hat er sofort den Hörer aufgelegt.«
    »Und du hast kein Wort mitbekommen?«
    »Kein einziges. Ich habe nur gesagt, daß wir es nicht gerne sehen würden, wenn er Ferngespräche führte, und er hat mich frech angegrinst und geantwortet, daß es ein Ortsgespräch gewesen sei.«
    In deutschen Fernsehkrimis wenden die Kommissare in solchen Fällen den Trick an, daß sie auf die Wahlwiederholungstaste drücken. Schon haben sie die Nummer und, per Anruf, auch den Namen des letzten Gesprächspartners (des Ermordeten, zum Beispiel). Leider konnte ich diesen Trick nicht anwenden, weil mein Telefon einer hoffnungslos veralteten Generation angehörte.
    Um meine Nerven zu beruhigen und weil ich keine Lust hatte, zusammen mit meiner Schwester einem nervös herumzappelnden Thomas Muster zuzuschauen, schlich ich durch die Wohnung. Wütend starrte ich das Telefon an. Alle hatten Wahlwiederholungstasten, nur ich nicht. Da fiel mein Blick auf das darunterliegende Telefonbuch. Es war aufgeschlagen.
    »Hast du nach Philipp telefoniert?« schrie ich.
    »Nein.«
    »Hast du eine Nummer im Telefonbuch nachgeschlagen?«
    »Nein.«
    Vorsichtig nahm ich das Telefonbuch hoch und trug es zum Sofa. Eine Doppelseite, acht Spalten, rund tausend Eintragungen. Der berühmte Heuhaufen, aber mehr als nichts. In der siebten Spalte fand ich, was ich suchte. Es war die einzige Bar auf der Doppelseite.

XVI
    Noch vor ein paar Jahren wäre ich mutig in die Höhle des Löwen gestürmt und hätte versucht, auf eigene Faust etwas über den Verbleib von Philipp zu erfahren. Inzwischen war ich nicht nur gesundheitlich angeschlagen, sondern auch vorsichtiger, um nicht zu sagen weiser geworden. Ich verzichtete also darauf, noch am selben Abend in die Bar Rosa Panther zu stiefeln, mich unter dem Vorwand, ein ganz normaler Gast zu sein, von Animierdamen verwöhnen zu lassen, um bei passender Gelegenheit hinter Türen mit der Aufschrift ›Privat‹ zu gucken. Stattdessen ging ich ins Bett, mit einem unguten Gefühl im Magen

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