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Kein Fall fuer Wilsberg

Kein Fall fuer Wilsberg

Titel: Kein Fall fuer Wilsberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kehrer
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dessen Schulterteilen sich ein paar vereinzelte Schuppen bemerkbar machten. Der kleine Mund unter der Vogelnase (die er vom Alten geerbt hatte) zog sich griesgrämig zusammen.
    »Hallo! Wie geht es Christiane?«
    »Es geht so.«
    »Wo ist sie denn im Moment?«
    »Bei mir.«
    »So so.« Ihm war der Konversationsstoff ausgegangen.
    »Das dürfte für dich nicht neu sein. Schließlich läßt du jeden meiner Schritte überwachen.«
    Er tat erstaunt. »Wie kommst du darauf?«
    »Der Privatdetektiv, den du engagiert hast, hat es mir verraten.«
    Wir standen noch immer in der Halle, offensichtlich hatte er gehofft, daß ich sofort wieder verschwinden würde.
    Er seufzte. »Ich hatte gleich ein schlechtes Gefühl bei dem Mann.«
    Ich wartete.
    Er schaute mich mitleidig an. »Und jetzt erwartest du von mir eine Erklärung?«
    »Richtig geraten.«
    Er ging zu der Kommode neben der Haustür, prüfte mit dem Zeigefinger, ob sie staubfrei war, und lehnte sich an. »Ich habe Alfons davon abgeraten. Ich wußte, daß das nicht gutgeht.«
    »Daß was nicht gutgeht?«
    »Na ja«, er senkte verschwörerisch die Stimme, »es war seine Idee.«
    »Es war unsere Idee«, donnerte Alfons vom oberen Treppenabsatz. »Versuch nicht, mich als alten Trottel hinzustellen!«
    Ludger zuckte zusammen. »Vater! Ich dachte, du wärst im Garten.«
    Alfons kam die Treppe herunter. »Willst du Herrn Wilsberg nicht in den Salon bitten?«
    Ich fragte mich, ob ich einer abgesprochenen Inszenierung beiwohnte.
    Den Sitzplatz nahm ich wegen meines schmerzenden Beines an, den Tee lehnte ich unwirsch ab. Stattdessen empfahl ich, endlich zur Sache zu kommen.
    Nach einem kurzen Blickkontakt mit Ludger übernahm Alfons die Sprecherrolle. »Ich kann verstehen, daß Sie empört sind. Ich glaube, es ist an der Zeit, Ihnen reinen Wein einzuschenken.«
    Ich schaute den Rauchringen nach, die ich mit meinem Zigarillo produzierte.
    »Wir, das heißt Ludger und ich, wußten, daß Jochen pervers veranlagt war. Ich habe ihn beschworen, sich nicht mit diesen Leuten abzugeben.«
    »Mit Kindern«, warf ich ein. »Es handelt sich um Minderjährige.«
    »Müssen wir hier ins Detail gehen? Offen gestanden, als ich die Schleife an seinem… äh… Penis sah, habe ich sofort geahnt, daß jemand aus dem Milieu dahintersteckt.«
    »Was Sie der Polizei geflissentlich verschwiegen haben.«
    Er streckte beide Hände wie ein amerikanischer Fernsehprediger von sich. »Was blieb mir anderes übrig? Schlimm genug, daß er auf diese Weise ums Leben kommen mußte. Sollte sein Ansehen posthum geschändet werden? Nein. Ich wollte, daß er als ehrbarer Bürger beerdigt wird.«
    »Und der Mörder? Soll der straflos davonkommen?«
    »Ach was. Das sind widerliche Kreaturen, die sich früher oder später gegenseitig umbringen. In einem Prozeß, das steht fest, würde alles aufgerollt, jede unappetitliche Kleinigkeit. Ein gefundenes Fressen für die Blutsauger von der Presse. Wie stünde unsere Familie dann da? Die Leute würden mit Fingern auf uns zeigen. Warenfeld ist keine anonyme Großstadt, Herr Wilsberg. Verstehen Sie mich bitte! Es soll nicht zu Ihrem Schaden sein, wenn Sie die Sache vergessen.«
    »Und den Privatdetektiv haben Sie engagiert, um zu erfahren, wann Sie mir dieses Angebot unterbreiten müssen?«
    »Wir wollten keine schlafenden Hunde wecken. Sie haben mit Ihrem Gerede von den Arabern bereits genug Schaden angerichtet.«
    »Der schlafende Hund ist schon aufgewacht«, sagte ich. »Hauptkommissar Stürzenbecher ist unterrichtet.«
    Den beiden Große-Hülskamps fielen die Kinnladen herunter. Nicht ohne Schadenfreude berichtete ich von dem Abend, den mein Beschatter anderweitig genutzt hatte.
    »Und es ist sicher, daß Jochen Kontakt zu dem toten Jungen hatte?« fragte Ludger, nachdem wir eine Weile geschwiegen hatten.
    »Als er noch lebte«, korrigierte ich ihn. »Ja, dafür gibt es einen Zeugen.«
    »Mein Gott!« stöhnte Alfons. »Zwei Tote. Nimmt das denn kein Ende?«
    »So, wie es aussieht, ist Jochen zuerst getötet worden. Vielleicht hätten Sie den zweiten Mord verhindern können, wenn Sie der Polizei alles gesagt hätten.«
    »Wie konnten wir denn wissen…« Er preßte die Hände vors Gesicht.
    Ich stand auf und ging grußlos ab. Zwar hatte ich keinen der Sätze verwendet, die ich mir im Auto zurechtgelegt hatte, aber vom Ergebnis her konnte ich durchaus zufrieden sein. Die beiden Große-Hülskamps sahen aus, als würden sie ihres Lebens so schnell nicht wieder froh.
    Kiki

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