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Kein Fall fuer Wilsberg

Kein Fall fuer Wilsberg

Titel: Kein Fall fuer Wilsberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kehrer
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lehnte sich zurück und rechnete die Vor- und Nachteile meines Angebotes aus, vermutlich auch meine Sanktionsmöglichkeiten im Falle der Nichteinhaltung ihrerseits. Ein deutlicher Schwachpunkt, wie ich zugeben mußte.
    Sie lächelte. »Gut. Ich bin dazu bereit. Um des lieben Ehefriedens willen.«
    »Versuch nicht, mich zu linken! Wir werden dich ab und zu überprüfen.«
    »Ich werde auf junge, gutaussehende Männer achten, die mich beschatten.«
    »Fehlanzeige. Es sind alte, zähe Knochen.« Nicht auszudenken, was mit Koslowski passieren würde, wenn sie ihn in die Finger bekam.

    Als ich aus dem Haus kam, sah ich ihn. Er saß in einem (sehr unauffälligen) grauen Opel Kadett und interessierte sich für das Schwarze unter seinen Fingernägeln. Ich wußte nicht, was mich mehr aufregte: seine Unverfrorenheit oder die Annahme, daß mir eine derart plumpe Beschattung entgehen könnte.
    Langsam humpelte ich zu meinem Wagen. Von da aus waren es noch ungefähr zwanzig Meter bis zum Kadett. Ich beschleunigte, meinen Möglichkeiten entsprechend, und er brauchte weitere zehn Meter, bis er endlich reagierte. Dann ließ er den Motor an und setzte zurück. Als er den Vorwärtsgang gefunden hatte, riß ich die Fahrertür auf: »Motor aus, Freundchen!«
    »Lassen Sie mich in Ruhe!« kreischte er.
    Ich hob meinen Stock in Schlaghöhe. Der Kadett machte einen Satz nach vorne und blieb rasselnd stehen. Er hatte den Motor abgewürgt. Ich schlug ihm kräftig auf die linke Hand.
    »Aua! Sie tun mir weh.«
    »Das war meine Absicht.«
    Er massierte die lädierte Hand und guckte mich vorwurfsvoll an. »Können Sie sich nicht denken, daß ich ein Kollege bin?«
    »Eine Schande für den Berufestand, würde ich sagen. Nicht nur, daß Sie mir schon dreimal aufgefallen sind. Verfolgungsregel Nummer sieben lautet: Parke deinen Wagen stets so, daß du ohne Behinderung aus der Parklücke kommst!«
    »Nummer sieben?«
    Ich hatte improvisiert. »Oder war es Nummer sechs? Sie haben neulich meine Frage nicht beantwortet: Wer hat Sie engagiert?«
    Er guckte trotzig nach vorne. »Das kann ich nicht sagen.«
    Ich hob drohend den Stock.
    »Nein, tun Sie das nicht!«
    »Also!«
    »Herr Große-Hülskamp.«
    »Welcher? Alfons oder Ludger?«
    »Ludger.«
    Er tat mir schon fast leid, wie er da zusammengesunken hinter dem Lenkrad kauerte.
    »Werden Sie es ihm sagen?«
    »Worauf Sie sich verlassen können. Ich werde von ihm eine Erklärung verlangen.«
    Er nickte. »Und der alte Breinerstädter kriegt mal wieder einen Arschtritt. Er schuldet mir noch zweihundert Mark. Die kann ich glatt vergessen. Sie sind noch jung. Wissen Sie, wie lange ich auf einen neuen Klienten warten muß?«
    »Ware es nicht langsam an der Zeit, die Rente einzureichen?«
    »Rente!« Er keuchte. »Die kriege ich längst. Aber davon kann ich gerade mal die Miete bezahlen.«
    Bevor er anfing zu heulen, wandte ich mich ab.

XV
    Ich nahm die Todesstrecke, die B54 Richtung Gronau. Im münsterländischen Volksmund heißt sie so, weil die breiten Seitenstreifen zu Raserei und riskanten Überholmanövern verführten, so daß sich die Berufependler regelmäßig in den Autohimmel crashten. Inzwischen hat man durch Überholverbote und Betonwälle in der Mitte zumindest die Zahl der Frontalzusammenstöße erheblich reduziert.
    Ich raste im Rahmen des Möglichen, bis ich bei Laer von der Bundesstraße abfuhr und mich auf schmaleren Straßen durch das schlängelte, was Fremdenverkehrsvereine »landschaftlich reizvoll« nennen. Unterwegs kam ich an Rapsfeldern vorbei (oder Lupinen? – welcher Stadtmensch kennt sich schon in der Natur aus?) und auch an zwei Baggerseen. Es war sehr schön, abgesehen davon, daß ich vor Wut kochte.
    Das Ortsschild von Warenfeld verursachte einen leichten Brechreiz. Ich versuchte mich zu beruhigen, suchte nach Worten für den großen Auftritt, für die finale Auseinandersetzung mit den Große-Hülskamps. Daß dies mein letzter Familienbesuch sein würde, war sowieso klar. Die Beziehungen würden toter sein als die zwischen Nordkorea und dem Rest der Welt.
    Mit den letzten Strahlen der Abendsonne erreichte ich die Villa. Klara, die Haushälterin, öffnete und ließ mich in der Halle schmoren. Ich hatte nach Ludger verlangt, und sie hatte mit einem unfreundlichen Blick geantwortet.
    Als ich alles gesehen hatte, was es in der Halle zu sehen gab (jede Menge Geweihe, kleine, große, mittelgroße, mit und ohne Kopf), kam er. Er trug ein tailliertes taubenblaues Sportsakko, auf

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