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Kein Kind ist auch (k)eine Lösung

Kein Kind ist auch (k)eine Lösung

Titel: Kein Kind ist auch (k)eine Lösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Wolf
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Quatsch, du darfst ja noch gar keinen Zucker bekommen!« Ich sah auf die Kekse in der silbernen Schale auf dem Tisch. »Das lassen wir mal lieber! Aber ich …«
    Ich beugte mich vor, griff in die silberne Schale, steckte mir schnell einen in den Mund und lächelte.
    Puh.
    *
    Der Spuk war erst einmal vorbei, als wir am übernächsten Abend zurück in Hamburg vor unserem knapp ein Meter großen Weihnachtsbaum saßen und uns unsere Geschenke überreichten.
    Wir hatten uns absichtlich nicht vor der versammelten Mannschaft etwas schenken wollen. Dafür wollten wir alleine sein. Und das waren wir jetzt.
    Micha freute sich über den Kochkurs in unserer Wohnun g, zu dem ich den befreundeten Koch von Grusel-Gün ther nicht lange hatte überreden müssen. Sie würden zusammen im »Frische Paradies« am Hafen Fisch kaufen, ihn zubereiten, und abends würden wir alle gemeinsam essen.
    Dann gab er mir mein Geschenk. Ich bekam Herzrasen, denn es war anscheinend, der Form der Packung nach zu urteilen, ein Ring. Und was für einer!
    »Probier mal, ob er passt. Ich habe einen von deinen Ringen genommen und dem Goldschmied gegeben. Hast du ja, Gott sei Dank, nicht gemerkt. Ich hatte schon Angst , du würdest mich fragen, ob ich wisse, wo der Ring sei.«
    Er passte. Und er war wunderschön. Groß, kräftig und mit einem geschliffenen grünen Stein in der Mitte. Ein Unikat, das er extra für mich hatte anfertigen lassen. Ich wusste gar nicht, was ich sagen sollte. So etwas hatte ich noch nie geschenkt bekommen.
    »Wow! Danke. Er ist einfach wunderschön! So etwas habe ich gar nicht erwartet.«
    Jetzt cool bleiben, Charly, ganz cool bleiben und vor allem alles dafür tun, dass er dir den Schrecken nicht ansieht. Da gibt es nur eine Möglichkeit: küssen.
    *
    Als ich unsere Sachen, die wir mit in Mönkeberg gehabt hatten, auspackte, alles wegsortieren wollte und dabei meinen Kleiderschrank öffnete, fiel mein Blick wieder auf das Päckchen aus Kopenhagen. Ich nahm es, packte den Strampler aus, legte ihn aufs Bett und betrachtete ihn. Auf diesem riesigen Doppelbett wirkte er noch viel kleiner, als er eh schon war. So winzig. Ich nahm das Papier, knüllte es zusammen und warf es weg. Den Strampler legte ich zurück in den Schrank.
    Micha hatte es sich inzwischen auf dem Sofa gemütlich gemacht. Ich schaltete das Licht aus, legte mich zu ihm, und wir starrten auf die Lichterkette an unserem kleinen Baum, der auf einem Beistelltisch stand.
    Ich musste an Michas Neffen denken, die vor dem riesigen Weihnachtsbaum gehockt und ganz aufgeregt ihre Geschenke ausgepackt hatten. Dann hatten sie sich bei ihren Eltern bedankt, weil sie inzwischen wussten, wer all die schönen Sachen dort hingelegt hatte. Sofort danach hatten sie sich auf Micha gestürzt, um ihm alles zu zeigen. Er war nicht irgendein Onkel. Er war ihr Lieblingsonkel, auch wenn sie es so nicht sagten. Ich sah Micha wieder vor mir, wie er völlig ins Spiel versunken zwischen den Kindern saß.
    »Woran denkst du?«, fragte Micha.
    »Ich habe an Berge aus rotem Geschenkpapier gedacht, und an begeisterte kleine Zweibeiner. Und Vierbeiner.«
    »Und? War es so schlimm wie befürchtet?«
    »Nein, auf keinen Fall. Ich fand es ganz schön. Echt.«
    »Guck, hab ich doch gesagt. Und die Lütten sind doch au ch super, oder? Wie die sich gefreut haben. Ich finde d as großartig. Kinder können sich noch richtig freuen. Wenn die etwas machen, dann immer mit hundert Prozent. Hundert Prozent Freude, hundert Prozent Traurigkeit. Die gehen ganz und gar in einer Sache auf. Klasse.«
    Er nahm einen Schluck, drehte seinen Kopf zu mir.
    Ich sagte nichts. Ich dachte an Rosa, wie sie in meinem Arm gelegen hatte, an Anni, die wie immer ganz entspannt und glücklich wirkte, an Conrad, der mir ohne Aufforderung Rosa abnahm, um ihr die Flasche zu geben und sie zu wickeln und sich sowieso ganz rührend um seine Kinder kümmerte, so wie alle in dieser Familie. Ich dachte an Michas Mutter, die ihre Rolle genoss, an die Kinder, die die ganze Zeit um uns rumwuselten. An diese schöne Stimmung.
    Wann hatte ich zuletzt so ein Weihnachtsfest erlebt? Vermutlich noch nie. Ich konnte mich jedenfalls nicht daran erinnern.
    Dafür erinnerte ich mich gleich am nächsten Morgen an die Telefonnummer der wundersamen Marlene – der Frau, die mir angeblich alle Fragen beantworten konnte. Nachdem ich den Zettel mit ihrer Telefonnummer mindestens sechsmal aus meinem Daunenmantel genommen, damit durch die Wohnung gegangen war und ihn

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