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Kein Kinderspiel

Kein Kinderspiel

Titel: Kein Kinderspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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erzählt, daß der Markt nach einer ziemlich trockenen Zeit nur so mit reinstem Heroin überschwemmt werden sollte.« Er zuckte mit den Achseln. »Aber das ist nie passiert.«
    »Bist du dir sicher?« fragte ich.
    »Nein«, sagte er langsam, als spreche er mit einem zurückgebliebenen Kind. »Ich habe mit ein paar Jungs von Olamons Gang geredet, und sie meinten alle, daß Mullen und Gutierrez nie davon gesprochen hatten, mit einem Kind zu den Steinbrüchen zu fahren. Außerdem hat keiner von Cheese’ Leuten jemals ein Kind bei denen gesehen. Falls Mullen und Gutierrez die Kleine also tatsächlich hatten, haben sie das absolut geheimgehalten. Und wenn sie in der Nacht mit ihr nach Quincy fuhren, um sie loszuwerden, dann lief das auch vollkommen unter der Hand ab.«
    Er sah Angie an und zeigte mit dem Daumen auf mich. »War der früher nicht mal ein bißchen cleverer?«
    Sie grinste. »Nach der High-School ging es bergab, glaube ich.«
    »Noch etwas«, fuhr Bubba fort. »Ich komme nicht dahinter, warum die mich in der Nacht nicht einfach umgebracht haben.«
    »Ich auch nicht«, bestätigte ich.
    »Alle Leute von Cheese, mit denen ich gesprochen habe, schwören Stein und Bein, daß sie nichts damit zu tun hatten. Ich glaube ihnen. Ich jage den Leuten Angst ein. Früher oder später hätte es einer von denen schon ausgespuckt.«
    »Also ist der, der dich umgehauen hat…«
    »Nicht daran gewöhnt, ständig Leute umzubringen.« Er zuckte mit den Achseln. »Nur meine Meinung.«
    In der Küche klingelte das Telefon.
    »Wer ruft denn hier um sieben Uhr morgens an, verdammt noch mal?« fragte ich.
    »Auf jeden Fall keiner, der unsere Schlafgewohnheiten kennt«, bemerkte Angie.
    Ich ging in der Küche ans Telefon.
    »Hey, Bruder«, meldete sich Broussard.
    »Hey«, grüßte ich zurück. »Weißt du, wieviel Uhr es ist?«
    »Ja. Tut mir leid. Hör mal, du mußt mir einen Gefallen tun. Einen großen.«
    »Und zwar?«
    »Einer von meinen Jungs hat sich gestern abend bei der Verfolgung eines Täters den Arm gebrochen, und jetzt fehlt uns einer in der Mannschaft.«
    »Was für eine Mannschaft?« erkundigte ich mich.
    »Football«, antwortete er. »Raub und Mord gegen Rauschgift-Sitte-Kind. Ich bin jetzt zwar bei der Fahrbereitschaft, aber wenn’s um Football geht, gehöre ich immer noch zu Rauschgift-Sitte-Kind.«
    »Und was hat das mit mir zu tun?« fragte ich.
    »Mir fehlt ein Spieler.«
    Ich lachte so laut, daß sich Bubba und Angie im Wohnzimmer den Hals nach mir verrenkten.
    »Ist das komisch?« fragte Broussard.
    »Remy«, erklärte ich ihm, »ich bin weiß und über dreißig.
    An einer Hand habe ich einen beschädigten Nerv, und seit dem fünfzehnten Lebensjahr habe ich keinen Football mehr in der Hand gehalten.«
    »Oscar Lee hat mir erzählt, daß du fürs College gelaufen bist und Baseball gespielt hast.«
    »Um mein Studium zu finanzieren«, erwiderte ich. »Bei beiden war ich die zweite Garnitur.« Ich schüttelte schmunzelnd den Kopf. »Sucht euch jemand anders. Tut mir leid.«
    »Ich hab’ keine Zeit mehr. Das Spiel ist um drei. Los, komm, Mann. Bitte! Ich brauche einen, der sich den Ball unter den Arm klemmt und ein paar Meter läuft, der ein bißchen Defensive-End spielt. Laß mich nicht hängen! Oscar meint, du wärst der schnellste Weiße, den er kennt.« »Ich nehme mal an, daß Oscar auch dasein wird?« »Ja, klar. Spielt natürlich auf der anderen Seite.« »Und Devin?«
    »Amronklin?« fragte Broussard. »Das ist der Trainer von den anderen. Bitte, Patrick. Wenn du mir nicht aus der Patsche hilfst, sind wir aufgeschmissen.«
    Ich warf einen Blick ins Wohnzimmer. Bubba und Angie sahen mich verwirrt an. »Wo?«
    »Harvard-Stadion. Drei Uhr.« Einen Moment lang sagte ich nichts. »Hey, Mann, wenn dir das hilft: Ich spiele Fullback. Ich mach’ dir den Weg frei, ich sorg’ dafür, daß du keinen einzigen Kratzer abbekommst.« »Drei Uhr«, wiederholte ich. »Im Harvard-Stadion. Bis dann!« Er legte auf.
    Umgehend wählte ich Oscars Nummer. Zuerst konnte er nicht aufhören zu lachen. »Er hat es also gefressen?« brachte er schließlich heraus.
    »Was hat er gefressen?«
    »Den ganzen Blödsinn, den ich ihm erzählt habe, daß du so schnell bist!« Erneutes Gelächter, gefolgt von Husten.
    »Was ist so komisch daran?«
    »Haha«, erscholl es aus dem Hörer. »Haha! Und er läßt dich Running-Back spielen?«
    »So sieht es wohl aus.«
    Oscar lachte wieder.
    »Sorry, ich bekomme den Witz einfach nicht mit!«

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