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Kein König von Geburt

Kein König von Geburt

Titel: Kein König von Geburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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euch entschlossen, mir ins Pliozän zu folgen und es von neuem zu versuchen. Und wieder habe ich versagt. Unsere Kinder klammern sich an ihren eigenen Traum, und ich bin gezwungen worden, die Folgen ihrer Wahl zu bedenken. Das habe ich zwanzig Tage lang getan, als ich zwischen den Sternen wanderte - und wiederum heute abend hier, während wir nach Lösungen dieses Dilemmas suchten. Die endgültige Entscheidung werde ich fällen. Aber sagt mir, wie ihr abstimmen würdet. Jetzt!«
    »Töten wir sie!« Das war Cordelia Warshaw.
    Patricia stimmte zu. »Es ist der einzig sichere Kurs.«
    Es folgte ein Augenblick des Zögerns, aber nur Gerrit van Wyk schloß sich den beiden Frauen in ihrem Todesurteil an. Die übrigen wählten den gefährlicheren Weg.
    Marc breitete den neuen Plan vor ihnen aus, der ihre eigene Sicherheit garantieren und trotzdem ihren Nachkommen die Rückkehr ins Milieu ermöglichen mochte. Ebenso groß war die Wahrscheinlichkeit, daß er den Untergang für sie alle bedeutete - und auch der ahnungslosen Bewohner des Vielfarbenen Landes.
    »Das ist es, was ich tun werde«, sagte Marc. »Wollt ihr mir folgen?«
    In einmütiger telepathischer Zustimmung bestätigten die früheren Mitglieder des Galaktischen Rates seine Führerschaft.
    »Gut. Ich werde heute nacht Verbindung mit Owen aufnehmen. Morgen beginnen wir mit der Modifizierung meiner Geräte für die Sternensuche und den Bau eines neuen Fahrzeugs. Wir werden die ungezogenen Kinder in Afrika stranden lassen und dafür sorgen, daß sie dortbleiben, bis wir für sie bereit sind. Falls keine unvorhergesehenen Probleme auftauchen, sollten wir etwa Ende August so weit sein, daß wir nach Europa fahren können.«

3
    Felice lief ruhelos auf dem Balkon des Chalets der Schwarzen Klippe herum, ein scheuer Waldgeist in einem weißen Lederkilt. Die Rehaugen flackerten, und nervös ließ sie ihre Fernsicht wie einen Suchscheinwerfer über den Bergwald hinwandern.
    »Du bist hier sicher«, sagte Elizabeth. Sie stand in der Tür, gekleidet in den alten roten Denim-Jumpsuit, an den das Mädchen sich von der Auberge her erinnern würde: eine Freundin, ein Anker zur Vergangenheit. Seit jetzt mehr als zwei Wochen war der Rabe jeden Tag zu dem Chalet hinaufgeflogen, hatte sich auf den oberen Balkon gesetzt und sich in ein verängstigtes junges Mädchen verwandelt. Und jeden Tag hatte sich der Rabe, ungeachtet Elizabeths Überredungskünsten, geweigert zu bleiben, war nach einem jedesmal längeren Gespräch wieder davongeflogen. Heute hatte Felice es gewagt, sich mehr als zwei Stunden zu verweilen.
    »Ich hatte diese Nacht schlimme Alpträume, Elizabeth.«
    »Das tut mir leid.«
    »Bald schreie ich laut heraus. Wenn ich das tue, werde ich sterben. Ich werde in Gold und Scheiße ertrinken.«
    »Es sei denn, du läßt dir von mir helfen«, stimmte Elizabeth zu.
    Die wahnsinnigen Augen wurden riesengroß. Klauen sanken in Elizabeths Gehirn - doch bevor sie Schaden anrichten konnten, schloß die Großmeister-Redakteurin eine undurchdringliche Barriere. Die mentalen Klauen rutschten ab, suchten vergebens Halt an fugenloser Glätte, zogen sich zurück.
    »Das ... das wollte ich nicht«, sagte Felice.
    »Du hast es aber getan.« Die Stimme der Redakteurin klang traurig. »Du willst alles töten, was droht, dich zu lieben.«
    »Nein!«
    »Doch. Dein Gehirn ist kurzgeschlossen. Die Lust-Schmerz-Pfade sind anomal verschmolzen. Soll ich dir den Unterschied zwischen deiner mentalen Struktur und einer anderen, die ich normal nennen würde, zeigen?«
    »Ja.«
    Im Vorhof von Felices Geist tauchten Bilder von unheimlicher Komplexität auf, doch sie waren mit vielen Etiketten versehen, die sogar dieses ungelehrte Kind begriff. Felice studierte die beiden Gehirne fast fünfzehn Minuten lang, hinter ihrem eigenen Schirm versteckt. Und dann öffnete sich ein Spalt, und ein schüchternes Wesen lugte heraus.
    »Elizabeth? - Dies ist mein Gehirn?«
    »Eine so genaue Annäherung, wie ich sie produzieren kann, ohne tatsächlich in dich einzudringen.«
    »Wem gehört das andere?«
    »Schwester Amerie.«
    Das Mädchen erschauerte. Sie löste sich von dem Balkongeländer und kam auf Elizabeth zu, eine blasse, kleine Gestalt, völlig verloren. »Ich bin ein Ungeheuer. Ich bin überhaupt nicht menschlich, nicht wahr?«
    »Du kannst menschlich werden. All das ist in deinem Unterbewußtsein - und seit du die Straße von Gibraltar geöffnet hast, hat es auch dein Bewußtsein stark beeinflußt. Doch du

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