Kein König von Geburt
wartete.
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Manchmal, dachte Aiken, war es ein Scheißjob, König zu sein.
Er war um drei Uhr morgens hellwach und beobachtete mißmutig die Eulen, die auf den Zinnen und Baikonen der Glasburg nach Mäusen jagten. Die Hauslichter waren gelöscht. Er hatte eine Verdunkelung einmal in der Woche anordnen müssen, um den gefiederten Jägern freie Bahn in ihrem Krieg gegen die Nagetiere zu geben, die sich als Folge der Vorliebe seiner Höflinge für Dinners im Freien stark vermehrten.
Es war ein frustrierender Tag gewesen. Celadey von Afaliah hatte heftige Einwände gegen Aikens Meisterplan für den Überfall auf Felices Höhle erhoben. Ihm paßte es nicht, daß er alle Chalikos für den Feldzug stellen sollte, und er wünschte, daß man in Afaliah statt am Golf von Guadalquivir zusammentraf. Aiken mußte seine königliche Autorität geltend machen, und Celadeyr gab nach, allerdings nicht gerade mit Würde.
Dann teilte Yosh Watanabe ihm mit, die letzte Lieferung von Bambusstäben sei für die Gerüste der Kampfdrachen nicht zu gebrauchen. Das Zeug sei zu schwach für den großen O-dako, der einen Mann tragen mußte, und zu spröde für den kleineren Rokkaku. Nun hieß es: Zurück ans Zeichenbrett (und in den Sumpf), wenn sie in diesem Herbst beim Großen Wettstreit einen Drachenkampf veranstalten wollten.
Dann kam die Nachricht, die verdammten Bloßhalsigen hätten in der wichtigsten Bonbonfabrik unten in Rocilan gemeutert. Aiken schickte Alberonn, die Sache nachzuprüfen, und es stellte sich heraus, daß Aikens Kader von Goldträgern ehrenhalber (diejenigen ohne wesentliche latente Gaben) Betrug verübten. Sie hatten einen unnatürlich hohen Ausstoß erzielt, indem sie die Bloßhalsigen und Ramas sich abhetzen ließen, und den Überschuß an Waren auf dem Schwarzen Markt der Geringen verkauft.
Die Goldenen waren auf der Stelle exekutiert worden, und die geschundenen Arbeiter hatten neue Sollvorgaben erhalten. Nun grübelte Aiken darüber nach, mit welchen weiteren Schandtaten seine zweifelhaften Rekruten befaßt sein mochten, und kam zu dem Schluß, die gesamte Elite nach Goriah zurückzurufen, wo er sie unter seinem koerziblen Daumen halten konnte, statt sie im Land zu verteilen. Das ließ einige Stadtgarnisonen gefährlich unterbesetzt, aber wenn der spanische Feldzug erst einmal begonnen hatte, würde es auf jeden Fall dazu kommen.
Dann war da Bardelask. Die Kleinen Leute von Famorel zogen den Belagerungsring enger und rasierten eine der umliegenden Pflanzungen nach der anderen weg. Lady Armida war außer sich vor Angst (wozu sie guten Grund hatte) und verlangte, daß der Souverän ein Entsatzheer anführe, um den alten Mimee und seine Bande die Furcht Tanas zu lehren.
Das konnte Aiken natürlich nicht tun, während er gleichzeitig seine besten Streitkräfte für den Zug nach Koneyn mobilisierte. Das arme Bardelask war entbehrlich, obwohl er das Armida gegenüber nicht zuzugeben wagte. Das vordringliche strategische Ziel waren der Photonen-Speer und der Hort an goldenen Halsringen, die Felice gehamstert hatte. Elizabeth konnte jetzt jeden Tag mit ihrer Redigierung fertig werden und das Monster loslassen. (Aikens Spion auf der Schwarzen Klippe schätzte, die Gehirnüberholung werde noch zwei Wochen dauern, aber er wollte kein Risiko eingehen.) Er mußte die Schatzhöhle plündern, bevor Felice aus dem Raum ohne Türen herauskam, und sie - Cullukets Plan folgend - überfallen, bevor sie zwei und zwei zusammenzählte.
Und dann meldete ein vor kurzem aus den Vogesen eingetroffener Geringer, die Freie Menschheit werde demnächst irgendeine Expedition durchführen. Es gab auch Gerüchte, die Gesetzlosen würden bald neben dem Eisen noch über andere Waffen verfügen.
Und Sullivan-Tonn hatte »untertänig« um die Erlaubnis gebeten, mit Olone nach Afaliah zurückzukehren, und Olone hatte ihrem Mann ins Gesicht hinein getrotzt und ihn einen eifersüchtigen alten Trottel genannt und dabei die ganze Zeit mit Aiken geliebäugelt. (Das Gesuch wurde wohlwollend in Erwägung gezogen.)
All die Ansprüche, die den Tag über an ihn gestellt wurden, hatten zur Folge, daß Aiken zu spät zum Abendessen kam. Der gebratene Schwan war eingetrocknet und das Soufflé zusammengefallen.
Und die fünfte Nacht hintereinander hatte Mercy ihn ohne eigenes Verlangen gewähren lassen und es »magischen Einflüssen« der Maiennacht zugeschrieben.
Seltsamerweise hatte Aiken dies letzte am meisten beunruhigt. Auch er hatte die Gegenwart
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