Kein König von Geburt
dies alles einst sein eigen nannte? Ertrunken.
(Mercy konnte den geistigen Aufschrei nicht unterdrücken, und Aiken hörte: Nodonn! Mein Nodonn!)
Oh, Freunde. Ihr wißt, daß die Tanu einen König haben müssen - und wenn ich es nicht bin, wer soll es sonst sein? Wollt ihr Celadeyr von Afaliah? Er sagt, er strebt nicht nach dem Thron, und ich glaube ihm. Wie ich hörte, ist der arme alte Knabe überzeugt, die Flut kündige das Ende des Vielfarbenen Landes an! Er bildet seine kleine Armee für etwas aus, das er den Letzten Krieg nennt - und soviel ich weiß, ist das eine Art Götterdämmerung oder Harmageddon und wird den Vorhang über Tanu wie Firvulag fallen lassen. Und das ist Unsinn! Sharn und Ayfa bereiten sich durchaus nicht auf eine Apokalypse vor. Sie wollen siegen und uns den Hals brechen!
(Und sie mußten antworten: Das ist wahr. Bei den Kleinen Leuten gibt es keinen Fatalismus. Sie schütteln die Traditionen ab, die sie bisher behindert haben. Die Flut war für sie ein Geschenk der Göttin.)
Hört mir zu! Wenn wir uns auf die Hinterbeine stellen und gegen sie kämpfen, müssen wir einen Führer haben. Ihr von der Hohen Tafel wißt, daß ich stärker bin als ihr. Dann also wer ...? Minanonn der Häretiker? Er soll ja ein richtiger Schlagetot gewesen sein, als er Schlachtenmeister war. Aber nun ist er Pazifist - ebenso wenig geeignet, euch gegen die Firvulag zu verteidigen, wie Dionket der Heiler! Die anderen wählbaren Mitglieder der Hohen Tafel sind Katlinel die Dunkeläugige und Aluteyn Handwerksmeister - wenn ihr ihnen verzeihen wollt: Katlinel, daß sie durch ihre Heirat mit dem Lord der Heuler Verrat beging, und Aluteyn, daß er durch Mercy abgesetzt wurde.
(Und wieder mußten sie sagen: Nein. Keiner von ihnen könnte uns gegen die Firvulag führen.)
Aiken Drum saß auf seinem großen schwarzen Chaliko. Ein einzelner Regentropfen hing ihm komisch an der Spitze seiner langen, wohlgeformten Nase. Der Mund, der sich augenblicklich zu einem bösartigen Schlitz verengen konnte, lächelte. Im Geist umarmte er sie alle und ließ seine Kraft leuchten.
Laut sagte Aiken: »Ihr seht, wie die Dinge liegen. Bei der Kandidatur um die Königswürde bin ich der einzige, dessen Name noch nicht gestrichen ist. Diejenigen, die prinzipiell gegen einen menschlichen Herrscher sind, mögen um sich treten und schreien und fluchen -am Ende werden sie doch gezwungen sein, mich anzuerkennen. Teufel! Sogar der alte Celo mag noch zur Vernunft kommen, wenn er glaubt, wir hätten eine echte Chance, den Feind zu schlagen.«
Culluket warf ein: »Wie ich als Redakteur den Lord von Afaliah kenne, kann ich die letzte Feststellung des Leuchtenden nur bestätigen. Celadeyr ist verbohrt, und es war unglaublich dumm von ihm, seine menschlichen Techniker zu vertreiben. Aber er ist auf gar keinen Fall wahnsinnig. Auch kein Selbstmörder.«
Bleyn war immer noch zum Kritteln aufgelegt. »Das Problem ist, daß die Reaktionäre dich einfach nicht so gut kennen wie wir, Aiken. Deshalb legen sie sich quer. Acht Städte haben auf deine Einladung zum Großen Liebesfest noch nicht geantwortet, und Celo hat rundheraus abgelehnt. Wenn du eine Mai-Krönung ankündigst, forderst du ein Fiasko heraus.«
»Irgendwie«, überlegte Alberonn, »müssen wir die Unschlüssigen überzeugen und von den Sturen so viele gewinnen wie möglich.«
Aiken zog die Brauen zusammen. Sein Gesicht glühte vor intensivem Nachdenken. Dann begannen seine Augen zu tanzen. Er wandte sich seiner Braut zu. »Mercy, Schätzchen, erinnerst du dich, als wir all dies durchbesprachen, daß du mir erzählt hast, wie schlau es die alten englischen Monarchen angefangen haben, ihre wankelmütigen Vasallen bei der Stange zu halten? Besonders Heinrich VIII. und Good Queen Bess. Wie sie im Reich herumreisten, in einer Stadt nach der anderen haltmachten, viele schöne Reden führten, königlichen Charme versprühten und sogar ein- oder zweimal mit dem Schwert rasselten?«
Mercy begriff sofort, worauf Aiken hinauswollte. »Königliche Prunkreisen nannte man das. Ein großartiges politisches Werkzeug!« Und wieder überkam sie dies seltsame Gefühl des déjà vu, die quälende Überzeugung, sie habe Aikens listiges, triumphierendes Gesicht früher schon gesehen. Italien! Das Porträt in dem Palast in Florenz.
»Ich werde meinen königlichen Prunkzug vor der Krönung abhalten - nicht danach«, sagte er. »Ich werde der Reihe nach jede Stadt besuchen und erklären, wie die Dinge in diesem
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