Kein König von Geburt
Bewegung. Deckel lösten sich und schichteten sich klappernd zu einem Haufen auf. Aiken runzelte die Stirn, schob den Hut zurück, knöpfte die Manschetten seines goldenen Anzugs auf und krempelte die Ärmel hoch.
»Zurücktreten!« brüllte er. Jede Sehne spannte sich, als er seine psychokinetische Kraft sammelte. »Und los!«
Aus den offenen Kisten stiegen Hunderte von dünnen Metallplättchen und flatterten wie goldene Blätter durch die neblige Luft. Aiken gab mit den Händen Befehle, die sie steigen und fallen, als Schmetterlingsschwarm tanzen ließen. Sie formten einen Strom, teilten, trennten, verflochten und wanden sich. Wie eine glitzernde Flüssigkeit umkreisten die Plättchen den Mast. Dann drehten sich die inneren schneller und verteilten sich auf dem Holz. Rascher, als das Auge folgen konnte, ließen sich die übrigen nieder und vergoldeten den hohen Maibaum von oben bis unten mit einer nahtlosen Schicht gelben Glanzes. Als die psychokreative Galvanisierung beendet war, stand der Maibaum dampfend im Regen. Die Arbeiter jubelten.
»Noch nie hat es einen so herrlichen Maibaum gegeben«, begeisterte sich Eadnar. »Du weißt doch, was er symbolisiert, Leuchtender?«
Aiken nickte feierlich. »O ja. Deshalb habe ich ja so schwer gearbeitet. Er muß besonders glorreich sein, wenn er meinen repräsentieren soll.«
»Und wieviel von Goriahs Schatz wurde für dies Streben nach äußerster Ähnlichkeit ausgegeben?« erkundigte Lady Morna sich schnippisch.
Aiken war höflich. »Nicht so viel ... daß wir es nicht zwanzigfach mit dem, was ich den Firvulag wegnehmen werde, ersetzen können. Aber nicht durch Raub! Es wird ganz ehrlich zugehen - oder doch fast -, vorausgesetzt, ich kann Sharn und Ayfa überreden, meiner Änderung des Großen Wettstreits im kommenden Oktober zuzustimmen.«
»Noch eine menschliche Neuerung?« Lady Morna hatte sich fast schon damit abgefunden.
»Ich bin geladen damit«, versicherte Aiken ihr herzlich. »Den vollständigen Überblick bekommst du beim Liebesfest.«
Mercy sagte: »Das ist der Grund, warum das Fest in diesem Jahr das großartigste in der Geschichte des Tanu-Exils auf der Erde werden soll - unsere Leute müssen neuen Mut fassen, und die Firvulag müssen beeindruckt werden. Wir zwingen sie damit alle, unser neues Regime ernstzunehmen. Die Festlichkeiten werden drei Tage lang dauern.«
»Und beim großen Finale«, erklärte Culluket der Inquisitor, »werden alle Gäste - Tanu und Firvulag und Menschen - Zeugen der Krönung von Lord Aiken-Lugonn und Lady Mercy-Rosmar zu König und Königin des Vielfarbenen Landes werden.«
Die Mischlinge, ihre Damen und die adlige Witwe aus Rocilan erstarrten vor Verwunderung. Niemand bemerkte, daß der PK-Schirm sich bei Aikens Vergoldungskunststück aufgelöst hatte und der Regen wieder auf sie niederrieselte.
»Zu früh!« rief Bleyn. »Später, ja. Die reinblütigen Tanu sind noch nicht bereit, einen menschlichen König zu akzeptieren, Aiken! Unserer menschlichen Gene wegen hat es mehr als sechzig Jahre gedauert, bis man Alberonn und mich zur Hohen Tafel zugelassen hat, und Katlinel wurde erst letztes Jahr anerkannt.«
»Die Hohe Tafel hat Gomnol zugelassen«, gab Aiken zurück. »Er war ein Mensch.«
»Er hat es erzwungen - und wurde dafür gehaßt!« zischte Morna.
»Mercy ist menschlich«, sagte Aiken.
»Wirklich?« murmelte der Inquisitor lächelnd. »Mein verstorbener Bruder, der Schlachtenmeister, war anderer Meinung.«
Das war Aiken neu. Im intimen Modus beschwor er sie: Sag, was soll das?
Telepathische Belustigung. Nodonn ließ GregDonnet meine genetischestruktur untersuchen. AlterlieberGreg behauptete, ich mehr Tanugene als menschliche. ArmerGreggy natürlich verrückt.
Damit werde ich mich später eingehend befassen LadyWildfeuer!
Laut sagte Mercy: »Es sind nur noch rund zweitausendfünfhundert reinblütige Tanu am Leben - und die meisten davon verfügen nur über geringe Kräfte. Ihrer größeren körperlichen Ausdauer wegen haben fast doppelt soviel Mischlinge überlebt. Mein Lord und ich schätzen, daß wir bei einer Akklamation durch den niederen Adel einen deutlichen Vorteil haben werden.«
»Celadeyr von Afaliah und seine Traditionalisten werden vielleicht lieber kämpfen als einwilligen«, behauptete Lady Morna grimmig. »Und ich kann es ihnen nachfühlen. Celo und ich sind beide Einwanderer - und du, junger Schlachtenmeister, trittst gerade die religiösen Prinzipien mit Füßen, die uns ins Exil
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