(K)ein Kuss ist auch (k)eine Loesung
blieb aus. Hoffentlich gab sich ihr Unterbewusstsein mit diesem symbolischen Akt zufrieden und quälte sie nicht wieder mit heißen Träumen von Justin.
Ein paar Minuten vergingen, dann klingelte plötzlich das Telefon. Claire schreckte auf und hätte sich beinahe den Kaffee aufs T-Shirt gekippt. Auf dem Display stand Justins Name. „Hallo?“, meldete sich Claire und hoffte, dass sie ganz normal dabei klang.
„Bist du schon wach?“
„Nein, ich schlafwandle gerade.“
„Komikerin. Ich wollte nur wissen, ob wir vielleicht etwas früher aufbrechen können, falls du schon auf bist.“
„Ich bin sogar schon seit halb sechs wach, danke der Nachfrage.“
Er lachte. „Du? Ist dein Rauchmelder losgegangen oder was ist los?“
„Sehr witzig.“ Sie konnte ihm schlecht sagen, dass sie wegen des großartigen Sex aufgewacht war, den sie in ihrer Fantasie mit ihm genossen hatte. „Wir müssen nicht vor zwei bei meinen Eltern sein.“
„Dann lade ich dich zum Frühstück ein. Ich weiß nicht genau, wie lange ich brauche, bis die Reifen gewechselt sind, aber danach muss ich auch noch ein Geschenk für Nicole besorgen.“
„Die Kleine wird drei, und du kannst sicher sein, dass meine Eltern einen ganzen Spielzeugladen für sie leergekauft haben.“
„Man kann nicht ohne Geschenk auf einer Geburtstagsparty auftauchen. Sonst habe ich ein schlechtes Gewissen, wenn ich mir noch ein zweites Stück Torte hole.“
Claire lachte und fühlte sich endlich wieder halbwegs normal. „Na schön. Wann willst du denn los?“
„Soll ich um acht da sein?“
„Klingt gut.“ Claire legte auf und fühlte sich viel besser. Es war eben nur ein dummer Traum gewesen.
Justin bemerkte sofort den weißen Streifen an ihrem Finger, wo der Ring gesessen hatte, und sein Herz zog sich zusammen.
Eigentlich hätte er jetzt etwas sagen müssen … Hallo zum Beispiel. Doch er bekam keinen Ton heraus. Schweigend starrte er weiter auf ihren Finger, während Claire den Reißverschluss ihres Mantels hochzog. Was, zum Teufel, hatte das zu bedeuten?
Vor fünf Jahren war er dabei gewesen, wie Brendan ihr den Ring angesteckt hatte, und seitdem hatte er sie nie wieder ohne gesehen. Der Ring war das stete Symbol dafür gewesen, dass sie Brendans Frau war. Und nun war der Ring verschwunden.
„Alles okay?“
Nein, war es nicht. SeinPuls überschlug sich, seine Hände wurden feucht und der konstante Schmerz, mit dem er immer lebte, hatte sich in grässliche Qual verwandelt.
Claire war bereit für einen neuen Mann.
„Justin? Hallo?“
„Ach, ja, ähm, hallo. Fertig?“
Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte er sich um und stieg die Treppe hinunter. Er brauchte Abstand zu ihr. Natürlich half das auch nichts, wenn Claire und ihr nackter Ringfinger kurz darauf neben ihm im Truck saßen. Justin fühlte sich plötzlich, als würde er unter Klaustrophobie leiden. Es war viel zu eng in diesem Wagen.
Wenn der beste Freund eine Frau ist, hat man es auch so schon nicht leicht. Eine Frau ist nicht kräftig genug, um einem beim Motorwechsel zu helfen. Dann heult sie bei traurigen Filmen und bestellt Cocktails mit kleinen Papierschirmchen statt einer ehrlichen Flasche Bier. Ja, er hatte Claire sogar schon mal Tampons besorgt, verdammt. Damals war sie krank gewesen und hatte ihm ein Bild mit der richtigen Schachtel aufs Handy geschickt, andernfalls würde er wohl jetzt noch im Laden stehen. Mein Gott, was es alles für Hygieneartikel für Frauen gab! Die Auswahl war unendlich!
Aber in die beste Freundin auch noch verliebt zu sein, war die absolute Hölle! Bisher hatte er sich tapfer geschlagen, aber er würde auf keinen Fall dabei zusehen, wie sie das richtige Outfit für ihr erstes Date aussuchte. Oder wie sie seufzend die SMS von ihrem neuen Kerl las. Oder sich anhören, wie sie ihm kichernd Details von der ersten Nacht mit ihm erzählte.
„Was hat dir denn so die Laune verdorben?“
„Wieso glaubst du, ich hätte schlechte Laune?“
„Sieh dir nur mal an, wie du das Steuer umklammerst. Als ob du jemanden erwürgen willst. Und deine Augenbrauen berühren sich fast. Außerdem hast du die Räder durchdrehen lassen beim Losfahren.“
Justin lockerte seinen Griff, brachte aber nicht einmal die Andeutung eines Lächelns zustande. „Ach, alles in Ordnung. War nur ein anstrengender Tag.“
„Es ist gerade mal acht Uhr.“
„Schön, also ein anstrengender Morgen.“
„Vorhin am Telefon hast du noch ganz normal geklungen.“
Wenn er nicht
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