(K)ein Kuss ist auch (k)eine Loesung
Sie hatte gerade den besten Sex ihres Lebens gehabt. Leider hatte der sich aber nur in ihrer Fantasie abgespielt und dann auch noch mit der einen Person auf dieser Welt, die nichts in ihren erotischen Träumen zu suchen hatte.
Nichts ruinierte eine Freundschaft so schnell wie Sex. Das wusste jeder.
Moxie miaute vorwurfsvoll und bearbeitete Claires Schulter mit den Pfoten. Claire seufzte. Es war zwar erst halb sechs, aber am besten stand sie jetzt auf. Andernfalls würde sie vielleicht wieder von Sex mit ihrem besten Freund träumen und mehr als einmal pro Nacht ertrug sie das nicht.
„Das ist alles nur Pennys Schuld“, murmelte sie, setzte sich auf und schaute Moxie an. „Die hat mir diesen Floh ins Ohr gesetzt.“
Claire schaltete die Kaffeemaschine an und ging dann ins Bad, aber das seltsame verwirrende Gefühl ließ sich nicht vertreiben. Auch die erste Tasse Kaffee und die Frühnachrichten schafften das nicht. Moxie stupste sie mit dem Kopf an und wollte offenbar wissen, was los war. Claire war allerdings noch nicht so verzweifelt, dass sie ihrer Katze von ihren erotischen Träumen mit ihrem besten Freund erzählte.
Vielleicht wollte sie ja gar keinen Sex mit Justin. Vielleicht machte ihr Körper sie damit nur sanft darauf aufmerksam, dass es Zeit wurde, sich wieder ins Getümmel zu stürzen und sich ein Date zu suchen. Um genau zu sein, fand ihr Körper, sie sollte das am besten sofort machen. Ihr Herz spielte da nur leider nicht mit.
Claire merkte, dass sie mit ihrem Ehering spielte, den sie noch immer trug, und zwang sich, damit aufzuhören. Kein Mann auf dieser Welt wollte ein Date mit einer Frau, die einen Ehering trug. Jedenfalls kein Mann, mit dem sie etwas zu tun haben wollte.
Vielleicht war der Moment gekommen, um den Ring endgültig abzunehmen und in die Schublade zu verfrachten. Kurz und schmerzlos.
Das wäre es jedenfalls gewesen, wenn der Ring nicht an ihrem Fingerknöchel hängengeblieben wäre. Geschirrspülmittel half nicht. Butter ebenfalls nicht. Als auch eine Ladung Olivenöl nichts brachte, lehnte Claire sich an die Arbeitsplatte und begann zu weinen. Die Tränen liefen ihr über die Wangen, und weil ihre Hände so schmierig waren, konnte Claire sie nicht einmal abwischen.
Möglicherweise war das ein Zeichen. Solange sie den Ring nicht vom Finger bekam, konnte sie Dates vergessen. Durch einen Tränenschleier lachte sie Moxie an, die sie eine Weile missbilligend beobachtet hatte, und sich jetzt aufs Sofa zurückzog.
„Okay, der Traum ist kein Zeichen“, erklärte Claire laut. „Ich habe gestern Abend einfach zu viel Pizza gegessen.“
Nachdem sie ihre Hand zehn Minuten zwischen zwei Packungen gefrorener Erbsen gekühlt hatte, schaffte Claire es schließlich mithilfe einer weiteren Ladung Olivenöl, den Ring vom Finger zu bekommen.
Sie legte das fettig glänzende Schmuckstück auf die Arbeitsfläche und wusch sich dann die Hände. Es wurde langsam winterlich und kalt, und Claire hatte auch im Herbst noch viel Zeit im Freien verbracht. Deshalb war da, wo der Ring gesessen hatte, jetzt ein weißer Streifen zu sehen. Die Bräune würde erst in einigen Wochen endgültig verschwinden. Claire griff nach dem Ring, wusch ihn und trocknete ihn ab.
Brendans Ehering lag in einer muschelbesetztenSchachtel auf Claires Nachttisch. Die Schachtel war ein Souvenir, das sie aus ihren Flitterwochen am Cape Cod mitgebracht hatten. Das Ding war so kitschig, dass sie es einfach kaufen mussten. Claire nahm den Deckel ab und holte Brendans Ring heraus. Er war etwas größer als ihrer und trotzdem war er bei der Hochzeit auf Brendans Fingerknöchel stecken geblieben. Fast hätten sie sich von einem ihrer Gäste Handcreme erbetteln müssen, und Brendan meinte schon, sie solle einfach drauf spucken. Doch Claire schaffte es schließlich mit roher Gewalt. Hinterher beim Empfang hatten sie darüber gelacht.
Der Beerdigungsunternehmer hatte sie damals gefragt, ob er Brendan mit dem Ring bestatten sollte. Doch Claire hatte sich nicht davon trennen können. Nach der Beisetzung trug sie ihn dann lange an einer Kette um den Hals, aber weil sie eigentlich keine Ketten mochte, hatte sie damit aufgehört.
Entschlossen legte sie nun beide Ringe in die Schachtel, klappte den Deckel zu und holte tief Luft. Fühlte sie sich jetzt anders? Befreit, leichter oder …?
Nein, das Einzige, was sie empfand, war eine gewisse Leere. Auch der unwiderstehliche Drang, sich sofort bei einer Singlebörse im Netz anzumelden,
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