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Kein Lebenszeichen

Kein Lebenszeichen

Titel: Kein Lebenszeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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Geste auf, es ihr gleichzutun. »Ist das wahr?«
    »Ja.«
    »Haben Sie sie ermordet?«, fragte Tanya.
    Die Frage erschreckte mich. »Nein.«
    Meine Antwort schien sie nicht zu überzeugen.
    »Das kapier ich nicht«, sagte ich. »Sie wollten mir helfen?«
    »Ja.«
    »Und warum sind Sie dann gleich wieder verschwunden?«
    »Sie wissen es immer noch nicht?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    Sie sank auf dem Stuhl in sich zusammen und ließ die Hände in den Schoß fallen.
    Dann fing sie an, den Oberkörper vor und zurück zu wiegen.
    »Tanya?«
    »Ich habe Ihren Namen gehört«, sagte sie.
    »Was?«
    »Sie haben gefragt, warum ich gegangen bin.« Sie hörte auf zu wiegen. »Das lag daran, dass ich Ihren Namen gehört habe.«
    »Das kapier ich nicht.«
    Wieder sah sie zur Tür. »Louis wusste nicht, wer Sie sind. Ich auch nicht – bis ich bei der Trauerfeier Ihren Namen gehört habe, als Squares von Ihrer Beziehung erzählt hat. Sie sind Will Klein.«
    »Ja.«
    »Und …«, sie sprach jetzt so leise, dass ich mich zu ihr beugen musste, um sie zu verstehen, »… Sie sind Kens Bruder.«
    Schweigen.
    »Sie kennen meinen Bruder?«
    »Wir sind uns mal begegnet. Vor langer Zeit.«
    »Wie?«
    »Über Sheila.« Sie setzte sich auf und sah mich an. Es war
seltsam. Man sagt, die Augen sind die Fenster der Seele. Das ist Quatsch. Tanyas Augen waren ganz normal. Darin waren keine Narben zu sehen, es gab keine Hinweise auf Verletzungen, keinen Widerschein ihrer Geschichte oder ihrer Qualen. »Louis hat Ihnen von einem großen Dealer erzählt, der sich um Sheila gekümmert hat.«
    »Ja.«
    »Das war Ihr Bruder.«
    Ich schüttelte den Kopf. Ich wollte schon weiter protestieren, wartete jedoch, als ich sah, dass sie noch mehr sagen wollte.
    »Sheila hat nie in dieses Leben reingepasst. Sie war zu ehrgeizig. Ken und sie waren das perfekte Paar. Er hat sie in ein teures College in Connecticut eingeschleust. Eigentlich ging’s aber vor allem darum, dass man da die Drogen besser verkaufen konnte. Wissen Sie, hier schlitzen die Leute sich gegenseitig auf, um einen guten Platz an einer Straßenecke zu bekommen. An einem schicken College für reiche Jugendliche kommt man leichter ans Geld.«
    »Und Sie behaupten, mein Bruder war dafür verantwortlich?«
    Sie fing wieder an, ihren Oberkörper vor und zurück zu wiegen. »Wollen Sie mir wirklich erzählen, dass Sie nichts davon gewusst haben?«
    »Ja.«
    »Ich dachte …« Sie brach ab.
    »Was?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, was ich dachte.«
    »Bitte«, sagte ich.
    »Das ist seltsam. Erst ist Sheila mit Ihrem Bruder zusammen. Plötzlich taucht sie hier mit Ihnen wieder auf. Und Sie tun so, als hätten Sie nie was davon gehört.«
    Wieder wusste ich nicht, was ich darauf sagen sollte. »Und was ist mit Sheila passiert?«

    »Das wissen Sie besser als ich.«
    »Nein, ich meine damals. Als sie aufs College gegangen ist.«
    »Ich hab sie nicht wiedergesehen, seit sie von der Straße weg war. Am Anfang hat sie noch ein paar Mal angerufen. Damit hat sie dann auch aufgehört. Aber Ken war nur mit größter Vorsicht zu genießen. Sie und Squares wirkten ja ganz nett. Als hätte Sheila dann doch noch irgendwie Glück gehabt. Aber als ich Ihren Namen gehört habe …« Sie zuckte die Achseln.
    »Sagt Ihnen der Name Carly irgendwas?«, fragte ich.
    »Nein. Sollte er?«
    »Haben Sie gewusst, dass Sheila eine Tochter hat?«
    Tanya fing wieder an, sich vor und zurück zu wiegen. Ihre Stimme klang gequält. »O Gott.«
    »Haben Sie das gewusst?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein.«
    Ich ließ nicht ab. »Kennen Sie einen Philip McGuane?«
    Wieder schüttelte sie den Kopf. »Nein.«
    »Was ist mit John Asselta? Oder Julie Miller?«
    »Nein«, sagte sie hastig. »Die kenne ich alle nicht.« Sie stand auf und wandte sich von mir ab. »Ich hatte gehofft, sie sei da rausgekommen«, sagte sie.
    »Ist sie auch«, sagte ich. »Für kurze Zeit.«
    Ihre Schultern sanken herab. Das Atmen schien ihr noch schwerer zu fallen. »Sie hatte ein besseres Ende verdient.«
    Dann ging Tanya zur Wohnungstür. Ich folgte ihr nicht. Ich blickte zu Louis Castmans Zimmer hinüber. Wieder konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es hier zwei Gefangene gab. Tanya blieb stehen. Ich spürte, dass sie mich ansah. Ich drehte mich zu ihr um.
    »Man kann das operieren«, sagte ich zu ihr. »Squares hat Kontakte. Wir können Ihnen helfen.«

    »Nein, danke.«
    »Sie können doch nicht den Rest Ihres Lebens mit

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