Kein Lebenszeichen
Geliebte.«
»Sie können mich mal«, sagte ich.
Squares verzog das Gesicht. Anscheinend war er enttäuscht von meiner zugegebenermaßen etwas lahmen Erwiderung.
Fisher ließ nicht ab. »Sind Sie sicher, dass Sie sich das gut überlegt haben?«, fragte sie.
»Inwiefern?«
»Die Konsequenzen Ihres Handelns«, fuhr sie fort. »Zum Beispiel: Wie die Covenant-House-Sponsoren es aufnehmen würden, wenn Sie, sagen wir, wegen Beihilfe festgenommen werden würden?«
Squares beantwortete die Frage. »Wissen Sie, wen Sie da fragen sollten?« Claudia Fisher sah ihn mit gerümpfter Nase an, als hätte sie ihn sich gerade vom Schuh gekratzt.
»Joey Pistillo«, sagte Squares. »Joey kann Ihnen das bestimmt sagen.«
Jetzt war es an Fisher und Wilcox, fast aus den Latschen zu kippen.
»Haben Sie ein Handy dabei?«, fragte Squares. »Dann können wir ihn gleich fragen.«
Fisher sah erst Wilcox, dann Squares an. »Wollen Sie sagen, Sie kennen den leitenden stellvertretenden Direktor Joseph Pistillo?«, fragte sie.
»Rufen Sie ihn an«, sagte Squares. Dann fuhr er fort: »Ach, warten Sie, wahrscheinlich haben Sie seine Privatnummer nicht zur Hand.« Squares streckte die Hand aus und winkte mit den Fingern, dass sie ihm das Handy geben sollten. »Wenn es Ihnen nichts ausmacht?«
Sie reichte ihm das Handy. Squares tippte Ziffern ein und hielt sich das Telefon ans Ohr. Er hatte die Füße immer noch auf dem Schreibtisch und lehnte sich ganz zurück; wenn er einen Cowboyhut getragen hätte, hätte er ihn sich für eine kleine Siesta über die Augen ziehen können.
»Joey? Hey, Mann, wie geht’s dir?« Squares lauschte eine Minute lang und brach in schallendes Gelächter aus. Er plauderte ein wenig, und ich beobachtete, wie Fisher und Wilcox leichenblass wurden. Normalerweise machten mir seine Machtspielchen Spaß – bei seiner buntbewegten Vergangenheit und seinem jetzigen Prominentenstatus kannte Squares fast jeden, zumindest über irgendeinen Bekannten – aber jetzt drehte sich alles in meinem Kopf.
Nach ein paar Minuten reichte Squares das Handy an Agent Fisher weiter. »Joey will Sie sprechen.«
Fisher und Wilcox gingen auf den Flur und schlossen die Tür hinter sich.
»Mann, das FBI«, sagte Squares und hob noch einmal tief beeindruckt die Daumen.
»Ja, ich bin auch ganz hin und weg«, sagte ich.
»Tolle Nummer, was? Ich meine, dass Sheila vorbestraft ist. Wer hätte das gedacht?«
Ich nicht.
Als Fisher und Wilcox wieder ins Zimmer kamen, war die Farbe in ihre Gesichter zurückgekehrt. Mit einem überfreundlichen Lächeln reichte Fisher Squares das Handy.
Squares hielt es ans Ohr und fragte: »Was gibt’s, Joey?« Er hörte eine Weile zu. Dann sagte er: »Okay« und beendete das Gespräch.
»Was ist?«, fragte ich.
»Das war Joey Pistillo. Der große FBI-Boss an der Ostküste.«
»Und?«
»Er will sich persönlich mit dir unterhalten«, sagte Squares. Er sah zur Seite.
»Was?«
»Ich glaub, was er zu sagen hat, wird uns nicht gefallen.«
5
Der leitende stellvertretende Direktor Joseph Pistillo wollte mich nicht nur persönlich sprechen, sondern auch allein.
»Ich habe gehört, dass Ihre Mutter verstorben ist«, sagte er.
»Wie haben Sie das gehört?«
»Wie bitte?«
»Haben Sie die Todesanzeige in der Zeitung gelesen?«, fragte ich. »Oder hat Ihnen ein Freund davon erzählt? Ich möchte wissen, wie Sie erfahren haben, dass meine Mutter verstorben ist.«
Wir sahen uns an. Pistillo war ein stämmiger Mann, der bis auf einen schmalen, kurz geschorenen Ring grauer Haare kahl war und Schultern wie Bowlingkugeln hatte. Seine knorrigen Hände hatte er auf dem Schreibtisch zusammengelegt.
»Oder«, fuhr ich fort und spürte, wie die Wut sich in mich hineinfraß, »hatten Sie einen Agenten auf uns angesetzt, der uns beobachtet hat? Oder sie? Im Krankenhaus. Auf dem Totenbett. Bei ihrer Beerdigung. War es der neue Pflegehelfer, über den die Schwestern getuschelt haben? Oder war es der Fahrer vom Limousinenservice, der den Namen des Bestattungsunternehmers vergessen hatte?«
Wir sahen uns starr in die Augen.
»Ich möchte Ihnen mein Beileid aussprechen«, sagte Pistillo.
»Danke.«
Er lehnte sich zurück. »Warum sagen Sie uns nicht, wo Sheila Rogers ist?«
»Warum sagen Sie mir nicht, warum Sie sie suchen?«
»Wann haben Sie sie zum letzten Mal gesehen?«
»Sind Sie verheiratet, Agent Pistillo?«
Er ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Seit 26 Jahren. Wir haben drei Kinder.«
»Lieben
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