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Kein Lebenszeichen

Kein Lebenszeichen

Titel: Kein Lebenszeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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Sie Ihre Frau?«
    »Ja.«
    »Wenn ich jetzt also zu Ihnen käme und Forderungen und Drohungen aussprechen würde, die Ihre Frau betreffen, was würden Sie dann tun?«
    Pistillo nickte bedächtig. »Wenn Sie für das FBI arbeiten würden, würde ich meine Frau auffordern, mit Ihnen zu kooperieren.«
    »Einfach so?«
    »Tja …«, er hob einen Finger, »unter einer Bedingung.«
    »Und die wäre?«
    »Dass sie unschuldig ist. Wenn sie unschuldig wäre, hätte ich keine Befürchtungen.«
    »Sie würden sich also nicht fragen, worum es dabei eigentlich geht?«

    »Fragen? Natürlich. Verlangen, dass man es mir sagt …« Er ließ den Satz unvollendet. »Darf ich Ihnen eine hypothetische Frage stellen?«
    Er wartete. Ich richtete mich auf.
    »Ich weiß, dass Sie Ihren Bruder für tot halten.«
    Wieder machte er eine Pause. Ich sagte nichts.
    »Aber nehmen wir mal an, Sie stellen fest, dass er lebt und sich versteckt hält – und nehmen wir außerdem an, Sie haben herausgefunden, dass er Julie Miller umgebracht hat.« Er lehnte sich zurück. »Hypothetisch, natürlich. Das Ganze ist rein hypothetisch.«
    »Und weiter?«, sagte ich.
    »Tja, was würden Sie tun? Würden Sie ihn verpfeifen? Würden Sie ihm sagen, dass er allein klarkommen muss? Oder würden Sie ihm helfen?«
    Wieder Schweigen.
    Ich sagte: »Sie haben mich nicht herkommen lassen, um hypothetische Situationen durchzuspielen.«
    »Nein«, sagte er. »Das habe ich nicht.«
    Rechts neben ihm stand ein Computer-Monitor auf dem Schreibtisch. Er drehte ihn zu mir, so dass ich das Bild sehen konnte. Dann drückte er ein paar Tasten. Ein Farbbild erschien, und in mir zog sich etwas zusammen.
    Das Bild zeigte ein ganz normales Zimmer. Die Lampe in der Ecke war umgefallen. Beigefarbener Teppichboden. Ein umgekippter Beistelltisch. Wildes Chaos. Wie nach einem Tornado oder so etwas. Aber mitten im Raum lag ein Mann in einer Lache, bei der es sich vermutlich um Blut handelte. Das Blut war dunkel, kaum noch rot, eher rostbraun und stellenweise fast schwarz. Der Mann lag auf dem Rücken. Arme und Beine waren so abgespreizt, als wäre er aus großer Höhe herabgefallen.
    Während ich das Bild auf dem Monitor betrachtete, spürte
ich, dass Pistillo mich beobachtete und versuchte, meine Reaktion zu deuten. Ich sah kurz zu ihm hinüber, konzentrierte mich dann aber gleich wieder auf den Monitor.
    Er drückte eine Taste. Das blutgetränkte erste Foto verschwand, und ein anderes erschien. Dasselbe Zimmer aus einem anderen Blickwinkel. Die Lampe war nicht zu sehen. Der Teppich war noch immer blutbefleckt – doch es lag eine andere Leiche darauf. Sie war in Embryonalhaltung zusammengerollt. Der erste Mann hatte ein schwarzes T-Shirt und eine schwarze Hose angehabt, dieser trug ein Flanellhemd und Jeans.
    Wieder drückte Pistillo eine Taste. Jetzt erschien ein Weitwinkelfoto auf dem Monitor. Mit beiden Leichen. Die erste lag mitten im Zimmer. Die zweite näher an der Tür. Aus dieser Position war nur ein Gesicht zu sehen – ich kannte es nicht.
    Panik ergriff mich. Ken, dachte ich. Konnte einer von ihnen …?
    Doch dann fielen mir ihre Fragen wieder ein. Es ging nicht um Ken.
    »Diese Fotos wurden am Wochenende in Albuquerque, New Mexico, aufgenommen«, sagte Pistillo.
    Ich runzelte die Stirn. »Und was hat das mit mir zu tun?«
    »Am Tatort herrschte ein ziemliches Chaos, aber wir haben trotzdem ein paar Haare und Gewebefasern gefunden.« Er lächelte mich an. »Die technischen Details unserer Arbeit sind nicht meine Stärke. Die haben inzwischen ein paar ganz unglaubliche Tests. Aber manchmal greifen wir auch noch auf die alten Klassiker zurück.«
    »Ich kann Ihnen beim besten Willen nicht folgen.«
    »Der Tatort war ziemlich gut gereinigt worden, aber unsere Leute von der Spurensicherung haben trotzdem ein paar Fingerabdrücke gefunden – einen vollständigen, gut erkennbaren Satz, der zu keinem der Opfer gehört. Wir haben sie durch den
Computer gejagt, und der hat uns heute Morgen einen Treffer gemeldet.« Er beugte sich vor. Das Lächeln war verschwunden. »Möchten Sie mal raten?«
    Ich sah Sheila, meine schöne Sheila, aus dem Fenster blicken.
    »Tut mir Leid, Will.«
    »Es sind die Fingerabdrücke von Ihrer Freundin, Mr Klein. Von der mit den Vorstrafen. Von der, die plötzlich einfach nicht zu finden ist.«

6
    Elizabeth, New Jersey
     
    Sie näherten sich dem Friedhof.
    Philip McGuane saß im Fond seiner Mercedes-Stretch-Limousine – ein in Handarbeit

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