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Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One

Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One

Titel: Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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hielt mir das Hemd vor Nase und Mund. Das half, wenn auch nicht sehr viel.
    Das statische Rauschen war verschwunden. Die Schritte auch. Hatte ich sie überlistet?
    Falls ja, würde es nicht lange vorhalten. Neue Polizeisirenen kamen hinzu, heulten im Einklang mit den anderen, eine wahre Rhapsody in Blue. Inzwischen hatten die Cops bestimmt reichlich Verstärkung angefordert. Irgendjemand würde gleich noch einmal nachsehen. Sie würden noch einmal alles durchkämmen. Was dann?
    Ich griff nach der Kante des Müllcontainers, um mich hochzuziehen. Der Rost schnitt mir in die Handfläche. Meine Hand fuhr zum Mund. Blut. Der Kinderarzt in mir dachte sofort an die Tetanusgefahr; der Rest erkannte, dass Tetanus eine meiner geringsten Sorgen war.
    Ich lauschte.
    Keine Schritte. Kein statisches Rauschen. Sirenengeheul, doch das war nicht anders zu erwarten gewesen. Weitere Verstärkung. In unserer schönen Stadt lief ein Mörder frei herum. Die Guten kamen in großer Zahl herbei, ihn zu fangen. Sie würden das Gebiet absperren und ein Netz darüber werfen.
    Wie weit war ich gelaufen?
    Ich wusste es nicht. Nicht weit genug. Ich musste so viel Abstand wie irgend möglich zwischen mich und die Klinik bringen.
    Und das hieß, dass ich aus dieser Gasse raus musste.
    Ich kroch wieder zum Eingang. Noch immer hörte ich keine Schritte oder statisches Rauschen. Ein gutes Zeichen. Ich versuchte, mich einen Moment zu konzentrieren und nachzudenken. Flüchten war schon mal ein guter Plan, der aber durch ein Ziel noch erheblich verbessert würde. Schlag dich nach Osten durch, entschied ich, obwohl in dieser Richtung unsichere Gegenden lagen. Ich erinnerte mich, dort oberirdisch verlegte Gleise gesehen zu haben.
    Die U-Bahn.
    Damit könnte ich hier rauskommen. Ich brauchte nur in einen Zug zu steigen, ein paar Mal überraschend die Fahrtrichtung zu wechseln und könnte so vermutlich verschwinden. Aber wo war der nächste Bahnhof?
    Ich war gerade dabei, meinen inneren U-Bahn-Plan durchzugehen, als ein Polizist in die Gasse einbog.
    Er sah so jung aus, so anständig, so frisch gewaschen und rotwangig. Die blauen Hemdsärmel waren ordentlich aufgerollt wie zwei Aderpressen auf seinen drallen Bizepsen. Als er mich sah, zuckte er zusammen - ebenso überrascht, mich zu sehen, wie ich, ihn zu sehen.
    Wir erstarrten beide. Bei ihm hielt sich diese Starre jedoch den Bruchteil einer Sekunde länger.
    Wäre ich wie ein Boxer oder Kung-Fu-Kämpfer auf ihn losgegangen, hätte ich mir hinterher vermutlich meine Zähne aus dem Mund pulen können wie Holzsplitter. Aber das tat ich nicht. Ich reagierte panisch. Aus reiner Angst.
    Ich stürzte mich direkt auf ihn.
    Das Kinn fest auf die Brust gepresst, senkte ich den Kopf, zielte direkt auf die Körpermitte und ging wie eine Rakete auf ihn los. Elizabeth hatte Tennis gespielt.
    Sie hatte einmal gesagt, wenn der Gegner am Netz stünde, sei es oft das Beste, ihm den Ball mitten auf den Körper zu hämmern, weil er dann nicht wisse, in welche Richtung er ausweichen solle. Bis er sich entschieden hat, ist schon ein Teil seiner Reaktionszeit vergangen.
    Genau das geschah auch hier.
    Mein Körper knallte auf seinen. Ich packte seine Schultern und klammerte mich daran wie ein Affe an einen Zaun. Wir fielen. Ich zog die Knie an und stieß sie ihm in den Bauch. Mein Kinn hatte ich weiterhin fest auf die Brust gepresst, mein Schädel befand sich direkt unter dem Unterkiefer des jungen Cops.
    Wir schlugen furchtbar hart auf den Boden.
    Ich hörte ein Knacken. Ein heißer Schmerz schoss mir von der Stelle, wo meine Schädeldecke auf seinen Kiefer geprallt war, durch den Körper. Der junge Cop gab ein leises Pluuh von sich. Die Luft entwich aus seiner Lunge. Sein Unterkiefer war wohl gebrochen. Der panische Fluchtgedanke ergriff jetzt vollständig Besitz von mir. Ich versuchte von ihm wegzukrabbeln, als wäre er eine Elektroschockwaffe, deren Berührung mich betäuben könnte.
    Ich hatte einen Polizisten angegriffen.
    Keine Zeit, mich damit zu befassen. Ich musste weg von ihm. Ich kam auf die Beine, wollte mich schon umdrehen und losrennen, als ich seine Hand an meinem Knöchel spürte. Ich schaute zu ihm hinab und unsere Blicke trafen sich.
    Er hatte Schmerzen. Diese Schmerzen hatte ich ihm zugefügt.
    Es gelang mir, auf den Beinen zu bleiben. Dann trat ich nach ihm. Ich traf ihn in die Rippen. Diesmal gab er ein gurgelndes Pluh von sich. Aus seinem Mund lief Blut. Ich konnte selbst nicht glauben, was ich hier tat. Ich

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