Kein Tod wie der andere
auch hinter die Beziehung von Alexander Altmüller und Nanette Bonitzer gekommen und hatte die Doktorandin ebenfalls beobachtet. Seine missmutigen Ausführungen zum Ende dieser Beziehung ließen darauf schließen, dass er gehofft hatte, damit etwas gegen Altmüller in der Hand zu haben. Anhand von Speicherdaten und Datumsangaben in den Texten war nachzuvollziehen, dass Dardenne mit der Observierung begonnen hatte, kurz nachdem Altmüller angefangen hatte, Reno zu erpressen.
Mit diesen Beweisen schloss sich eine wichtige Lücke in der Indizienkette gegen Dardenne. Doch das hielt ihn nicht davon ab, weiter zu allen Vorwürfen zu schweigen. Ducard rastete einmal vollständig aus, und Buhle hatte Mühe, seinen Kollegen wieder zu besänftigen.
In einer Vernehmungspause saßen sie zusammen in einem Aufenthaltsraum der Dienststelle. Nach einer Weile der Besinnung sagte Ducard: »Wir kommen so an Dardenne nicht heran. Er spielt immer noch darauf, dass wir keine ausreichenden Beweise finden und er so davonkommt.«
»Seine Notizen zu den Beobachtungen der Altmüllers werden ihn vor Gericht sicher weiter in Bedrängnis bringen.«
»Aber auch die beweisen nicht, dass er Suzanne Altmüller umgebracht hat. Wie kommen wir an ihn ran?«
»Mein Problem ist momentan eher Nanette Bonitzer. Sie ist nun schon drei Tage verschwunden.«
»Hoffst du noch, sie lebend zu finden?«
Buhle starrte vor sich auf die halb leere Teetasse. Hoffte er wirklich noch? Ihm hatte die junge Frau von Anfang an leidgetan. Altmüller war vielleicht ihre erste große Liebe gewesen, zu einer Zeit, wo sie eigentlich schon längst diese Lebenserfahrung hätte haben sollen. Er rief sich das Bild der Doktorandin mit dem traurigen, melancholischen Blick zurück ins Gedächtnis. Wahrscheinlich hatte sie sich die Liebe zuvor nicht erlaubt. Hatte versucht, die Ansprüche ihrer ambitionierten Eltern in Schule und Studium zu erfüllen. Hatte sich selbst versagt, enge Beziehungen einzugehen und am gesellschaftlichen Leben aktiv teilzunehmen. Sie war ihm in dieser Beziehung sehr ähnlich. Er dachte an Marie, an ihr letztes Treffen, an seine Empfindungen. Dann kam ihm unwillkürlich die Rückfahrt mit Hannah in den Sinn und wie er sie nach Hause gebracht hatte.
»Glaubst du, sie lebt noch?«, fragte Ducard erneut und schaute ihn mit krausgezogener Stirn an.
Unwillkürlich schüttelte Buhle den Kopf, so als ob er damit auch seine persönlichen Gedanken abschütteln wollte. »Ja. Ich weiß, es spricht nicht viel dafür, aber ich habe das Gefühl, dass wir nicht aufgeben dürfen. Vielleicht hat er sie nur irgendwo hingebracht, versteckt.«
»Glaubst du das oder hoffst du das?«
»Es wäre einfach zu bitter, wenn Nanette Bonitzer Opfer ihrer großen Liebe wurde, weil Altmüller blind vor Ehrgeiz sie nur benutzt hat.«
»Stell dir mal vor, Nanette Bonitzer liegt irgendwo noch lebendig versteckt und wir finden sie nicht rechtzeitig. Und dieses … dieses …« In Ducards Augen spiegelten sich seine Hilflosigkeit und grenzenlose Wut. Buhle spürte, wie schwer es dem Kollegen fiel, sich zu beherrschen. »Hast du eine Idee, wie wir Dardenne knacken können?«, presste er schließlich hervor.
»Wir wissen zu wenig über ihn, zu wenig über seine Biografie, seine Art, können ihn gar nicht einschätzen, wissen gar nicht, wie er denkt. Und wir haben keine Zeit.« Buhle machte eine Pause. »Zumindest denkt er sehr systematisch, handelt für gewöhnlich sehr stringent, sonst hätte er diesen Aufwand mit der Observierung nicht durchziehen können.« Ihm kam ein neuer Gedanke. »Was ist mit seiner Frau? Vielleicht kann sie uns auf einen entscheidenden Gedanken bringen. Wir sollten noch einmal mit ihr reden. Von Dardenne können wir uns auch morgen wieder anschweigen lassen.«
Nachdem sich Ducard telefonisch die Zusage der behandelnden Ärzte eingeholt hatte, zumindest für eine Viertelstunde mit Kristin Dardenne reden zu können, fuhren sie in das Krankenhaus im Westen der Stadt. Als die beiden Polizisten das immer noch bewachte Krankenzimmer betraten, sahen sie eine Frau, die blass und mit ausdruckslosem Gesicht an die Decke starrte.
»Frau Dardenne, dürfen wir ein paar Minuten mit Ihnen reden?«
Sie schaute aus den Augenwinkeln auf Ducard, der die Frage gestellt hatte. Als sie nicht antwortete, fuhr er fort.
»Wir müssen Ihnen leider sagen, dass wir immer noch nicht wissen, wer diesen Überfall auf Sie verübt hat. Die Einbrecher haben anscheinend nichts Wertvolles
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