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Kein Wort mehr ueber Liebe

Kein Wort mehr ueber Liebe

Titel: Kein Wort mehr ueber Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herve Le Tellier
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lächelt ihm zu. Thomas weiß, dass sie ihn gefangen hat und dass er gerne gefangen werden will. Er spürt diesen unwiderstehlichen Magnetismus, dem er, einem Spieltrieb folgend, seine eigene Kraft entgegenstellt. In der Physik nennt man das auch Anziehungskraft. Zuerst bekommt er mit, dass diese Frau Louise heißt, Louise Blum, wie sie dann noch präzisiert. Ihre Gesichtszüge sind fein, ihre Schlankheit unterstreicht ihre sehnigen Formen. Was kann man sonst noch von ihr sagen, wie soll man wissen, was an ihr eine erotische Wirkung auf Thomas ausübte? Die kurz aufleuchtende Gewissheit, wie er sich später sagen wird, dass sie nur ihm ein Lächeln zugedacht hatte? Für sich selbst wiederholt er: Louise Blum. Er findet, dass sie eine ganz erstaunliche Ähnlichkeit mit ihrem Namen hat.
    Der Zufall will, dass sie bei Tisch nebeneinandersitzen, aber wer glaubt schon an den Zufall? Sie spricht noch immer vom organisierten Verbrechen und von der Rolle der Verteidigung, weil man trotz allem verteidigen muss. Er bleibt eher still, weil er den Raum nicht mit seinen eigenen Worten füllen will und auch, weil er lieber sie reden hört … Er liebt ihre Stimme, die Dringlichkeit, die sie in die Worte legt. Dann, als sie etwas über ihn erfahren möchte, glaubt er, ihr seinen Beruf zu nennen, spricht aber nur das Wort »Analytiker« aus. Sie fragt: »Analyst?« Als ob sie ihn im Verdacht habe, ein Fachmann für Wirtschaft oder ein Banker zu sein. Er fügtdas »Psycho« hinzu. Sie setzt eine interessierte Miene auf, vielleicht ist sie’s ja wirklich? Sie spielt die Besorgte:
    – Ich mache oft ziemlich verrückte Dinge. Zum Beispiel rede ich mit mir selbst. Denken Sie, ich sollte eine Analyse machen?
    – Jeder sollte eine Analyse machen, das sollte Pflicht sein, wie früher der Militärdienst.
    Thomas scherzt nur halb. Sie nickt.
    – Ich kenne einen Ort, wo jeder eine macht, eine echte Analysierten-Nation: East Village, in New York. Habe noch nie so viele Verrückte pro Quadratmeter gesehen.
    Sie hat ein kehliges, etwas raues Lachen, ein Lachen, das ihm auf Anhieb gefällt.
    Es folgt das übliche Gesellschaftsspiel: Sie suchen nach gemeinsamen Bekannten. Sie finden ohne Mühe welche: Er kennt vom Hörensagen eine ihrer Freundinnen, eine Psychiaterin, sie kennt einen Anwalt aus seinem Umfeld. Ohne zu zögern ruft sie aus:
    – Das ist ein komplettes Arschloch!
    Das ist ihr nicht nur so herausgerutscht, denn sie lacht:
    – Der ist doch wohl kein enger Freund von Ihnen?
    Thomas schüttelt verunsichert den Kopf, nickt dann aber. Denn es stimmt, er ist ein komplettes Arschloch. Und als sie weitergraben, finden sie Journalisten, ein paar Künstler …
    – Es ist zum Verzweifeln, lächelt Louise.
    – Was?
    – Unsere Welt ist so klein … kein Mensch fällt je vom Himmel.
    – Tut mir leid, seufzt Thomas.
    Die Antwort ist nicht gerade originell, aber Thomas ist inder Tat betrübt. Wie gerne wäre er vom Himmel gefallen. Sie gehen rasch zum Du über, als wäre nichts natürlicher. Sie führt.
    Geradezu nebenbei, zwischen zwei Sätzen, kommen ein Ehemann und Kinder zum Vorschein. Am Zwicken, das diese Worte verursachen, merkt Thomas, wie sehr ihn Louise anzieht. Aber aus der Art und Weise, wie sie ausgesprochen wurden, zieht Thomas keine Schlüsse, und ganz sicher nicht den, dass Louise ihn davon überzeugen will, sich davon überzeugen will, dass ihre Begegnung zu nichts weiter führen darf. Nein, während dieses ganzen Abendessens lässt er seine Erfahrung als Analytiker an der Garderobe hängen. Denn es stimmt auch, dass Frauen, die sagen, sie hätten einen Mann und zwei Kinder, manchmal nichts anderes sagen, als dass sie einen Mann und zwei Kinder haben. Sieh an, denkt er noch, Louise Blum könnte die blonde Zwillingsschwester von Anna Stein sein. Sie ähneln sich wirklich, und sogar ihr Leben ähnelt sich.
    Die Zeit schreitet voran, der Abend wird bald zu Ende gehen, Louise verteilt ihre Mailadresse, ihre Telefonnummer. Sie hat keine Visitenkarten mehr, kritzelt ihre Angaben auf einen Zipfel der Tischdecke, den sie sorgfältig abreißt. Er faltet das rechteckige Stück Papier, das sie ihm hinhält, zusammen, steckt es in seine Jackentasche, prüft auf dem Heimweg zweimal nach, ob er es nicht verloren hat, und speichert die Adresse, kaum dass er zu Hause angekommen ist, auf seinem Computer und auf seinem Handy ab.
    An diesem spätsommerlichen Vormittag nun schreibt Thomas, während er auf Anna Stein wartet, seine erste Mail an

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