Kein Wort zu Papa - Heldt, D: Kein Wort zu Papa
begann, die Pizza in Viertel zu schneiden.
»Gibt es was Neues vom Schwedenhappen?«
»Wenn du Johann damit meinst, der hat mir vorhin gesagt, dass er am Wochenende nicht kommen kann, dafür aber danach eine Woche
freihat. Also hat sich dein Dänemarkplan für mich erledigt.«
»Wolltest du deshalb Amok laufen? Weil dein Süßer nicht kommt?«
»Unsinn.« Ich sah ihr zu, wie sie mit gleichmäßigen Bewegungen aus den Vierteln Achtel schnitt. »Aber mir geht dieses ganze
Hin und Her auf die Nerven. Man kann überhaupt nichts mehr planen.«
Ines ließ das Messer zurück in die Spüle fallen und setzte sich mir gegenüber.
»Du könntest planen. Du machst dich nur so abhängig von Johann. Der spricht sich ja auch nicht immer mit dir ab. Und du musst
doch nicht hier rumsitzen und warten, was der große Meister sagt. Ich finde das albern.«
Sie nahm das größte Stück und biss ab. Mit vollem Mund sagte sie: »Nimm doch, ist super.«
»Wozu hast du eigentlich Besteck hingelegt, wenn du jetzt mit den Fingern isst?«
»Esskultur! Aber Pizza geht besser mit der Hand.«
Eine Zeit lang kauten wir schweigend. Ines hatte recht, Thunfisch mit Schinken war wirklich gut. Außerdem hatte sie doppelt
Käse bestellt. Von gesunder Ernährung konnte hierbei nicht die Rede sein, aber es schmeckte.
Nach dem dritten Stück stand Ines auf und holte einen Prospekt aus der Tasche. »Ferienhäuser Dänemark.« Sie hatte die Seite,
auf der das Haus abgebildet war, mit einem gelben Klebezettel markiert.
»Guck mal. Ist das nicht schön? Und der Preis geht auch.«
Ich warf nur einen flüchtigen Blick auf das rote Holzhaus mit dem hübschen Garten und schob den Prospekt sofort wieder zurück.
»Ich habe weder Lust noch Geld. Und außerdem kommt Johann ja in der Zeit. Wir sehen uns doch sowieso kaum noch.«
Ines fuhr sich mit der Hand durch ihre Haare, ein kleines Stück Käse blieb an einer Ponysträhne hängen.
»Und wenn doch wieder was dazwischenkommt? Dann hängst du weiterhin schlecht gelaunt hier herum?«
»Ich weiß gar nicht, was du immer mit meiner schlechten Laune hast. Und ich hänge auch nicht herum.«
Mit einem weiteren Pizzastück in der Hand betrachtete Ines mich nachdenklich.
»Ich war am Wochenende zu Hause.«
»Ich weiß. Hat Mama mir erzählt. Und? War es nett?«
»Papa hat gesagt, ich soll mich um dich kümmern. Du wärst in einer schlechten Verfassung.«
Deshalb also Dänemark. Weil mein Vater mal wieder seine Hausfrauenpsychologie betrieb. Am Wochenende vorher war ich auf Sylt
bei meinen Eltern gewesen. Bereits da war es mir auf die Nerven gegangen, dass mein Vater mich ständig mit zusammengekniffenen
Augen beobachtet hatte. Bei einem Strandspaziergang hatte er mich gefragt, wie ich mir eigentlich meine Zukunft vorstellen
würde.
»Christine, du musst doch Pläne haben. Sowohl beruflich als auch privat. Also auch, was du mal werden möchtest.«
»Papa, ich bin 47. Ich habe einen Job, wenn auch nicht besonders gut bezahlt. Und ich werde auch wieder was anderes finden. Und ich habe einen
Freund, den du kennst. Ich weiß gar nicht, von welchen Plänen du redest.«
»Aber das läuft doch alles nicht rund bei dir. Da darf man sich als Vater doch wohl mal Gedanken machen.«
»Ja, natürlich. Mach dir Gedanken, aber erzähle sie mir nicht.«
Jetzt hatte er sie also Ines erzählt. Das war ja klar. Sie sah mich mit ernstem Gesichtsausdruck an.
»Papa hat einen Artikel gelesen, in dem stand, dass statistisch gesehen eine Wochenendbeziehung nicht länger als zwei Jahre
hält.«
»Aha. Statistisch gesehen. Und weiter?«
Ines probierte den Rotwein und rümpfte die Nase. »Ich glaube, wir müssen doch eine von deinen Flaschen öffnen. Der schmeckt
nicht.«
»Das Stichwort war ›Wochenendbeziehung‹.«
»Ja, sicher. Also, er meinte, dass dir dann mit Johann nur noch ein Dreivierteljahr bliebe. Wobei man das aber schlecht rechnen
kann, weil Johann im Moment ja noch nicht einmal jedes Wochenende da ist. Wie das jetzt geht, wusste er auch nicht. Auf jeden
Fall musst du aber etwas tun. Wobei ich dir die Idee, nach Schweden umzuziehen, ausreden soll.«
»Ich hatte noch nie im Leben die Idee, nach Schweden umzuziehen.«
»Soll ich jetzt einen anderen Wein holen, oder machst du das?«
Ines sah sich suchend um, blieb aber sitzen. Der Wein war wirklich ziemlich schlecht, Apulienwochen hin oder her. Ich schob
mein Glas zur Seite und stand auf.
»Was hat Papa noch gesagt?«
Ines
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