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Keine Angst

Keine Angst

Titel: Keine Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Ich gehörte einer Spezialeinheit an. Wir beschäftigten uns mit was besonderem.«
    »Das da gewesen wäre?«
    »Sprengstoff.«
    »Wow!«
    »Ich war Experte für bestimmte Arten von Sprengstoff. Wir hatten die Aufgabe, das Zeug zu entschärfen, aber auch, es einzusetzen. Ist so eine Einheit, über die nicht viel nach draußen dringt. Ein Himmelfahrtsjob, bei dem du aber eine Menge Geld verdienen kannst. Und ich war keiner der schlechtesten.« Koch machte eine Pause. »Na, jedenfalls, es lief eine Weile ganz gut, aber dann wäre ich dreimal hintereinander fast draufgegangen. Mein Nervenkostüm litt ganz gewaltig. Ich hatte meine Hände nicht mehr so unter Kontrolle wie früher. Fing an, Fehler zu machen. Tja.«
    Schlemmer überlegte, wie man sich als Beichtvater eigentlich zu verhalten hat.
    »Mannomann!« rief er. »Koch! Das war dann aber gar nicht gut, was?«
    »Mir hat’s irgendwann gereicht. Hab in den Sack gehauen. Von heute auf morgen den Dienst quittiert. Ich will nicht unbedingt sagen, daß es ganz freiwillig geschah, die haben’s mir freundlich nahegelegt. Naja, durchaus verständlich. Du kannst schlecht losziehen und fünf Pfund Dynamit entschärfen, wenn deine Hände zittern und du dir vor Angst fast in die Hose scheißt. Es ging halt einfach nicht mehr. Schluß, Aus.«
    »Und dann?«
    »Hab ich was anderes gemacht. Bin Puppenspieler geworden. Das mochte ich immer schon, Puppentheater. Hab schon damals Puppen gesammelt, mit wachsender Begeisterung. Ich dachte, wenn meine Hände nicht mehr zum Entschärfen von Bomben taugen, sind sie immer noch geschickt genug, um einer Puppe Leben zu verleihen. Eine Zeitlang stand ich mit meinem selbstgebauten Kasperletheater auf der Schildergasse, die Leute fanden’s lustig, ich genauso. Dann kam ich über Umwege ans Hänneschen-Theater. Weißt ja, du brauchst normalerweise eine künstlerische Ausbildung, aber sie sagten, ich sei ein Naturtalent. Fanden’s lustig, daß ich den Schutzmann spiele, wo ich doch selber mal einer gewesen bin, so was in der Art zumindest.«
    »Vom Sprengstoffexperten zum Puppenspieler!« Schlemmer kicherte blöde. Er war betrunken, aber Koch begann ihm Spaß zu machen. Der Himmel mochte wissen, ob er dieses Kabinett des Dr. Cahgari jemals wiedersehen würde.
    Koch nickte.
    »Hätte schön sein können, Schlemmer. Wenn ich bloß bei der Polizei nicht so viel mehr verdient hätte. Daß ich plötzlich glaubte, mir fehlt was.«
    Schlemmer erstarrte.
    Geld! Verfluchtes Geld!
    »Ich hätte mich natürlich bescheiden können mit dem, was ich verdiente«, meinte Koch. »Aber da waren diese Einflüsterungen, daß einer, der sich so gut mit Sprengstoff auskennt, doch wohl ein bißchen nachhelfen könnte. Nichts Schlimmes. Ein wenig die Leute erschrecken und hoch und heilig versprechen, es sofort zu unterlassen gegen die Entrichtung eines gewissen Obulus in Höhe von … sagen wir mal, zehn Millionen Mark.«
    Schlemmer saß immer noch wie erstarrt. Dann richtete er seinen Blick langsam auf Koch. Seine Augen lagen wund in ihren Höhlen.
    »Zehn Millionen«, echote er.
    »Sprengstoff zu beschaffen, stellte kein Problem dar«, sagte Koch, als spräche er übers Wetter. »Ich kann in deine Küche gehen und dir einen Knaller bauen aus Sachen, daß du’s im Leben nicht für möglich hältst. Für meine Zwecke griff ich auf einen alten Favoriten zurück, Plastik-sprengstoff. Hocheffizientes Zeug, eine Art Knetmasse, man kann Männchen daraus bauen und alles mögliche, bis man es mit einem Zünder und einer Zeitschaltuhr versieht. Dann fliegt es dir so was von um die Ohren, daß kein Stein auf dem anderen bleibt.« Koch grinste schwach. »Oder kein Miederhöschen.«
    Schlemmer schnappte nach Luft. »Was? Soll das heißen, du hast …?«
    »Nein!« Koch hob beschwörend beide Hände. »Der Herr, so es ihn gibt, möge meinen Eltern nachsehen, daß sie in meiner Erziehung Fehler begangen haben, aber zum Mörder haben sie mich nicht erzogen. Bin ja kein Killer, Junge. Nein, ich fand meine vorläufige Erfüllung darin, die Abteilung für Miederwaren im Erdgeschoß von Hertie in die Luft zu sprengen. Bei Nacht, versteht sich. Niemand wurde verletzt. Zugleich ließ ich die Filialleitung des Kaufhauses meine Forderungen wissen: Zehn Millionen, zahlbar in Tausendern. Vergleichsweise bescheiden, findest du nicht? Andere haben schon größere Summen abkassiert.«
    Schlemmer rieb sich den Nasenrücken und setzte sich aufrecht hin in der Hoffnung, seine Gedanken ordnen zu

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