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Keine Angst

Keine Angst

Titel: Keine Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Schwein!
    Wer will da kommen, dich zu richten? Mach mit ihr, was du willst. Sie wird dir im Magen liegen, so oder so.
    Die Haxe.

Der Puppenspieler
    »Zum Beispiel Shakesp … p … p … peare!«
    Speimanes träumte von den großen tragischen Rollen.
    »Nicht so, wie ihn jeder x-beliebige Arsch inszenieren würde, Koch, das mußt du wissen, davon halt ich überhaupt nichts. Geh mal ins Kölner Schauspielhaus und guck dir den Dreck an. Die stecken alle Schauspieler in weiße Anzüge, egal, wann’s spielt. Hab Caligula gesehen, römische Senatoren in weißen Anzügen, und der Kaiser nackt wie ’n Pavian. Ich meine, was soll das, der läuft da mit baumelnder Banane über die Bühne, und das kaiserliche Fest spielt sich auf einem Klettergerüst ab. Einem Klettergerüst, Koch! Und wir reden hier von der Blüte des römischen Reiches!«
    »Caligula ist, wenn ich mich recht entsinne, nicht von Shakespeare«, gab Koch zu bedenken.
    »Weiß ich, weiß doch jedes Kind. Ich wollte dir nur klarmachen, Koch, wo wir kulturell stehen. Mal ehrlich, was ist denn passiert, seit Mephisto das erste Mal in Anzug und Krawatte auf die Bühne fuhr, he? Oder meinetwegen nimm die Oper, Wagner, Götterdämmerung. Da läuft’s doch auch nicht anders. Wotan als Göring, gut, das hatte wenigstens noch was von dieser irritierenden Substanz, da wurde aufbegehrt, aber wie lange ist das her? Und heute? Schockieren um jeden Preis! Wenn heute auf der Bühne nicht gevögelt wird, war das nicht gut. Hab ich ja nichts gegen. Lustig, lustig. Aber bitte, Koch, dann frag dich in vollem Ernst, was hat das noch mit jungem, aufbegehrendem Theater zu tun? Wo bleiben die Impulse, die Aussagen, die Neuerungen? Warum wird jedes Stück der Selbstgefälligkeit drittrangiger Intendanten geopfert?«
    Koch zuckte die Achseln.
    »Was beklagst du dich? Wir lassen im Hänneschen die Puppen tanzen, da ist noch nie gevögelt worden.«
    »Wart’s ab, Koch. Wart’s ab.«
    »Was? Daß sie anfangen zu vögeln?«
    »Daß ich was anderes mache. Ich hab seriöse Angebote.«
    »Hm.« Koch legte die Stirn in Falten und nahm einen tiefen Zug aus seinem Kölsch. »Ich weiß nicht, Schlemmer. Was hast du plötzlich dagegen, im Hänneschen den Speimanes zu spielen? Du bist ein guter Puppenspieler.«
    Schlemmer machte eine Handbewegung, als wolle er einen Schwarm Mücken vertreiben.
    »Ich rede nicht vom Hänneschen.«
    »Wovon dann?«
    »Echte Kunst, davon rede ich. Richtiges Theater! Mann, Koch, will ich enden wie du? Achtzehn Jahre lang die Puppe vom Schutzmann schwenken!«
    »Ist nicht das Schlechteste.«
    »Pah. Du hast eben keine Ambitionen.«
    Schlemmer stellte fest, daß sich unter den Augen des Alten mehr Ringe versammelt hatten als in den Auslagen von Gold Krämer. Koch wirkte traurig und verbraucht.
    »Vielleicht hast du recht«, sagte er.
    »Was? Das gibst du auch noch zu?« entrüstete sich Schlemmer.
    »Was soll ich mit Ambitionen? Ich bin fast sechzig.«
    »Koch, enttäusch mich nicht. Für Ambitionen ist man nie zu alt! Schau mich an. Schauspielschule, Gesangsunterricht, kleine Rollen hier und da, Filmdose, Rocky Horror Picture Show, Carmen vom Klapperhof, jetzt Hänneschen, okay, in Köln nicht schlecht für’s Renommee. Mittlerweile sind sie auf mich aufmerksam geworden. Als nächstes kommt die große Bühne, das sag ich dir, und dann geht’s ab zum Film. Gib mir fünf Jahre, und ich bin berühmt.«
    »Das kann keiner wissen.«
    Schlemmer lächelte versonnen.
    »Und wenn ich gestern nacht auf dem Nachhauseweg drei alten Frauen begegnet wäre, die mir zuriefen: Heil dir, Schlemmer, Heil, Heil dir?«
    Koch verzog das Gesicht.
    »Hör mir auf mit dem Nazikram.«
    »Das ist aus Macbeth«, entsetzte sich Schlemmer. »Nazikram! Heil dir, Macbeth, dir, künft’gem König Heil! Der Hexen Prophezeiung. Heil dir, Than von Glamis, Than von Cawdor! Nie gehört?«
    »Doch.«
    »Macbeth, mein Höchstes! So, wie ihn Orson Welles gespielt hat.« Schlemmers Faust knallte auf den gescheuerten Holztisch. »Mann, das war noch was! Das war eben wirklich große Kunst. Weißt du, Koch, daß ich mich manchmal ein bißchen sehe wie er? Als Universalist, ich meine, was so die Grundlagen angeht. Hab schauspielerisches Talent und den dramaturgischen Überblick, ich könnte also durchaus inszenieren. Tanzen und singen ist eh kein Problem.«
    »Tja, Schlemmer«, sagte Koch mit ernster Miene. »Wirst wohl deinen Weg machen. Reich und berühmt werden.«
    Sein Gegenüber lachte.
    »Zweimal

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