Keine Gnade

hinterließ Al ihr eine Nachricht auf ihrer Mailbox, damit sie sich keine Sorgen machte. Er ging in einen gut besuchten Starbucks und entdeckte Maggie, die ihm von einem Zweiertisch aus zuwinkte.
    Â»Da treffen wir uns nun also wieder«, sagte Maggie. »Holen Sie sich etwas zu trinken. Geht auf mich.« Sie gab Al einen Zehn-Dollar-Schein. Er bestellte sich einen doppelten Espresso und setzte sich gegenüber von Maggie hin. Das Wechselgeld legte er ihr mitten auf den Tisch.
    Â»Die Ergebnisse der Autopsie werden Sie umhauen«, meinte Maggie.
    Als Maggie Al angerufen hatte, um sich auf einen Kaffee mit ihm zu treffen und dabei die Ergebnisse der Autopsie zu besprechen, hatte sofort sein Radar angeschlagen. Er hatte ein feines Gespür für Anmache. Doch Maggie hatte ihn davon überzeugt, dass es gut für sie beide wäre, mal von den »Kohlegruben« wegzukommen. Er musste sich eingestehen, dass er schon auf Reserve lief und kurz vor dem Abschalten stand. Deshalb waren ein starker Espresso und ein wenig Abspannen nicht die schlechteste Idee.
    Nach ihrem vorhergehenden Treffen und Maggies verstecktem, aber dennoch offensichtlichem Versuch zu flirten, war Al nicht ganz wohl bei diesem Rendezvous. Er würde lügen, wenn er behauptete, sie nicht attraktiv zu finden. Und er würde auch lügen, wenn er die Tatsache abstreiten würde, dass sein Liebesleben mit Sami nicht gerade Stoff für schwülstige Liebesromane abgab. Und obwohl seine Absichten ehrenwert waren, kam er sich schwach vor.
    Â»Dann los, hauen Sie mich um.«
    Â»Zuerst einmal haben sich die Blutwerte als sehr interessant herausgestellt. Das Labor hat Spuren von Sevofluran festgestellt, höhere Dosen von Epinephrin und Kaliumchlorid, aber nicht genug, um sie zu töten.«
    Â»Epinephrin wird bei anaphylaktischem Schock gegeben, nicht wahr?«
    Â»Unter anderem«, sagte Maggie, »es ist der Stoff, der in einem EpiPen eingesetzt wird.«
    Â»Für Menschen, die wegen einer schweren allergischen Reaktion im Schockzustand sind, etwa durch einen Bienenstich …«
    Â»Genau.«
    Â»Und das Kaliumchlorid?«
    Â»Das ist der dritte Stoff, der bei Todesspritzen eingesetzt wird. Die richtige Dosis, die vom Körpergewicht abhängt, kann zu Herzstillstand führen.«
    Â»Und was ist mit dem Sevofluran?«
    Â»Das ist ein allgemeines Anästhetikum, das inhaliert und Patienten für eine Narkose verabreicht wird.«
    Â»Was folgern Sie daraus, Maggie?«
    Â»Es ist sehr merkwürdig. Als ich ihr Herz untersucht habe, sah es aus, als sei es wie ein Fußball herumgetreten worden. Für das Herz einer Zwanzigjährigen war es ziemlich angegriffen. Und sie litt an einer leichten Form von Kam­merhypertrophie, wodurch die Herzwände verdickt waren. Die Ursache ist normalerweise ein nicht behandelter Bluthochdruck, aber um ehrlich zu sein, ist dies eine altersabhängige Krankheit. Ich zweifle ganz stark daran, dass diese junge Frau ein Problem mit ihrem Blutdruck hatte.«
    Â»Noch etwas Ungewöhnliches in ihrem Blut?«
    Â»Ja, da ist tatsächlich noch etwas. Wir haben eine hohe Konzentration von Amiodaron gefunden.«
    Â»Ami-was?«, fragte Al.
    Â»Amiodaron. Es ist ein Arzneistoff, der zur Behandlung von Vorhofflimmern und Kammerflimmern eingesetzt wird.«
    Al versuchte, all diese Informationen zu verarbeiten, aber sein Gehirn schien kurz vor einem Kurzschluss zu stehen. »Und warum sollte der Killer ihr so viele Arzneimittel in­jizieren?«
    Â»Ich habe nicht den blassesten Schimmer, Detective. Ich weiß nur, dass all diese Mittel in direkter Verbindung mit dem Herzrhythmus und der Herzfunktion stehen. Und jedes dieser Mittel unterscheidet sich in der Wirkung er­heb­lich von den anderen. Es scheint, als habe unser Typ das Opfer für irgendeine Art von perversen Experimenten benutzt oder sogar irgendwelche Folterspiele veranstaltet.«
    Â»Also, was auch immer er für fürchterliche Experimente mit dem Mädchen der Fosters angestellt hat, sie ließen ihr Herz stillstehen und führten so zu ihrem Tod? Das würde heißen, sie starb an Herzstillstand, richtig?«
    Â»Und hier wird es nun richtig unheimlich«, sagte Maggie und trank ihre Latte macchiato aus. »Genevieve Foster starb an einem schweren Schlaganfall, um genau zu sein, war die Todesursache ein Schlaganfall, der durch eine Thrombose in der mittleren Hirnschlagader