Keine Gnade
Mutter spreche?«, wollte Doktor Templeton wissen. »Oder wäre es Ihnen lieber, wenn ich es allein versuche?«
»Ich denke, wenn Sie allein mit ihr sind, könnten Sie sie am besten überzeugen«, meinte Sami.
»Machen Sie es sich im Besucherwarteraum gemütlich, während ich mit Ihrer Mutter spreche.«
Den Warteraum kannte sie schon. »Danke, Doktor. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie dankbar ich Ihnen für alles bin.«
»Es gehört zu meinem Job, Miss Rizzo. Und Sie können sich gar nicht vorstellen, wie viele Menschen zu einer Operation überredet werden müssen.«
»Ich hoffe, ich darf das fragen, aber schaffen Sie es denn, widerwillige Patienten zu überzeugen?«
»Auch auf die Gefahr hin, mich eingebildet anzuhören, ja, ich habe eine recht beeindruckende Erfolgsrate. Ich kann mich eigentlich nur an zwei Verweigerer erinnern, die standhaft geblieben sind.« Die Lippen des Doktors wurden schmal. »Das Ergebnis war nicht so angenehm. Beide starben innerhalb weniger Wochen nach ihrer Entlassung.«
»Haben Sie denn eine besondere Rede parat, mit der Sie überzeugen wollen?«
»Ja, das habe ich.« Doktor Templeton richtete das Stethoskop, das um seinen Hals hing. »Ich erzähle ihnen einfach ziemlich direkt, dass sie mit der nicht unterzeichneten Einwilligung gerade ihr Todesurteil unterschrieben haben. Es mag hart sein und verstöÃt vielleicht sogar gegen meinen hippokratischen Eid, aber wenn es auch nur ein Leben rettet, dann gehe ich gern bis an die Grenze.«
Sami dachte einen Augenblick darüber nach, war über Doktor Templetons Eifer ziemlich erstaunt. »Und wenn sich meine Mutter weigert? Wie ist dann ihre Prognose?«
»Nicht so gut, Miss Rizzo.« Der Arzt schüttelte den Kopf. »Ich gebe ihr noch ein halbes Jahr.«
»Okay, dann haben Sie meine Erlaubnis, meine Mutter â wenn nötig â mit einem Kantholz zu schlagen. Oder was sonst noch helfen könnte.«
»Also würde es Ihnen nichts ausmachen, wenn ich sie ein bisschen aufmische?«
»Ich mache mir mehr Sorgen darüber, dass sie Sie aufÂmischen könnte.«
»Ich liebe Herausforderungen.« Doktor Templeton sah auf seine Uhr. »Ich werde in einer knappen halben Stunde wieder hier sein, mit einer unterschriebenen Einwilligung.«
»Das hört sich wie ein Versprechen an.«
»Ist es auch.«
Als er hinausging, dachte sie über seine lockere und lässige Art nach, die sie überraschte. Ihre Erfahrungen mit Ãrzten, besonders als ihr Vater im Krankenhaus lag und an Krebs starb, waren ausgesprochen unangenehm gewesen. Die meisten Ãrzte, denen sie begegnet war, waren arrogant und kalt. Doktor Templeton hingegen war alles andere als selbstbezogen. Sie hoffte, dass er so kooperativ und angenehm bleiben würde.
»Detective Diaz«, sagte Katherine Levy, die Abteilungsleiterin bei Saks, »das ist Robin Westcott, eine unserer selbÂständigen Verkäuferinnen.«
»Es ist sehr freundlich von Ihnen, früher herzukommen«, sagte Al.
»Ich hoffe nur, dass ich Ihnen irgendwie helfen kann.«
Katherines Handy klingelte. »Ich muss dieses Gespräch annehmen. Ich stehe direkt vor meinem Büro, falls Sie mich brauchen.«
»Kein Problem«, erwiderte Al. Er fasste in seine Tasche, holte ein Foto des Designerkleides heraus und zeigte es Robin. »Können Sie sich daran erinnern, dieses Kleid verkauft zu haben?«
Robin drückte nachdenklich mit Daumen und Zeigefinger an ihrem Kinn herum. »Ich kann mich dunkel an das Kleid erinnern â und den Typen, der es gekauft hat.«
»Wie hat er ausgesehen?«, wollte Al wissen.
»Er hatte eine Basecap von den Chargers auf, die er ein paar Mal abgenommen hat, um sich mit den Fingern durchs Haar zu fahren. Er hatte dichte pechschwarze Haare.«
»Irgendwelche besonderen Merkmale?«
»Seine Augen waren himmelblau. Ausgesprochen schön. Und wenn ich ehrlich sein soll, Detective, er sah richtig gut aus. So gut wie etwa Hugh Jackman oder George Clooney. Und er war groàâ über eins achtzig. Und durchschnittlich gebaut.«
»Wie alt schätzen Sie ihn?«
»Ich würde sagen, er war um die vierzig.«
»Könnten Sie ihn bei einer Gegenüberstellung identifizieren?«
»O ja, ganz sicher.«
»Meinen Sie, Sie könnten sich mit einem unserer Zeichner
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