Keine Lady fuer Lord Strensham
frische Krawattentuch um, als ihm ein spöttischer Rat von Nick einfiel.
„Präsentiere dich wie Gesindel, das keinen Penny in der Tasche hat, Marcus, und man wird in dir den verzweifelten Mann erkennen, der du bist. Kleide dich wie Krösus, und du wirst dich der reichen kleinen Lieblinge nicht erwehren können.“
Also hatte Marcus sich mit Nicks Hilfe fein ausstaffiert, um besagten Erbinnen die Mitgift zu entlocken. Wahrscheinlich verdiene ich jemanden wie Miss Rashton, dachte er bedrückt. Er konnte sie zu einer Viscountess machen, im Gegenzug würde sie sein Gut vor dem Ruin bewahren. Sie waren wie füreinander geschaffen.
Lustlos schlüpfte er in eine elegante Weste und einen perfekt sitzenden Rock. Nicks Meinung nach durfte kein Mitgiftjäger, der etwas auf sich hielt, auf diesen Schick verzichten. Marcus allerdings fragte sich, was seine Ahnen von ihrem letzten Nachkommen halten würden, könnten sie ihn jetzt sehen. Nicht viel, dachte er freudlos. Die Ashfields waren für ihre Klugheit und Besonnenheit bekannt, bevor sein Vater jeden Penny, der ihm in die Finger kam, verspielte, vertrank und verjubelte.
Als er fertig war, beschloss Marcus, seinem Anwalt zu schreiben. Irgendetwas musste doch den Klauen seines Vaters entronnen sein. Immerhin hatte sein Großvater den Sohn um zehn Tage überlebt, also war Julius Ashfield niemals in den Besitz des Titels und der Ländereien gelangt. Wie war es ihm trotzdem gelungen, alles durchzubringen?
Statt sich, wie versprochen, im Salon zu den Damen zu gesellen, ging Marcus die Treppe hinunter und betrat die Bibliothek. Auf seiner Suche nach einer Feder und Papier hatte er den Raum schon halb durchquert, bevor er sich bewusst wurde, was er sah.
Das niedrigste Hausmädchen machte es sich in Neds Lieblingssessel bequem. Blinzelnd versuchte Marcus, die Vision zu vertreiben. Zu viele Nächte, die er schlaflos und nicht immer nüchtern verbracht hatte, schienen bei ihm ihre Spuren hinterlassen zu haben. Die Vision löste sich allerdings nicht auf, also war alles in Ordnung mit seinen Augen. Die lästige kleine Person flegelte tatsächlich im Sessel seines Freundes, als wäre sie hier zu Hause. Sie hatte sich so in ein Buch vertieft, dass sie ihn noch immer nicht bemerkte.
„Was zum Teufel tust du hier?“, fuhr er sie an und beobachtete mit unrühmlicher Schadenfreude, wie sie zusammenzuckte.
Thea erwiderte Marcus’ finsteren Blick mit der gleichen Feindseligkeit.
„Meinen Geist bereichern“, erwiderte sie bissig. Was fiel ihm ein, sie anzuschauen, als stünde sie unter Anklage und müsste ihm Frage und Antwort stehen? „Ein Beispiel, das Sie sich vielleicht zum Vorbild nehmen sollten, falls Sie die Zeit erübrigen können.“
„Deine Zeit bringst du offensichtlich damit zu, die Arbeit zu meiden, für die du bezahlt wirst. Es war ein Fehler, Lydia zu bitten, dich einzustellen, da du ihre Freundlichkeit nur ausnutzt.“
Vielleicht hatte er recht. Wenn er ihr an jenem Tag nur erlaubt hätte, in den Wald zu laufen. So wäre ihr wenigstens die Demütigung erspart geblieben, jetzt von diesem attraktiven, arroganten Kerl abgewiesen zu werden. Andererseits wäre sie vielleicht auch verhungert oder von den Winfordes aufgegriffen worden. Manchmal schien ihr selbst dieses Schicksal weniger grausam, als die Sehnsucht nach einem Mann zu ertragen, der sie nicht haben wollte.
„Ihre Ladyschaft weiß sehr gut, wie sehr wir den lieben langen Tag von diesem zänkischen Drachen, dem Sie die Hand küssen, gescheucht werden.“
Marcus wirkte zerknirscht, und Thea fand, dass er dazu auch allen Grund hatte. Falls er dieses verflixte Frauenzimmer wirklich ihrer Mitgift zuliebe zu heiraten gedachte, so verkaufte er sich weit unter Wert.
Mit einem leisen Seufzer erhob sie sich, um sich so würdevoll wie möglich davonzumachen.
Marcus’ Blick glitt über ihre reichlich zerknitterte Uniform. Unverhohlene Geringschätzung zeigte sich auf seinen Zügen. Wie sehr Thea sich wünschte, sie könnte ihm sein Lächeln mit einer Ohrfeige aus dem Gesicht wischen. Die verwöhnte Miss Alethea Hardy wäre diesem gefährlichen, draufgängerischen Schurken sofort verfallen, aber Hetty Smith mit ihrer neu erworbenen Nüchternheit und Vernunft war gewappnet gegen seinen zweifelhaften Charme.
„Ich muss wieder an die Arbeit gehen, Mylord.“ Sie sah ihn ausdruckslos an.
Doch kaum blickte sie ihm in die grauen Augen, da regte sich schon ein Hauch von jenem verbotenen Verlangen, das er mit solcher
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