Keine Lady fuer Lord Strensham
Lippen, stockte ihr der Atem vor Glückseligkeit. Ihre blaugrünen Augen nahmen ein intensiveres Grün an, wie immer, wenn sie innerlich aufgewühlt war.
„Kleine Hexe“, brachte er leise hervor.
Dann fuhr er mit der Zunge fordernd über ihre Lippen. Seufzend öffnete Thea sie, als hätte sie ein Leben lang nur auf diesen Moment gewartet. Ganz schwach nahm sie am Rand ihres Bewusstseins eine warnende Stimme wahr, die ihr riet, ihn von sich zu stoßen, weil er gefährlich war und sie ins Unglück stürzen würde. Aber die vernünftige Thea schien sich in eine andere Frau verwandelt zu haben – eine Frau mit Sehnsüchten und entfesselter Leidenschaft. Nichts schien ihr in diesen Minuten so wichtig, wie Marcus nahe zu sein und das Feuer zu spüren, das sie in ihm geweckt hatte.
Doch sie brachte die Kraft auf, leise zu protestieren, als er den Kopf einen Augenblick hob. „Nein.“
In ihrer Benommenheit wurde ihr undeutlich bewusst, wie er die Hände auf ihre Arme legte und sie leicht von sich schob. Schon wollte Thea erneut protestieren, dieses Mal allerdings, um ihn anzuflehen, weiterzumachen und nicht auf sie zu hören.
„Nein!“, wiederholte sie.
„Nein. In der Tat“, sagte er atemlos.
Ganz gegen jede Vernunft stieg Wut in ihr auf. Als müsste sie ihm nicht dankbar für seine Zurückhaltung sein und als hätte er sie beleidigt.
„Ich hoffe, Sie heiraten diesen Drachen, der nur an sich selbst denkt! Sie verdienen einander wirklich und werden sich so wenigstens keinem anderen Menschen aufdrängen, der im Gegensatz zu Ihnen ein Herz im Leib hat.“
Seine verschlossene Miene verriet nichts von seinen Gefühlen. „Ich stimme völlig mit Ihnen überein“, sagte er ausdruckslos.
„Ach, gehen Sie mir aus dem Weg, Sie … Sie Schürzenjäger!“ Ganz gegen jede Vernunft hätte sie ihn am liebsten geschlagen, als er ihr bereitwillig den Gefallen tat. „Irgendwie werden Sie mir dafür büßen, Mylord, und wenn es das Letzte ist, was ich tue.“
„Zweifellos, meine kleine zänkische Hexe“, meinte er leise, nachdem sie die Tür hinter sich zugeschmettert hatte.
Marcus hatte nicht beabsichtigt, das Mädchen anzurühren, geschweige denn, es zu küssen. Zu seinem Entsetzen wäre er nun allerdings sogar bereit, seine Seele dem Teufel zu verschreiben für eine Nacht der Leidenschaft in Hettys Armen. Natürlich ist das unmöglich, rief er sich streng zur Ordnung. Bis jetzt war es ihm gelungen, gegen seine Schwäche anzukämpfen. Er durfte nicht gleich kapitulieren, kaum dass er Hetty wiedersah. Selbst ein so wildes Verlangen würde sicher bald abklingen. Außerdem würde sie ihn hassen, wenn er sie wegen einiger leidenschaftlicher Stunden entehrte.
Warum hatte er dann das ungute Gefühl, einer ganz besonderen Frau den Rücken zuzukehren? Weil du ein Idiot bist, tadelte er sich. Nein, Miss Rashton war die richtige Wahl, denn sie wollte einen Titel von ihm und nicht mehr. Im Gegensatz zu ihr würde Mrs. Fall, die reiche Witwe, zumindest Zuneigung von ihm erwarten. Nur die schüchterne kleine Sophronia Willet ließe sich wahrscheinlich lieber mit einem hungrigen Bären in einen Käfig sperren, bevor sie einwilligte, ihn zu heiraten. Also blieb im Grunde lediglich Miss Rashton, die auf Firlefanz wie Liebesbezeugungen keinen Wert legte. Die Vorstellung allerdings, bei der Erfüllung seiner ehelichen Pflichten den kalten, strengen Blick dieser Braut ertragen zu müssen, weckte keine Freude in Marcus.
Bei Lydias niedrigstem Hausmädchen genügten einige Minuten, und er benahm sich vor Verlangen wie ein grüner Junge. Auch jetzt musste er nur daran denken, wie ihre weichen Lippen sich an seinen angefühlt hatten und ihre verführerischen Rundungen an seinem Körper, schon kochte das Blut in seinen Adern. Bei jedem Kuss, jeder Liebkosung schien es ihm, als könnte er mit keiner anderen Frau ein solches Gefühl der Zusammengehörigkeit erfahren.
Entschlossen schüttelte er den Kopf. Seine Situation zwang ihn, Geld zu heiraten, sonst müsste seine Familie hungern. Außerdem würde er nicht nur sich selbst, sondern auch seinen Bruder großer Armut aussetzen. Kein Paar tiefgrüner Augen, so verlockend es auch war, durfte ihn von seinem Ziel abbringen.
Er setzte sich an Neds Schreibtisch, um den Brief an seinen Anwalt zu schreiben, statt über den feurigen Kuss mit Hetty zu grübeln oder über das lateinische Original von Vergils „Aeneis“, das sie auf dem Tisch liegen gelassen hatte. Erst jetzt wurde ihm bewusst,
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