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Keine Pizza für Commissario Luciani

Titel: Keine Pizza für Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Paglieri
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Statue der Gerechtigkeit nicht zufällig gerade
     jetzt gefunden wurde. Warum wollte sie sich ausgerechnet heute zeigen, nachdem sie jahrhundertelang verborgen geblieben war?
     Vielleicht dachte sie, ich wäre der richtige Mann, um das Land auf einen neuen Weg zu führen. Das ist das Zeichen, das der
     Herr mir gesandt hat. Aber ich will sicher nicht Gottes Platz einnehmen. Ich weiß, dass die Justiz, die wir gewährleisten
     können, nur eine ist: die vom Gesetz bestimmte. Und man muss dafür sorgen, dass diese respektiert wird.«
    »Und wenn das Gesetz falsch ist?«
    »Dann muss man es trotzdem respektieren, zumindest solange man es nicht ändern kann. In der Demokratie siegt die Mehrheit,
     und wer entscheidet, was richtig und was falsch ist, das können allein die Sieger sein. Genau wie im Krieg. Und wie in der
     Liebe.«
    |357| Marco Luciani schüttelte den Kopf. »Nein, Herr Minister. Die Sieger entscheiden, wer schuldig und wer unschuldig ist. Aber
     was richtig und was falsch ist, das entscheidet unser Gewissen.«
    Er hoffte, mit dieser hübschen Sentenz die Debatte beendet zu haben, als er aber sah, wie Ranieri, ehrlich beeindruckt, die
     Augenbrauen hob, wusste er, dass er besser die Klappe gehalten und sich einen weiteren gelehrten Vortrag erspart hätte.
    »Dies ist ein sehr interessanter Punkt, Herr Kommissar«, setzte der Minister wieder an. »Sie haben eben den klassischen Konflikt
     der griechischen Tragödie herausgestellt: Dike gegen Themis, die Gesetze des Staates gegen die unveränderlichen Gesetze des
     Menschen. Sehen Sie, in der griechischen Mythologie ist die Themis eine der ältesten Göttinnen, sie unterhielt noch vor Apollo
     das Orakel in Delphi. Sie ist die Stimme des Fatums, sie ist der Sinn dessen, was richtig ist, der jedem von uns innewohnt.
     Das Gesetz der Moral beziehungsweise der Natur. Dike, die Justiz, ist dagegen nur eine ihre Töchter, ebenso wie Eunomia, die
     gesetzliche Ordnung, und Eirene, sprich der Friede. Dies sind die drei Horen, die den Menschen dem Chaos entrissen haben,
     an ihnen muss sich orientieren, wer regiert. Und er muss danach streben, dass unsere Gesetze sich möglichst eng an die der
     Natur anlehnen … Langweile ich Sie?«
    »O nein, ganz im Gegenteil«, log Marco Luciani.
    »Nun ja, Sie wissen sicherlich, weshalb die Justitia in vielen Darstellungen eine Waage und ein Schwert in der Hand hält.
     Sie vereint in sich alle Elemente, von denen wir gesprochen haben: Das Schwert erinnert an die Strafe, die Waage an die Ausgewogenheit
     von Gesetzgeber und Richter.«
    »Bevor ich mich auf die Ausgewogenheit der Richter verlasse, |358| sorge ich lieber selbst für Gerechtigkeit«, sagte der Kommissar mit schmerzverzerrtem Gesicht.
    »Glauben Sie wirklich, Commissario, dass man eine Gesellschaft führen könnte, wenn man zuließe, dass jeder Bürger sich von
     seinem Gewissen leiten lässt? Glauben Sie wirklich, dass alle ein Gewissen haben? Man muss Gesetze schaffen, und die Bürger
     müssen diese respektieren. Vielleicht sind Sie und ich fähig, im absoluten Sinne das Richtige vom Falschen zu unterscheiden,
     vielleicht sagt Antigone zu Recht, dass Kreon ein Tyrann ist, aber wenn es nicht ihr Bruder wäre, der beerdigt werden muss,
     würde es sie dann kümmern? Am Ende wettern die großen Rebellen nur dann gegen das Unrecht, wenn dieses Unrecht sie betrifft.
     Wer dagegen die Verantwortung für die Regierung eines Staates trägt, der darf nur nach Gerechtigkeit streben und nicht nach
     Rache.«
    Marco Luciani hasste diese abgedroschene Phrase. »Und wonach strebte Marietto Risso?«, fragte er unvermittelt, ohne den Blick
     von Ranieri zu wenden. Dieser wich ihm aus und fixierte einen vagen Punkt am Himmel, dann runzelte er die Augenbrauen, als
     überlege er, zu wem dieser Name gehörte. Aber er konnte nicht verhindern, dass der Kommissar ihn vernehmlich schlucken hörte.
    »Bitte?«
    »Ich weiß, dass der Name Ihnen nichts sagt. Das war bloß ein alter Fischer, ein Mann, der nur noch wenige Jahre zu leben hatte.
     Scheinbar Opfer eines Selbstmordes, weil er keine Lust mehr hatte, auf den Tod zu warten. Und wissen Sie, warum er mir eingefallen
     ist? Weil auch er in die Gerechtigkeit vernarrt war. Marietto Risso hat sich nicht selbst umgebracht, sondern wurde ermordet.
     Und sein Mörder läuft noch frei herum. Genau wie der Mörder von Sabrina Dongo. Aber vielleicht sagt Ihnen dieser Name auch
     nichts.«
    |359| Der Minister versuchte, keine Miene zu

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