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Keine Pizza für Commissario Luciani

Titel: Keine Pizza für Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Paglieri
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verziehen, aber der Kommissar bemerkte, unter welcher Anspannung sein Rücken und sein
     Kiefer standen, so dass Ranieri zu keiner Antwort fähig war.
    Marco Luciani stand auf. Er strich mit einer Hand über die Tasche seiner Badehose und kontrollierte, ob die blaue Glasscherbe
     noch da war.
    »Auch ich bin ein gläubiger Mensch, Herr Minister, auf meine Art. Und auch ich habe ein Zeichen erhalten. Ein kleines, unscheinbares
     Kieselsteinchen, das mich auf den richtigen Weg führen wird.«
     
    Während der Kommissar in Badehosen und Sandalen Richtung Dorf davonging, stand Ludovico Ranieri da und starrte seiner langen,
     kerzengeraden Gestalt hinterher. Er dachte, dass sich sein Gast zu weit vorgewagt hatte. Vielleicht verstand er nicht, um
     welch hohen Einsatz er spielte.
    »Der ist gefährlich.«
    Der Minister fuhr erschrocken herum. Belmondo war unbemerkt hinter ihm aufgetaucht.
    »Er ahnt etwas, aber er hat nichts in der Hand. Der Fall ist praktisch abgeschlossen, und er wird nicht weitermachen können.«
    »Doch. Er wird weitermachen. Ich kenne ihn, ich hatte schon mit seinem ehemaligen Vize Giampieri zu tun. Er ist allein, er
     liebt niemanden, ihn interessiert nichts anderes als seine Arbeit und das Bild des unbeugsamen Richters, das er von sich hat.«
    Der Minister seufzte. »Das heißt?«
    »Das heißt, ich warte auf Anweisungen. Sie haben zu entscheiden. Wie immer.«
    Ludovico Ranieri lehnte sich auf die Brüstung der Terrasse und betrachtete das Meer. Die Wellen brachen sich |360| an den Felsen zu seiner Rechten, die Wasserspritzer versuchten, die Klippen zu erklimmen. Um das Meer zu beherrschen, musste
     man es so betrachten, von oben herab, man musste rational bleiben, durfte sich nicht von den Wellen beuteln lassen. Manchmal
     war es aufgewühlt und schäumte vor Wut, manchmal war sein Furor wirklich beängstigend, aber am Ende musste es sich zwangsläufig
     wieder beruhigen, sich in seine natürlichen Grenzen zurückziehen. Er brauchte nur in Sicherheit zu bleiben, bis der Sturm
     sich gelegt hatte, und dann würde er auf dem Gipfel der Klippen erscheinen, mit ausgebreiteten Armen, als wäre er es gewesen,
     der ihn besänftigt hatte. Das Land brauchte Gerechtigkeit und eine sichere Hand, und die Zeit war fast gekommen.

|361| Sechzig
    Marietto
    Ventotene, in der Nacht des 29. Dezember
     
    »Es ist ein Glück, dass du mich gefunden hast. Wie hättest du denn sonst auf die Insel kommen wollen?«
    Getrieben von den vierzig PS seines kleinen Außenbordmotors, schnitt sich das Boot des Kalabresers durch das dunkle Wasser
     und den kalten Wind. Der Mond war fast voll und beschien das Meer und die Silhouette der Insel Santo Stefano, die nur noch
     wenige Minuten entfernt war.
    »Irgendwie hätte ich es schon geschafft.«
    »Nicht, ohne aufzufallen. Darf man jetzt erfahren, was diese Geheimniskrämerei eigentlich soll?«
    »Habe ich doch gesagt. Ich bin gekommen, um ein Versprechen einzulösen, das ich vor vielen Jahren der heiligen Candida gegeben
     habe.«
    Der Kalabreser drehte sich um und schaute ihm in die Augen. »Du bringst mich doch nicht in Schwierigkeiten?«
    »Ich sage es dir noch einmal: nein. Das betrifft nur mich allein. Du sollst mich nur hinbringen, auf dem Boot warten und mich
     wieder zurückbringen. Hundert Euro scheinen mir dafür ein ordentlicher Lohn, auch dafür, dass du keine Fragen stellst.«
    Der andere verzog das Gesicht. »Ich hätte es auch umsonst getan. Schließlich waren wir mal Kameraden. Aber ich brauche das
     Geld wirklich.«
    Marietto bereute, dass er so grob gewesen war. Aber er traute dem Kalabreser kein bisschen, und er wusste nicht, ob sie sich
     tatsächlich nur zufällig begegnet waren. Die Faschisten waren überall, und jeder, auch der eigene Bruder, konnte ein Spion
     sein.
    |362| »Klar. Kameraden. Solange es Mühe, Entbehrungen und Wut zu teilen gab. Aber kaum habt ihr eine Chance gesehen, reich zu werden,
     dachte jeder nur noch an sich.«
    »Ich nicht, Genueser. Ich war immer loyal, das weißt du. Außerdem warst du es, der seinen Anteil nicht wollte, du hast immer
     gemeint, du bist was Besseres als wir anderen.«
    Marietto senkte den Kopf. »Das war es nicht. Sondern … sie ist nun einmal mir erschienen. Mir. Aber das kannst du nicht verstehen.«
    Der Kalabreser zuckte mit den Achseln. »Und ob ich das verstehe. Wir sind alt, wir haben viele Fehler gemacht. Auch ich möchte
     ihr, bevor ich sterbe, gern noch einmal in die Augen sehen und ihre Vergebung

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