Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Keine Pizza für Commissario Luciani

Titel: Keine Pizza für Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Paglieri
Vom Netzwerk:
durch Flehen noch durch
     Drohungen hatte er sich zum Reden bringen lassen.
    Sabrina akzeptierte noch einen Espresso und tastete sich vorsichtig an das Thema heran. Wieder bewegte sie sich durch einen
     Schwarzweißfilm, der auf einem anderen Kontinent zu spielen schien. Nach einer halben Stunde hatte sie jedoch das deutliche
     Gefühl, dass sie im Versteck einer Spinne gelandet war, die sie umgarnte und in ein schleimiges Speichelnetz wickelte. Der
     Kalabreser war ein Mann, der Frauen ohne falsches Schamgefühl zu betrachten pflegte, manchmal schickte sein Blick animalische
     Signale aus, während er sich über den nikotingelben Schnurrbart strich. Sie ließ ihn gewähren, denn ihre Nägel waren scharf
     genug, um dieses Spinnennetz zu durchtrennen, und nachdem sie Fragen zum Leben auf der Insel, zum Fischfang und den Gewohnheiten
     der Fischer gestellt hatte, versuchte sie, das Thema auf das tragische Ende des Bootsführers zu bringen.
    Der Alte lächelte sie an und gab zu verstehen, dass er genau wusste, worauf sie hinauswollte.
    »Mein Gedächtnis ist nicht mehr das, was es einmal war, Signorina.«
    »Aber bei so einem einschneidenden Ereignis … dem Tod eines Kameraden …«
    »Sie sind jung und schön, Sie Glückliche, Sie können sich nicht vorstellen, wie grausam das Alter ist. Manche vergessen sogar
     den Namen der eigenen Mutter, andere wissen nicht einmal mehr, wie eine Frau gebaut ist«, sagte er und starrte schamlos auf
     ihren Busen.
    Sie errötete, dann antwortete sie trocken: »All das, was man im Fernsehen geboten bekommt, dürfte dem Gedächtnis wieder ein
     bisschen auf die Sprünge helfen.«
    |162| Der Kalabreser winkte ab, als wollte er sagen: Vergiss doch die Glotze!, dann kniff er die Augen zusammen und begann sie mit
     seinen Blicken auszuziehen. »Wenn Sie Hunger haben, Signorina, wollen Sie dann lieber einen Teller Spaghetti essen oder eine
     Kochsendung sehen?«
    Sabrina wollte aufstehen. Alter Lustmolch, dachte sie. Ekliger alter Sack. Aber noch bevor ihr perfekt gerundeter Hintern
     sich vom Stuhl gelöst hatte, hielt sie inne. Der Kalabreser war der Einzige, der etwas von der Statue wissen konnte. »Wichtig
     ist nicht, wie du eine Information bekommst, wichtig ist nur, dass du sie bekommst«, sagte ihre Kollegin immer.
    »Tut mir leid, Signor Lorenzo, aber wenn Sie nichts wissen, sollte ich besser nach Rom zurückfahren«, bluffte sie.
    »Wer behauptet denn, dass ich nichts weiß? Vielleicht weiß ich nichts, vielleicht aber doch. Ich brauche nur ein bisschen
     Unterstützung, um meinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen.«
    Sabrina betrachtete ihn. Das war nicht mehr der einstige Maschinist Antonio Lorenzo, er war weder alt noch jung, weder schön
     noch hässlich. Er war nur ein primitives Männchen mit einer Information, die sie brauchte.
    Sie hob eine Augenbraue und öffnete den ersten Knopf ihrer Bluse. »Fangen Sie ruhig an zu erzählen. Je mehr Sie bieten, desto
     mehr biete ich. Wenn ich aber sehe, dass Sie mir irgendwelche Märchen auftischen, dann verschwinde ich auf Nimmerwiedersehen
     durch diese Tür.«
    Der Alte fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Wer den Bootsführer umgebracht hat, das weiß ich vielleicht, vielleicht
     aber auch nicht. Das kann euch aber scheißegal sein. Ich weiß, dass ihr hinter der Statue her seid.«
    Sabrina öffnete den zweiten Knopf.
     
    |163| Sie lief eilig Richtung Hotel, ihre Absätze knallten auf das Pflaster. Nie wieder, dachte sie, nie wieder so etwas. Und wenn
     er weitere hundert Jahre leben sollte, dieses alte Ekelpaket würde immer noch nach Fisch und Dieselöl stinken. Wer weiß, wie
     er vor vierzig Jahren war, bestimmt ein ganzer Kerl, der Frau und Kinder schlug, wenn er welche hatte, und dann aus dem Haus
     lief, zu den Nutten. Sie freute sich schon auf das heiße Bad, mit dem sie die Erinnerung an diesen Nachmittag auslöschen würde,
     und sie freute sich auch auf das Gesicht, das Ludovico machen würde, wenn er hörte, was sie herausgefunden hatte. Sie war
     eine Kopfgeldjägerin. Die beste. Nie hatte eine Definition besser gepasst als diese.
    Als sie später in der mit Schaum gefüllten Wanne lag, betrachtete sie noch einmal das Foto, das sie sich von Fierros Sohn
     hatte geben lassen. Inzwischen kannte sie diese Männer genau. Den harten, unbeugsamen Charakter des Bootsführers. Die zwei
     Brüder aus Ventotene, die klassischen Wasserträger, die jedem Konflikt aus dem Weg zu gehen suchten. Den brutalen Blick

Weitere Kostenlose Bücher