Keiner kuesst so heiß wie du
Vorstellung wurde ihr ganz heiß.
„Und damit haben Sie recht.“
„Es wäre ein bisschen verfrüht, oder?“
„Natürlich. Wir kennen uns ja gerade mal fünf Jahre.“ Als er lächelte, erschien ein Grübchen auf seiner Wange, das die hohen Wangenknochen betonte.
„Sie wissen doch, wie ich das meine.“
„Aber klar. Ein Kuss ist noch kein Grund, um ein ganzes Wochenende miteinander zu verbringen.“
Sie zuckte mit den Schultern. „So in der Art.“
„Wie viele Küsse müssen es denn sein? Drei, vier?“ Er stellte die Frage förmlich, aber seine Augen blitzten vor Vergnügen.
„Ich würde sagen, so um die fünf.“ Sie bemühte sich, ernst zu bleiben und das Spiel mitzuspielen.
„Fünf Jahre und fünf Küsse.“ Jetzt setzte er eine nachdenkliche Miene auf. „Schauen wir mal, was dieser Abend noch bringt.“
Der freundliche Kellner räumte das Geschirr ab und servierte ihnen den Hauptgang, während ein Sommelier Weißwein in zwei Gläser goss. Brooke hatte kaum etwas vom Champagner getrunken. Vielleicht war das ihr Problem. Vielleicht sollte sie mehr trinken, um etwas unbefangener zu werden. Jedenfalls schien der Whiskey bei RJ gestern Wunder gewirkt zu haben. Andererseits war die Aussicht auf vier weitere Küsse viel zu reizvoll, um sich zu betrinken.
Sie sah, wie RJ sie triumphierend anblickte. Diesen Blick kannte sie bereits aus den Sitzungen, wenn er erfolgreich ein Geschäft hatte abschließen können. RJ hasste es zu verlieren. Manchmal warb er der Konkurrenz ein paar kleine Kunden ab, nur weil es ihm höllischen Spaß machte.
Offenbar war sie die Nächste auf seiner Liste. Ihr Blutdruck schnellte in die Höhe. Hatte RJ erst einmal losgelegt, ließ er sich kaum stoppen. „Können Sie sich denn überhaupt eine Auszeit leisten?“
Erstaunt schaute RJ sie an. „Das ganze Durcheinander ist ja genau der Grund, warum ich dringend eine kleine Auszeit brauche.“ Er streckte seine Hand nach ihr aus und berührte zärtlich ihre Finger, mit denen sie den unteren Rand des Weinglases umfasste. Ein kleiner Schauer durchlief sie. „Und Sie sind genau die Ablenkung, die mir im Moment guttut.“
Seine Stimme klang plötzlich rauer, und das Verlangen, das darin lag, war nicht zu überhören. Erwartete er etwa, dass sie heute mit zu ihm ging? Wie hatte sie sich nur in diese Situation bringen können? Dass sie für ihn eine „Ablenkung“ war, hieß nicht zwangsläufig, dass er ihr lebenslang Treue schwor.
Doch schon schob sie diesen Gedanken beiseite, da ihre Lippen vor Erwartung auf den zweiten versprochenen Kuss leicht zu beben begannen. Sie versuchte, sich mit einem Bissen Shrimps abzulenken, doch die Schärfe, die diese auf der Zunge hinterließen, machte alles nur noch schlimmer. „Ein bisschen frische Luft würde uns beiden sicherlich guttun.“ Was für eine dämliche Bemerkung. Eigentlich sollte sie jetzt besonders schlagfertig reagieren. RJ würde sowieso bald herausfinden, dass sie weder attraktiv noch begehrenswert war.
Falls er das überhaupt fand. Vielleicht war sie einfach nur so etwas wie ein „Notnagel“. Selbst eine Assistentin sah plötzlich gut aus, wenn die Welt um einen herum in Schutt und Asche lag.
„Und was denken Sie gerade?“ RJ warf ihr einen tiefen Blick zu, seine blauen Augen funkelten übermütig.
„Ich frage mich bloß, wohin dieser Abend noch führen wird.“
Ein verführerisches Lächeln erschien auf RJs Gesicht. „Irgendwohin, wo es nett ist.“
Es war schon dunkel, als sie an der Promenade des Waterfront Parks entlangflanierten. RJs Apartment war nicht weit entfernt. Zumindest vermutete Brooke das, da er keine Anstalten machte, sie nach Hause zu fahren. Bis jetzt hatte er noch nicht einen Versuch unternommen, sie zu küssen.
Mit jeder Faser ihres Körpers sehnte sie sich danach, von ihm berührt zu werden. Jedes Mal, wenn Brooke glaubte, endlich wäre es so weit, wuchs ihr Verlangen umso mehr. Ein einziger Kuss hatte aus einer fünf Jahre langen Schwärmerei ein leidenschaftliches Feuer entfacht. Und sollte Brooke nicht bald einen zweiten Kuss bekommen, würde sie vermutlich in Flammen aufgehen und verbrennen.
Das Licht des Mondes und der Straßenlaternen betonte RJs markante Gesichtszüge. „Also besteht Ihre Familie nur aus Ihrer Mom?“
„Seit dem Tod meiner Großmutter vor fünf Jahren, ja.“ Den ganzen Abend löcherte RJ Brooke mit Fragen, um sie besser kennenzulernen. Allerdings ging er dabei nicht aufdringlich vor und schien aufrichtig
Weitere Kostenlose Bücher