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Keiner wird weinen

Keiner wird weinen

Titel: Keiner wird weinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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dem Mädchen.
    »Sonja … Mein Gott …«
    »Ist das wirklich Skwosnjak, Genosse Major?« hörte Uwarow jemanden hinter sich fragen.
    Er drehte sich um. Neben ihm stand ein ihm unbekannter junger Leutnant, blutjung, rothaarig, das Gesicht voller Sommersprossen.
    »Ja, das ist Skwosnjak«, bestätigte Uwarow.
    »Genosse Major, dem Kind hier geht es schlecht, vielleicht ein Schock oder ein Nervenzusammenbruch. Außerdem heult eine Frau
     neben der zweiten Leiche. Der Mann trägt keine Dokumente bei sich, nehmen wir ihn erst mal als unbekannt ins Protokoll?«
    Wahrscheinlich habe ich auch einen leichten Schock, dachte Uwarow und schaute zur zweiten Leiche.
    Eine junge Frau und ein etwa zehnjähriges Mädchen saßen Arm in Arm auf dem Asphalt und beweinten den zweiten Toten.
    Unbekannte männliche Person um die Dreißig, klein, schmächtig, registrierte Uwarow mechanisch.
    »Vera! Sonja! Lassen Sie mich doch durch!« Ein sehr blasser junger Mann mit zerschundenem Gesicht und in zerrissenem Jackett
     versuchte sich von einem dicken Milizoberleutnant loszureißen.
    Die Stimme des Mannes klang heiser und schwach, er konnte sich kaum auf den Beinen halten.
    »Das ist nicht erlaubt«, brummte der Oberleutnant und hielt seine Schulter fest umklammert. »Hörst du, was ich sage, das ist
     nicht erlaubt! Außerdem bist du angetrunken.«
    »Ich bin nicht betrunken, lassen Sie mich durch, ich muß die beiden von hier wegbringen. Es geht ihnen schlecht, allen beiden.«
    »Na dann – der Krankenwagen ist schon unterwegs, hat alles seine Ordnung.«
    Uwarow ging zu der Frau und fragte sie leise: »Vera Saltykowa?«
    Sie sah ihn aus verweinten leuchtendblauen Augen an.
    »Ja.«
    »Major Uwarow. Brauchen Sie oder das Kind medizinische Hilfe?«
    »Nein, danke … Alles in Ordnung.«
    Er half beiden aufstehen und bemerkte, daß das Kind eine Faust an die Brust gepreßt hielt.
    »Wie heißt du?« fragte er.
    »Sonja«, antwortete das Mädchen schluchzend.
    »Kann ich mal sehen, was du da in der Hand hast?«
    Sie öffnete die Faust. Uwarow erkannte die antike goldene Taschenuhr.

Epilog
    »Příští stanice Karlštejn«, sagte der Fahrer fröhlich ins Mikrofon.
    Die morgendliche S-Bahn aus Prag war fast leer. Es fiel ein warmer Nieselregen. Der Zug kam schwerfällig zum Halten, und aus
     dem letzten Wagen sprangen Anton und Vera auf den Bahnsteig.
    Die bonbonbunten Lichter der Ampel spiegelten sich auf dem nassen Asphalt. Die S-Bahn verabschiedete sich im traurigen Baß
     und fuhr ab.
    Sie verließen die Landstraße und liefen lange einen gewundenen Pfad einen steilen Hügel hinauf. Unter ihnen lag die gemütliche,
     verschlafene Stadt. Das kleine, einstöckige Haus stand auf einer Lichtung, umgeben von dreihundertjährigen ausladenden Eichen.
     Stellenweise fehlten Dachziegel, von den Wänden bröckelte der Putz, die Fensterläden waren zugenagelt. Der Schlüssel lag in
     einer schmalen Vertiefung zwischen Wand und Sims unter einem Fenster, das zur Heiligkreuzkapelle hinausging. Das rostige Schloß
     ließ sich schwer öffnen. Schließlich gab die Tür mit lautem Quietschen nach.
    Im Haus roch es nach Feuchtigkeit, es war dunkel und gruselig.
    »Gib mir die Hand, und schau, wo du hintrittst«, sagte Anton.
    Die Bodentreppe war wacklig und knarrte. Die große Sperrholzkiste mit der Aufschrift »Mokka« stand in der Ecke. Unter der
     Kiste lag ein kleiner Aktenkoffer. Er war nicht verschlossen. Die blitzenden Schlösser klickten weich.Vera schrie leise auf. Im Aktenkoffer befanden sich dicke Packen Hundertdollarnoten, mit Banderolen umwickelt.
    »O mein Gott …«, hauchte Anton und starrte fassungslos auf das Geld.
    Vera brachte kein Wort heraus.
    Schweigend stiegen sie die Treppe hinunter, schlossen das Haus ab und gingen zurück zum Bahnhof. Ein bunter Ikarusbus kam
     ihnen entgegen, eine Gruppe amerikanischer Touristen lief vorbei – muntere rotwangige Greise und Greisinnen erörterten die
     Preise hier und die Besonderheiten der Landschaft.
    »Ach ja«, besann sich Anton, als sie auf dem alten Prager Bahnhof ausstiegen, »wir sollten ein paar Hunderter tauschen und
     in einem guten Restaurant frühstücken.«
    Sie setzten sich auf eine feuchte Bank in der Grünanlage vorm Hauptbahnhof. Anton schaute sich vorsichtig um, öffnete den
     Koffer und nahm ein Bündel Geldscheine heraus. Darauf stand die Summe: 10   000. Er riß die Banderole auf, zog mehrere Scheine heraus und legte die übrigen zurück in den Koffer.
    Als er die Scheine

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