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Keinesfalls Liebe (German Edition)

Keinesfalls Liebe (German Edition)

Titel: Keinesfalls Liebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoi Karampatzaki
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Hehl aus meiner Beunruhigung.
Carlos kehrte ins Hier und Jetzt zurück; er blinzelte, hob er den leeren Blick und bemerkte mich endlich. Seine Augen wurden wieder klar.
    „Apfelsaft“, sagte er trocken, ohne jede Regung. „Ob du’s glaubst oder nicht.“
    Ich zögerte, aber dann setzte ich mich bei seinen angezogenen Beinen auf das Sofa. „Darf ich einen Schluck haben?“
    „ Si, si, amigo .“ Er reichte mir die Flasche, und ich probierte eilig. Tatsächlich – Apfelsaft. Ich nahm noch einen Schluck, bevor ich sie ihm zurückgab. Er leerte sie zur Hälfte und stellte sie mit einem missgelaunten Grunzen auf den niedrigen Wohnzimmertisch.
„Was ist denn los?“, fragte ich sanft. Meine Stimme bebte, weil ich mir solche Sorgen um ihn machte.
    „Ach, nichts ist“, sagte er gereizt und mit einer ungeduldigen Grimasse. Doch ihm schien aufzufallen, dass er mich verletzt hatte, und er setzte sich mit einem Seufzen auf und wie ich an die Kante des Sofas. Sein Oberschenkel drückte sich an meinen. „Tut mir leid, Jo. Ich hab nicht das Recht, dich so anzufahren.“ Noch einmal seufzte er. „Du kannst ja nichts dafür.“
    „Wofür?“, flüsterte ich und nahm nach einem Zögern seine Hand. Er fuhr leicht zusammen, entzog sie mir aber nicht. Stattdessen grummelte er etwas in seinen nicht vorhandenen Bart.
    „Wie bitte?“, fragte ich.
    Ungeduldig löste er sich von mir und stand auf. Wieder spürte ich diese Traurigkeit aus ihm herausbrechen. Diese Traurigkeit, die sich mit Wut, Scham, Angst und Verzweiflung mischte und in mir die Frage aufkommen ließ, was ihn so quälte.
    Carlos drehte seine Runden im Raum. Irgendwann blieb er urplötzlich stehen, raufte sich das Haar und ließ die Hände sinken, bevor er fragte, die Augen fest auf meine gerichtet: „Warum, um alles in der Welt, begleitest du morgen diesen Aufreißer? Celine hat’s mir erzählt.“
    „Meinst … du Daniel?“
    „ Si, Daniel.“ Er sprach es in flottem Spanisch aus.
    Ich war überrascht, dass es ihn zu beschäftigen schien, und fragte mich, was er damit zu tun hatte und bezweckte. Und warum ihn meine behutsame Frage nach seinem Seelenwohl darauf brachte.
    „Um, ähm, Fußball zu spielen, natürlich“, sagte ich rasch und faltete die Hände im Schoß. Ich wollte nicht, dass er sah, wie sie zitterten.
Aber Carlos glaubte mir gar nicht. Er hob die Augenbrauen, machte einen Schritt auf mich zu und platzte mit kalter Stimme damit heraus.
    „Du bist schwul, hab ich recht?“
    Dieser Satz ließ mich innerlich erfrieren, weil sich eine Erinnerung, die ich bis gerade eben erfolgreich verdrängt hatte, vor mein geistiges Auge schob. Carlos und ich in der Stadt, beim Einkaufen, wie wir zwei sich eng umschlungen küssenden Männern begegnen. Carlos, wie er gehässig lacht und etwas brüllt, irgendetwas mit widerlich und Schwuchtel und Prügel , und mein Körper wurde noch kälter, als ich Carlos‘ lauernden Blick auf mir bemerkte.
    „Gute Nacht, Carlos“, wisperte ich mit zitternder Stimme, stand auf und schritt schnell an ihm vorbei.
    „Wie hast du es entdeckt?“
    Dieser Satz ließ mich innehalten. In seiner Stimme klang so viel Sehnsucht nach Antwort, so viel nackte Angst mit, dass es mir fast das Herz brach. Ich hörte es beinahe in meiner Brust knacksen.
Ich hatte die Klinke schon in der Hand, aber ich ließ sie los und drehte mich zu Carlos um. Sein Blick, der schreckliche seelische Qual ausstrahlte, bohrte sich flehend in meinen und raubte mir den Atem.
    „Ich … ich habe geschwärmt. Für einen Typ aus der Nachbarschaft“, sagte ich leise. „Ich hab mir vorgestellt, wie es wäre, ihn zu küssen. Seitdem ist das andauernd so. Immer, wenn ich einen Mann sehe, der mir gefällt – ich sehe ihn nackt vor meinem inneren Auge, ohne dieses Bild bewusst heraufzubeschwören und ohne mich bewusst dafür zu entscheiden. Und all die hübschen Frauen um mich herum – ich hab sie wahrgenommen, aber eben nicht so wie Männer.“
    Carlos schluckte hörbar. Er wirkte so verloren, wie er da inmitten des Wohnzimmers stand, die Hände an seinen Seiten zu Fäusten geballt.
    „Kann … kann man etwas gegen Liebe tun?“ Da lag so viel ohnmächtige Hoffnung in seiner Stimme, dass mir endlich klar wurde, nach einer gefühlten Ewigkeit, was seine Fragen zu bedeuten hatten, und ich erstarrte.
    „Carlos“, presste ich schließlich hervor, als es mir wie Schuppen von den Augen fiel. Ich war sofort bei ihm, ich stürzte mich regelrecht auf ihn und packte ihn

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