Keks & Drugs & Rock 'n' Roll
heiße Schokolade, was sonst, und ein Apfelkuchen. Den Rest hole ich mir aus der eigenen Reserve. Die Frau verschwindet in demselben Dreh, in dem sie gekommen ist, hinter dem Tresen. Die Menschen betrachten meinen Rucksack, meine Mokassins, mich vom Kopf bis zum Fuße, schauen mir in die Augen und begrüßen mich mit einem freundlichen Lächeln: „Hallo, wie geht’s?“ Sie schieben ihre Omelette rein und gehen arbeiten...
Das war laut meiner Landkarte die letzte Siedlung vor dem Park und von hier aus müsste ich mit dem nächsten Auto gleich zum Yosemite gelangen. Aber nein!
Die uralte Frau, die mich mitnimmt, fährt nur zehn Minuten zu einem Ort, den nur die Leute dieser Gegend kennen. Die Landschaft öffnet sich vor uns so weit, dass die Serpentine seine Kurven verliert und schnurgerade über die wunderbaren flachen Hügeln weiter reitet. Ich bekomme zum Abschied von Jolanna einen Schmatzer auf die Wange.
So stehe ich in diesem glückseligen Vormittag und versuche nachzurechnen, wie alt diese, aus Jugoslawien hergezogene nette Omi sein muss, denn sie sagte, dass sie die K.U.K. daheim als Kind noch miterlebt hatte. Über siebzig Jahren wohnt sie schon hier, wie sie es sagte, und sie fühlt sich immer noch als Jugoslawin. Im Gegensatz zu mir, der sich schon nach drei Monaten hier am liebsten als einheimisch betrachten möchte, obwohl es für ein Grünhorn noch viel zu entdecken gibt.
Nich t so Paul; der Kabelfernseh-Manager, der mich endlich
durch den Yosemite
kutschiert, kennt dagegen den ganzen Park wie seine Westentasche. Kaum fahren wir in den Park, ändert sich das Bild. Soweit die Augen blicken können, rund herum nur Granitberge, in deren Rissen immergrüne Bäume hartnäckig wurzeln. Wunderbar! Das kraftvolle Leuchten des Granits wird hier und da von dem Grün der Bäume und dem klaren Blau einiger Seen durchbrochen. Das bisschen Braun der wenigen Baumstämme ist nur aus der unmittelbaren Nähe auszumachen. Die Sonnenstrahlen verstärken nur das Leuchten des weißen Granits.
Paul bleibt an jedem Parkplatz stehen und erklärt mir die G egend.
„Das da drüben ist der ‘Halb Dom“, zeigt er auf eine riesen Granitkuppel, die in der Mitte senkrecht durchschnitten ist. „Der Liebling der Freikletterer. Ja, in der Saison schwärmen da so viele Klettertypen hoch wie die Fliegen. Ja, alle denken von sich, was für große Kletterer sie wären. Und dabei fallen öfter mal welche herunter. Aber ich, ich habe dort schon wirklich gute Typen, mit absolut sicheren Händen und Füßen gesehen.“
Wir bleiben an einem kristallklaren See, hinter dem der Berg wie ein grüngezackter Milchglasguss aussieht, stehen. Paul ist froh, mir alles zeigen zu können.
„Wenn ich jetzt allein wäre, wäre ich schon längst durch den Park gerast.“
Ich wasche mein Gesicht und trinke aus dem sauberen Wasser. Schmeckt gut!
„Ja, gut Mann! Das ist das , was ich mag, die Natur zu genießen!“ ruft Paul. „Drum bin ich gerade unterwegs, vier Tage angeln gehen. Ich brauche jetzt mal eine Abwechselung.“ Plötzlich wechselt er das Thema. „Was meinst du über Frauen?“
„Hm...“
„Warst du schon mal verheiratet?“
„Ja, ich bin...“
„Ich war schon zweimal, und bin gerade das zweite Mal geschieden worden. Die erste Ehe hatte ein Jahr lang gehalten, die zweite vier. Ja, so ist es. Am Ende sprachen wir nicht mal miteinander. Da gehe ich lieber allein angeln. Weist du, ich bin jetzt Sechsundvierzig und ich habe das Gefühl, ich kann nie wieder mit einer Frau zusammenleben. Frauen sind böse.“
„Warum urteilst du so pauschal? Schau, bei dir ist alles noch so frisch. Und darüber, was du falsch gemacht hast, willst du nicht nachdenken?“
„Das ist auch nicht nötig. Mit den Frauen bin ich nun fertig. Es wäre gut, wenn ich wieder neu anfangen konnte, aber ich weiß, ich gelange wieder nur an dem Punkt, wo ich jetzt bin.“
„Ach, das glaube ich nicht. Ich bin sicher, wenn du über deine eigenen Fehler nachdenkst, und bei der Nächsten ihre eigene Sachen, die dir missfallen von Anfang an ansagst, wird alles viel besser. Ich glaube sogar daran, dass du mit einer Frau ewig glücklich sein kannst, wenn du es schaffst ihr gegenüber ehrlich zu bleiben, und sie ebenfalls.“
„Gibt es überhaupt so was“ fragt er hoffnungslos?
„Na ja, wenn du nicht daran glaubst, dann nicht.“
„Ich kann leider den Frauen nicht mehr glauben.“
„Okay, klar, bei dir ist noch alles so frisch. Warte bis deine
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