Keks & Drugs & Rock 'n' Roll
aber ich weiß schon aus einem bunten Prospekt seit gestern, dass der reitende Indianerhäuptling aus dem weißen Granitberg gehauen sogar die Cheopspyramide bei Gise mit einem Kopf übertrumpfen wird. Und dieser federgeschmückte Kopf misst siebenundzwanzigundeinhalb Meter. Ich kann mir schon die wissenschaftlichen Auslegungen im Jahre Fünftausendnochwas gut vorstellen. Die ‘Urahnologen’ werden erforschen, dass diese Zivilisation hier einen reitenden Gott angebetet und ihm, in Plasteverpackungen, Hamburger und Pommes frites genannte Opfer gebracht hatte. Und aus gut identifizierbaren Jointresten werden sie ableiten; der Name ‚Crazy’ kommt von dem Zustand, welchen das Marihuanakraut, verabreicht durch die Priester der McDonald's und Burgerking Tempel, bei den Teilnehmern des Kultfestes bewirkt hatte...
„Wir sind da“ reißt mich Rich’ aus meinen Gedanken. Vor einem Hügel stehen um die fünfunddreißig Wagenhäuser, die so dreieinhalb Meter breit und zwölf- dreizehn Meter lang sind. Vor dem einen steigen wir aus.
„Das ist meins“ sagt Rich’, „ Jimmy und Sherlyn wohnen dort unten.“
Als wir ins Haus gehen, verstehe ich überhaupt nichts mehr. Um einen runden Eisenofen sitzen nämlich schon drei Leute. Eine lustige omahafte Indianerin und zwei ältere weiße Männer. Der eine hat einen wunderschönen goldgelben Bart. Er ist Rich s Vater und Pole. Der andere hat auch blaue Augen, aber er ist frisch rasiert und Deutscher. Er ist der frischgebackene Lebenspartner der Indianerin. Ich verstehe trotzdem nicht, wessen Gast ich eigentlich bin.
Draußen ist es schon kalt, um den Gefrierpunkt. Drinnen ist es gemütlich um den Ofen herum. Gert, der Deutsche schenkt mir dampfenden dünnen Kaffee aus einer verbeulten Aluminiumkanne, die auf dem Ofen steht, ein. Gestreckt mit Milch bekommt er mir sehr wohl.
Die Eingangstür befindet sich in der Mitte der Längsseite des Trailerhauses und öffnet sich in die Küche, die ein Drittel des Innenraumes einnimmt. Links von der Tür steht der Ofen, rechts von ihr eine große Lade voller Decken und Schlafsäcke. Die restlichen zwei Meter des Raumes dahinter sind mit, von allen möglichen Stoffen zugedeckten Matratzen ausgelegt, wo eine beliebige Zahl von Leuten Platz hätte. Gegenüber dem Ofen steht eine schmale, betagte Kredenz voller Besteck und Geschirr, neben ihr ein Kühlschrank, ein einfacher Holztisch, zwei bequeme alte Stühle und eine Katze, die zwischen, auf den Möbeln platzierten Spagetti, Zucker, Kaffee, Honig und Brot herumschnuppert.
Der alte Gert und seine Freundin Pee ziehen sich bis auf die Unterwäsche aus und legen sich zum schlafen auf die Matratzen. Um unseretwegen machen sie sich keine Rübe. Wir schwatzen noch ein Weilchen. Rich s Vater, Jan, erzählt, dass er selbst bis vor kurzem mit seiner zweiten Frau im Reservat gelebt hatte. Sie war Indianerin. Gerd hatte auch bis vor einigen Jahren dort gewohnt, aber er hat gerade heute seine Freundin, Pee von dort abgeholt. Sie schlafen nur eine Nacht hier, denn morgen wollen sie in der Nähe ein Haus für Pee inspizieren. Also, das Bild wird immer klarer: Dieses Trailerhome hier wird von Rich für zweihundert Dollar gemietet, Pee und Gerd sind, wie ich, für eine Nacht Gast, und Jan wohnt in einem anderen Kasten.
In diesem Kasten führt ein schmaler Gang nach hinten, zu Rich s Zimmer. Vom Gang aus öffnen sich noch zwei Türen nach rechts, eine ist die Badezimmertür, die andere führt in „mein Revier“. Sie drücken mir, nachdem sie sich herzhaft über meinen dünnen Schlafsack amüsiert haben, einen Berg Überdecken in die Arme.
„In deinem Schlafsack wird e s so kalt, dass der Kaffee in dir friert, und morgen früh wirst du steif sein, und wenn du dich dann beugen willst, ijjij..., zerbrichste wie ein Eiszapfen, hihi...“ sagt Gerd mit gespielt weiser Miene und zerknackt einen trockenen dünnen Ast.
Er hatte Recht, als ich dann früh am Morgen aus meinem zigschichtigen Gemach krieche, sind die Pfützen draußen mit feiner Eishaut überzogen. Ich bin jedoch viel zu eitel, um die Riesenstiefel von Quintin anzuziehen, so muss ich meine Füße ständig in Bewegung halten, sogar in Richards unbeheiztem, winddurchlässigen alten Geländewagen, mit dem wir nach Custer fahren, um das neue Haus von Pee anzuschauen. Wir schauen nicht nur, wir helfen das kleine Zweizimmerholzhaus mit Bad und Küche gleich einzurichten. Gerd hatte an seine riesen PickUp-Schrottlaube einen großen mit Draht
Weitere Kostenlose Bücher