Keks & Drugs & Rock 'n' Roll
Moorcroft zurück“ sagt das Mädchen. „Aber fahre nicht wieder an ihm vorbei.“
„In der Zeit, in der du von dort gekommen bist, könntest du schon bequem am Devils Tower sein“ sagt eine andere und alle wiehern erneut fröhlich auf.
Wieder eine andere entdeckt inzwischen an dem Kakaoautomaten, dass da irgendwas nicht in Ordnung wäre. Sie bittet um meinen halbvollen Becher.
„Bitte , nimm dir eine Cola, oder was du möchtest dafür. Und entschuldige, der Kakao war nicht mehr gut.“
„Warum, er schmeckt mir doch.“
„Zu wenig Zucker drinnen. Also, nimm dir mein Herr, bitte etwas anderes.“
Ich lasse mir meine Tasse wieder geben. Sie entschädigen mich trotzdem mit e inem Tee.
„Hat dir der Kakao wirklich geschmeckt?“ fragt die Kassiererin mit entschuldigender Neugier in ihrer Stimme, bevor ich gehe.
„Klar.“
„Wenn du möchtest, kannst du noch trinken, soviel du willst. Wir dürfen ihn so nicht mehr verkaufen. Er entspricht nicht mehr uns eren Vorschriften.“
Hurra, es leben die strengen Vorschriften! Ich mag ‘s sowieso nicht, wenn alles mit soviel Zucker vollgepumpt ist. Drum trinke ich einen Becher gratis... und noch einen. Sogar meine Reserveflaschen fülle ich mit dem ‘minderwertigem’ Getränk auf, damit es bei jedem Schritt gleichmäßig gluckert. Während ich die Straße ansteuere, überlege ich mir, ob ich weiter nach Yellowstone, oder zurück nach Moorcroft trampen soll?
Was soll ich tun? Von Moorcroft bis Devils Tower sind es noch satte vierzig Meilen. Das schaffe ich vor der Dunkelheit nicht mehr. Wenn ich weiter fahre, kann ich den Devils Tower nicht sehen, aber morgen vielleicht schon im Yellowstone sein. Dann weiter nach Utah, Colorado und Kalifornien...
„Schluss mit dem Hin und Her. Hör auf zu zögern! Wenn du jetzt den Weg verkürzend, durch das Gras latschend den Fahrdamm erreichst, entscheidest du dich sofort.“
Der erste Schritt übern Beton und ich weiß es: Zurück!
Und ich hatte mich richtig entschieden. Natürlich, ich werde nie erfahren, was wäre, wenn ich in die andere Richtung ginge. Die Stimme aber in mir sagte: „Jede Entscheidung ist richtig, wenn du dahinter stehst.“
Es ist halb Sechs und ich stehe vierzig Minuten vor der Dunkelheit voll hinter meiner Entscheidung. Nachts möchte ich nicht trampen. Also mal sehen, wie weit ich es heute noch schaffen kann. Aber schau da, ein Auto und es hält sofort an.
„Jimmi“.., „Richard“.., „Sherlyn“ sagen die junge Indianerin und die beiden Indianer, während sie fröhlich aussteigen, um für mich und meinen Rucksack im Hinterteil des ziemlich neuen kirschr oten Zweitürer Chevy Platz zu machen. Hm, das ist ja nett.
Aus dem Radio qualmt Country Musik, in meine Nase steigt – aha – süßer Rauch und wir beginnen fröhlich zu schwatzen. Ich erzähle, bis zu welcher Ausfahrt ich fahren will. Sie fahren auch bis dorthin. Ich möchte dann dort links nach Norden weiter. Sie auch! Ich fahre dort zum Felsen... SIE AUCH! „Was für eine Überraschung“ sage ich. „Was für eine Überraschung“ sagt Jimmi, der Fahrer mit den schwarz glänzenden langen Haaren. Wir lachen alle fröhlich wie über einen gut gelungenen Witz, was uns das Gefühl gibt, wir kennen uns schon länger. Sie erzählen über ihre Kindheit im Reservat...
„Warum wohnt ihr nicht mehr dort“ frage ich?
„Schau“ sagt Sherlyn, „wir sind zwanzig Jahre alt und dort gibt es keine Arbeit, nur viel Gewalt.“
„Du kannst dir nicht vorstellen, wie beschissen es dort ist“ schaut mich Richard mit seinen großen graublauen Augen an. „Du fühlst dich keine Minute in Sicherheit.“
„Die meisten Leute trinken zu viel, und nehmen harte Drogen, und prügeln sich“ ergänzt Jimmi. Richard holt einige Bilder aus seiner Geldbörse und zeigt mir, was für ein großes Haus seine Familie im Reservat hinterließ.
Wir biegen noch im Hellen von der Neunziger ab, aber bevor wir unser Ziel erreichten, beginnt es dunkel zu werden. Ein Wettrennen mit der Dunkelheit auf einer kurvenreichen schmalen Straße. Es ergreift uns eine kribbelnde Aufregung, als wir den aus dem Wald emporschießenden Felsen in der Weite erblicken. Der vierhundert Meter große Koloss sieht aus, als wäre er der Stumpf eines unvorstellbar hohen abgesägten Baumes. Im Wettrennen ist die Dunkelheit der Sieger, aber wir gewinnen damit. Als wir mit einem großen Bogen von Osten her am Parkplatz ankommen, taucht die Sonne gerade hinter dem
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