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Kellerwelt

Kellerwelt

Titel: Kellerwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niels Peter Henning
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entscheiden. Er
wandte sich nach rechts und marschierte los. Es dauerte nicht lange, dann
mündete der Korridor in einen anderen Korridor ein.
    Er schaute um die Ecke.
Zuerst in die eine, dann in die andere Richtung. Er sah nichts. Nur einen
weiteren leeren Korridor mit Pfützen, Dreck und Finsternis. Keine Wegweiser,
keine Hinweisschilder.
    Also entschied er sich für
die andere Richtung. Er ging zurück, vorbei an der Tür, hinter der er
aufgewacht war. Dann weiter, bis er erneut eine Einmündung erreichte. Auch hier
schaute er in beide Richtungen. Wieder nichts. Wieder keine Hinweisschilder,
wieder keine Wegweiser. Nur das Übliche: Dreck, Feuchtigkeit, Bernsteinlicht.
    Was war das hier für ein
Gebäude? Es musste doch irgendwelche Hinweisschilder geben, oder nicht?
Zumindest die Fluchtwege hätten ausgeschildert sein müssen. Grüne Schilder mit
Strichmännchen, die auf ein weißes Rechteck zuliefen. Oder Schilder, die auf
Feuerlöscher hinwiesen. Irgendetwas in dieser Art. Doch hier gab es keine
Schilder. Hier gab es nichts außer Dreck.
    Hatte der Bauherr auf die
Schilder verzichtet? Waren sie ihm zu teuer gewesen? Oder lief er in einer nur
halb fertig gestellten Bauruine herum? Wenn ja, was tat er dann hier? Und wo
sollte sich diese Bauruine befinden? Er erinnerte sich nicht daran, jemals von
einer solchen Ruine Notiz genommen zu haben.
    Nein, er durfte sich nicht
mit diesen Fragen aufhalten. Er musste hier raus, ob mit Hinweisschildern oder
ohne. Also marschierte er weiter. Er hielt sich links und wandte sich noch
einmal nach links. Er tat dies ohne besonderen Grund, sondern nur, weil es ihm
gerade in den Sinn kam. Hier musste doch irgendwo der Ausgang sein.
    Er hatte es irgendwie in
dieses Gebäude hinein geschafft, also würde er auch wieder einen Weg nach draußen finden. Schließlich konnte man sich in einem Keller nicht
verirren. Zumindest nicht, soweit er sich erinnerte.
     
    Eine Weile später änderte er
seine Meinung: Man konnte sich durchaus in einem Keller verirren. Zumindest
hatte es ihn nicht die geringste Mühe gekostet, sich hoffnungslos zu verlaufen.
    Er fragte sich, wie lange er
nun schon durch die Korridore irrte. Er warf einen Blick auf sein Handgelenk.
Keine Uhr. Das fand er seltsam. Hatte er nicht immer eine Uhr getragen? Er
wusste es nicht.
    Seine Armbeuge juckte. Er
rieb über den Stoff seiner Jacke und ging weiter. Anfangs hatte er Vorstöße in
alle möglichen Richtungen gewagt. Er hatte Abzweigungen ausprobiert und war
dann wieder zu seinem Ausgangspunkt zurückgekehrt. Das hatte funktioniert, so
lange er sich an den Rückweg erinnern konnte. Doch es hatte ihn keinen Schritt
vorwärts gebracht. Bis auf eine Sackgasse hatte er überhaupt nichts gefunden.
Die Korridore führten einfach weiter - und immer weiter. Und überall sah er nur
Dreck und Verwahrlosung.
    Dann, irgendwann, hatte er die
Orientierung verloren. Anfangs war er kurz in Panik geraten, denn der kleine
Raum mit der Pfütze darin stellte für ihn einen ruhenden Punkt dar - wie eine
Konstante in einer Reihe von Zufallszahlen, die sich ständig veränderte. Doch
seine Panik war schnell verflogen. Ob er sich in der Nähe des Raums befand oder
nicht - es spielte keine Rolle. Er fand den Ausgang nicht.
    Er fand überhaupt nichts.
    So hatte er begonnen, ohne
Plan und ohne Konzept durch die Korridore zu irren. Erreichte er Gabelungen,
Abzweigungen oder Einmündungen, so wählte er seine Richtung willkürlich.
    Dabei hatte der Drang zur
Eile immer weiter nachgelassen. Der Drang hatte nur zugenommen, wenn er wieder
zu seinem Startpunkt zurückgekehrt war. Zuletzt war er beinahe hysterisch
geworden. Um ein Haar hätte er sich sogar in die Hose gekackt. Blieb er jedoch
in Bewegung, dann machte ihm der Drang weniger zu schaffen. Natürlich wollte er
dann immer noch so schnell wie möglich raus aus diesem Keller, doch er
fürchtete sich nicht mehr davor, jeden Augenblick erwischt zu werden. Solange
er nicht stehen blieb, konnte ihn sein Verfolger nicht aufspüren. Zumindest
nahm er das an.
    Und auch seine Kopfschmerzen
gaben allmählich Ruhe. Sie hatten sich in seinen Hinterkopf zurückgezogen. Dort
brummten sie noch immer vor sich hin, doch seine Gedanken klarten weit genug
auf, um einige Überlegungen anzustellen.
    Er erinnerte sich nicht an
seinen Namen. Egal, wie sehr er sich anstrengte - er konnte sich einfach nicht
erinnern. Er erinnerte sich an überhaupt nichts. Welche Frage er sich auch
stellte, sein Gehirn antwortete mit

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