Kells Rache: Roman (German Edition)
strömten aus Skandas Händen, dann öffnete er den Mund, und sie strömten auch aus seinem Hals, fegten an den erschreckten Seelenfressern vorbei, die auf die Knie sanken, in Verteidigungshaltung, als Graal sich plötzlich umdrehte. Jetzt erst bemerkte er, was da vorging. Die Erwartung in seiner Miene verwandelte sich in Furcht. Seine Augen verdunkelten sich, sein Mund öffnete sich, um zu schreien, aber die Insekten strömten aus, über das Plateau und über Kell, der in Panik geriet, sich in seinen Fesseln wand, während Würmer, Maden, Kakerlaken und Wespen über ihn hinwegströmten, ihn mit ihrem grässlichen Lärm und ihrer Säure zu ersticken drohten und …
Kell blinzelte. Die Golddrähte fielen ab, wurden von Insekten gefressen.
Kell blickte hinab, auf Ilanna, die er mit seinen mächtigen blutüberströmten Händen hielt. Langsam hob er den Blick und sah die Seelenfresser und Graal, die ihn anstarrten.
Skanda tanzte derweil weiter, einen traurigen Tanz, während nach wie vor Insekten aus seinem Mund strömten. Die nackten Füße des kleinen Jungen klatschten beinahe kläglich auf dem glatten Boden. Graal deutete auf Kell. »Tötet ihn!«, schrie er mit einer plötzlichen, fast wahnsinnigen Wut. Die Seelenfresser sprangen auf und griffen Kell an. Er schwang Ilanna, schlug in einem Funkenregen die beiden Schwerter beiseite und trieb die beiden Mörderinnen zurück.
Dann trat Kell einen Schritt vor und senkte den Kopf. »Ich bin Kell. Und ich bin verdammt sauer!«
Die Seelenfresser griffen erneut an, aber Kell bewegte sich mit beeindruckender Geschwindigkeit, war ein Schemen, während er ein ganzes Zeitalter von aufgestauter Wut und Frustration in wenigen Herzschlägen losließ. Schwerter prallten gegen Ilanna, wurden abgewehrt, und die Axt sang, als sie nach Tashmanioks Hals schlug. Aber die Seelenfresserin sprang zurück, schnell, zu schnell. Sie fuhr ihre Reißzähne aus, ihre Krallen wurden lang, und man konnte das Ticken der Zahnräder und der Uhrwerkmechanik hören. Sie griff Kell an, fauchte wütend und wurde von der flachen Seite von Ilanna abgefangen. Aber sie stemmte einen Fuß zwischen sich und die Axt und stieß sich ab, rollte davon, während Ilanna einen Fingerbreit an ihrer Kehle vorbeizischte. Dann griff Shanna an, schlug mit ihrem Schwert zu und versuchte, Kell mit ihren Klauen die Augen auszukratzen. Er stolperte zurück, und sie griff weiter an, fauchend und spuckend. Kell musste weiter zurückweichen, bis die Felswand ihm Einhalt gebot. Er kämpfte ein kurzes, wütendes Gefecht, während die Axt und die Schwerter in einem misstönenden Klirren von Stahl sangen. Kell duckte sich unter einem Schwerthieb weg, stieß mit der Axt zu, aber Shanna verlagerte rasch ihr Gewicht und wich dem Schlag aus. Tashmaniok näherte sich Kell von der anderen Seite. Er schwitzte mittlerweile und wurde sichtlich langsamer. Der alte Krieger schlug mit der Axt nach dem Gesicht der Seelenfresserin, aber sie wich mit Leichtigkeit aus.
»Du wirst langsam, alter Mann«, verhöhnte ihn Tashmaniok.
»Du wirst sterben, alter Mann«, fügte Shanna lachend hinzu.
»Danach werden wir deine Enkelin fressen«, erklärte T ashmaniok ohne eine Spur von Humor. Sie schwitzte nic ht, ja, sie keuchte nicht einmal, zeigte keinerlei Anzeichen von Ermüdung. Kell dagegen war vollkommen erschöpft. Er war über und über mit seinem eigenen Blut bedeckt, hatte überall am Leib Schnittwunden von den Drähten, und sein Schweiß brannte in seinen vielen Wunden und steigerte seine Wut. Aber die Vachine-Killer hatten recht. Er war alt, und er war müde, und er wurde langsamer. Wut und Blutrunst hielten nur eine gewisse Zeit an. Kell hatte nur noch Minuten, vielleicht sogar nur Sekunden zu leben. Sie wussten es. Und er wusste es auch.
»Fang auf«, sang Skanda, der zwischen den beiden Seelenfressern stand und ihm den zweischwänzigen Skorpion zuwarf. Kell versuchte auszuweichen, aber das Insekt landete leicht auf seiner Brust, unmittelbar unter seinem Hals, und bevor er etwas tun konnte, bogen sich beide Schwänze und stachen zu wie die Köpfe einer Schlange. Der Skorpion stach Kell, der überrascht aufschrie, während sich die Seelenfresser einen Moment abgelenkt Skanda zuwandten. Ihre Schwerter waren undeutliche Schemen, als sie wie verrückt versuchten, diesen Jungen der Ankarok zu töten. Aber er tanzte höhnisch zwischen ihren Klingen hin und her. Dann ertönte ein scharfes Krachen, und Skanda lächelte ein uraltes Lächeln der
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