Keltenfluch
Setzt ihn noch einmal ein, danach nicht mehr…« Er riss den Mund auf. Sein Körper bewegte sich zuckend, ebenso der Kopf.
Und dann sah ich das dunkle Blut, das aus der Mundöffnung quoll und wie roter Schleim herabfiel. Es klatschte tropfenweise auf Schädel, rann über Knochen hinweg, berührte auch meine Schulter, doch das merkte ich kaum.
Ich sah, wie die Augen des Mannes dort brachen. Er hatte seine letzte Botschaft loswerden können und in mir den Mann gefunden, der das erledigen sollte, was ihm nicht gelungen war. Ich war ausersehen, den Keltenfluch zu brechen.
Auch Bill hatte uns sprechen gehört. Er stellte seine Fragen, auf die ich nicht einging.
»Ich komme jetzt runter.«
Der Abstieg bereitete mir ebenso große Schwierigkeiten wie der Aufstieg. Zudem drängte wieder einmal die Zeit. Ich dachte daran, dass sich der Götze, dessen Namen ich nicht einmal erfahren hatte, in unserer Zeit aufhielt, um sich neue Opfer zu suchen.
Der Gedanke war einfach furchtbar. Wir würden alles daransetzen, um zu verhindern, dass es geschah.
Mit einem letzten Sprung erreichte ich den Boden und wurde von Bill festgehalten.
»Und?«
»Es geht weiter.«
»Weißt du Bescheid?«
»Ja. Komm jetzt.«
Er wollte noch nicht. »Was ist mit dem Mann und der Frau, John? Du kennst sie doch. Du hast sie gesehen.«
»Sicher«, erwiderte ich und nickte. »Ich habe sie gesehen. Ich habe ihn auch lebend erlebt, während sie schon tot war. Er ist jetzt auch tot, aber ich bin gerade noch rechtzeitig gekommen. Ich weiß jetzt, wie wir es schaffen können…«
Natürlich wollten auch Cella Lintock und Tony Hellman die ganze Geschichte hören. Ich hielt damit auch nicht hinter dem Berg, und sie bekamen große Augen, als sie erfuhren, was ich erlebt hatte.
»Mein Gott«, flüsterte Tony Hellman, »und das kann man glauben?«
Cella griff ein. »Wir müssen es, Tony. Es bleibt uns nichts anderes übrig.«
»Ich weiß nicht.«
»Und ich denke auch, dass der Römer, den ich als Prinz gesehen habe, recht hat. Ein Sterbender lügt nicht mehr - oder?« Sie wandte sich fragend an mich.
»Das sehe ich auch so.«
»Wir können nur raus, wenn wir den Stab gefunden haben?« flüsterte Tony.
»So sieht es aus. Wir nehmen ihn mit. Der Götze hält sich in unserer Zeit auf. Ein raffinierter Austausch, das muss man ihm einfach lassen. Wenn wir dann wieder zusammen sind, werden wir den Stab zerstören, so dass der Tunnel für alle Zeiten geschlossen bleibt. Dann kann er nicht zurück, und wir werden ihn packen und vernichten.«
Ich hatte schnell, ziemlich laut und auch voller Überzeugungskraft gesprochen, so dass ich weder von Cella noch von Tony Widerspruch erlebte. Es brachte auch nichts, jetzt noch zu diskutieren. Wir mussten die Dinge nehmen, wie sie waren und vor allen Dingen diesen verdammten Keltenfluch löschen. Das ging nur durch den Stab.
Er war bestimmt nicht leicht zu finden. Im Graben nahe des Eingangs und bei den Palisaden lag er versteckt. Das hieß, wir mussten uns durch Knochenreste und halb verweste Körper wühlen, bis wir den Grund erreichten.
Sehr breit war der Graben nicht. Man konnte ihn überspringen. Wir verteilten uns und suchten an vier verschiedenen Stellen. Sogar Cella machte mit, auch wenn sie sich noch so ekelte.
Es gelang mir, meine Gedanken zurückzudrängen. Ich fasste viele Dinge an, doch ich weigerte mich, darüber nachzudenken, was mir da alles durch die Hände glitt.
Bill und ich schwiegen. Das schaffte Tony Hellman nicht. Er dachte an seine Mutter. Und der Gedanke, ihren Mörder endlich stellen und vernichten zu können, gab ihm Auftrieb. Er sprach davon, wie er ihn töten wollte, weinte dabei und wühlte weiter in dieser Leichengrube herum.
Bill fand den Stab! Wir hörten ihn lachen. Dabei richtete er sich auf und zog den Stab aus der Knochengrube. Er hielt ihn hoch, und sein rechter Arm zitterte dabei. »Verdammt, das ist er, Freund. Wir haben ihn.« Er lachte auf. »Jetzt geht es weiter.«
Keiner wollte ihn haben, auch ich nickte ihm zu. »Okay, dann müssen wir den Weg zurück bis an die Grenze.« Ich wies auf das obere Ende. »Noch ist die Kugel blass. Wir können nur hoffen, dass die magische Kraft der Banshee ausreicht, um das Tor ein letztes Mal zu öffnen.«
»Bestimmt.«
Dass es möglicherweise auch anders kommen konnte, darüber verloren wir kein Wort. Jeder von uns war froh, der alten Kultstätte den Rücken zudrehen zu können. Und sicherlich auch der Autor Tony Hellman, der den
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