Kennwort: Schwarzer Ritter
starte den Motor, Hallie. Wir machen einen kleinen Ausflug.“
„Was?“ Sie schaute aus dem Fenster aufs Meer, wo der Sturm immer noch tobte. „Bei diesem Wetter? Bist du wahnsinnig?“
„Wir brauchen nicht weit hinauszufahren.“ Er wedelte wieder mit der Pistole. „Na los, mach schon. Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.“
Doch Hallie befolgte seinen Befehl nicht. Stattdessen bewegte sie sich fast unmerklich an der Trennwand entlang, Zentimeter für Zentimeter. Sie hat etwas vor, dachte Kate. Und was immer es auch sein mochte, sie brauchte Hilfe oder eine Art von Ablenkung.
„Ich kann nicht.“ Hallies Stimme zitterte, und wenn das nur gespielt sein sollte, dann hatte die Frau einen Oscar verdient. „Ich habe zu viel Angst. Für alle kleinen Boote gilt ein Fahrverbot an der gesamten Ostküste.“
„Wir sind nicht so klein, und du hast das Boot auch vorher schon durch schlechtes Wetter gesteuert. Los jetzt, Hallie.“
„Warum? Warum sollte ich tun, was du sagst?“
„Wenn du es nicht tust, schieße ich dir eine Kugel durch den Kopf. Darum.“
„Das wirst du doch sowieso tun.“
Kates Blick fiel auf den Becher auf dem Beistelltisch, das einzige Objekt, das sie erreichen konnte, ohne allzu viel Aufmerksamkeit zu erregen. Es war keine besonders wirkungsvolle Waffe, aber verzweifelte Situationen erforderten verzweifelte Maßnahmen.
Kate sprach ein Stoßgebet, griff nach dem Becher, zielte auf Lyles Kopf und warf.
Der Richter sah den Becher und duckte sich, aber dieser Moment reichte aus, um ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen. In einem Tempo, das den Footballtrainer an ihrer High School mit Stolz erfüllt hätte, lief Kate mit gesenkten Schultern zu ihm hinüber und zielte mit dem Kopf auf seine Körpermitte.
Diesmal konnte er den Zusammenstoß nicht vermeiden. Als Kate auf seinen Körper prallte, stöhnte Lyle vor Schmerz auf. Beide fielen mit einem dumpfen Schlag auf den weichen weißen Teppich, aber Kates Hoffnung, dass er die Pistole fallen lassen würde, wurde schnell zunichte.
Als Lyle sich hochrollte und hinsetzte, hatte er die Waffe immer noch fest in der Hand. „Das war ein Fehler, Mrs. Logan.“ Er presste die Mündung der Pistole gegen ihre Rippen und versetzte ihr einen Stoß. „Ein sehr großer Fehler. Vielleicht sollte ich Sie besser erschießen, bevor ich Sie über Bord werfe. Nur um Ihnen eine kleine Lektion zu erteilen.“
Kate antwortete nicht. Und sie bewegte sich auch nicht. Unglücklicherweise saß er immer noch am längeren Hebel.
„Lass sie gehen, Lyle.“
Kate sah hoch. Hallie stand immer noch mit dem Rücken gegen die Trennwand gepresst. Ihre Hände waren nicht zu sehen.
„Allmählich verliere ich die Geduld, Hallie. Geh und lass den Motor an, oder ich schwöre, dass ich sie erschieße.“
„Nicht, wenn ich dich zuerst treffe.“
Und mit diesen Worten zog sie blitzschnell eine Pistole hinter ihrem Rücken hervor, zielte und feuerte.
Die Pistole explodierte, der Knall füllte den Salon und hallte wider in Kates Kopf.
Danach herrschte ein Moment absoluter Stille, während die drei Personen in der Kabine an ihrem Platz wie festgefroren schienen – Hallie mit ausgestreckten Armen, die Hände um den Pistolengriff, Kate und Lyle, die sie beide ungläubig anstarrten, auf dem Fußboden. Und dann fiel Lyle, ohne einen Laut von sich zu geben, auf den Rücken.
„Habe ich ihn getötet?“ Hallie senkte die Arme.
Kate beugte sich über den Richter und schaute nach, wo er getroffen worden war. Sie sah in seine Augen und erkannte die Niederlage in seinem Blick.
„Nein, Hallie“, antwortete Kate und nannte sie zum ersten Mal beim Vornamen, denn sie glaubte, dass diese Situation etwas mehr Nähe verlangte. „Er ist nur verwundet. Diesmal an der rechten Schulter. Jetzt muss er beide Arme in der Schlinge tragen.“ Sie erhob sich und holte seine Pistole, eine .38er-Spezial, die unter einen Stuhl gerutscht war.
„Warum hast du das getan, Hallie?“ winselte Lyle, als er den Kopf hob. „Warum musstest du alles ruinieren?“
„Ich habe doch gar nichts getan.“
Er versuchte aufzustehen, aber Kate hielt ihn auf die gleiche Weise zurück wie er sie, indem sie die Pistole bewegte. „Bewegen Sie sich nicht. Dort, wo Sie sind, habe ich Sie eigentlich am liebsten.“
Ihre Blicke trafen sich. Er ließ sie nicht aus den Augen, während sie Schritt für Schritt zurückging. Als sie den Beistelltisch erreicht hatte, nahm sie ihr Handy aus der Handtasche. Auf dem kleinen
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