Kennwort: Schwarzer Ritter
allmählich zu Ende. Sie würde die Kassette bald umdrehen müssen. Wie konnte sie das bewerkstelligen, ohne dass Hallie etwas merkte?
„Wer hat Molly umgebracht, Mrs. Buchanan?“ fragte sie.
Hallie schien sie nicht gehört zu haben. „Ich kenne Jacob schon mein ganzes Leben lang. Wir sind zusammen in New Hampshire aufgewachsen – Nachbarskinder. Ich hätte ihn fast geheiratet.“ Sie schaute Kate an. „Haben Sie das gewusst?“
Ein wenig verblüfft antwortete Kate: „Nein.“
„Dann habe ich Lyle auf einer Reise nach Washington kennen gelernt und war im siebten Himmel, wie man so sagt. Jacob war ein prima Kerl. Wir sind in Verbindung geblieben, und später hat er in Georgetown Jura studiert und schließlich eine Kanzlei in Washington eröffnet. Wir vier wurden gute Freunde – Lyle und ich, Jacob und Theresa. Wir haben alles zusammen gemacht. Aber noch wichtiger war, dass ich Jacob vertraut habe. Mehr noch als meinem Mann. Ist das nicht komisch?“
Was wollte sie damit sagen? Dass Jacob Winters Molly umgebracht hatte? „Mrs. Buchanan …“
„Terrence hat es nicht getan“, unterbrach sie. „Ja, er hat durchaus ein paar Dummheiten gemacht, das kann ich Ihnen versichern. Wie kann man nur ein Verhältnis mit einer Studentin haben und sich dann überhaupt nicht um das Kind kümmern? Aber er würde niemals jemanden umbringen, ebenso wenig wie Todd.“
„Wer hat Molly dann umgebracht?“ fragte Kate noch einmal.
„Lyle“, sagte Hallie mit klarer Stimme. „Lyle hat Molly getötet.“
Kate konnte kein Wort herausbringen. Sie starrte Hallie stumm an.
„Er ist sogar noch ein größerer Mistkerl, als ich gedacht habe.“ Hallie lehnte den Kopf gegen die Kissen. „Ich habe sein schmutziges kleines Geheimnis die ganzen Jahre über bewahrt, während ich die fürsorgliche Ehefrau spielte, Gesellschaften arrangierte, mich verantwortlich fühlte für die von ihm bevorzugten Wohltätigkeitseinrichtungen und ihm zur Seite stand, Jahr um Jahr um Jahr.“
Lyle. Hinter allem hatte also Lyle gesteckt. Von Anfang an.
„Ich hätte es kommen sehen müssen“, sagte sie, als ob sie zu sich selbst sprach. „Er hat Terrence nie gemocht. Er hat seine Fähigkeiten nie geschätzt, seine akademische Brillanz, seine politischen Ambitionen – Ambitionen, die ohne Lyles … abwegiges Verhalten hätten erfüllt werden können.“
Kate war nicht sicher, ob sie ihre Stimme wiedergefunden hatte. „Ist Ihr Mann der … Schwarze Ritter?“
„Er hatte also Recht gehabt. Sie haben es herausgefunden.“ Sie nickte. „Der Schwarze Ritter war nur einer seiner vielen Decknamen. Das Internet war für ihn ein neuer Weg, um seiner Schwäche für Sex und Ausschweifungen nachzugehen.“
„Haben Sie schon immer über diese Online-Aktivitäten Bescheid gewusst?“
„Nein. Ich habe es an dem Abend herausgefunden, als Molly ermordet wurde.“ Sie stand auf und ging zum Ausguss, um sich ein Glas Wasser zu holen. Rasch griff Kate in ihre Tasche, öffnete den Kassettenrecorder und drehte das Band um.
Sekunden später kam Hallie zurück in den Salon. „In der Nacht damals habe ich ein Geräusch gehört“, fuhr sie fort. „Lyle war nicht im Bett. Also bin ich aufgestanden und habe ihn im Badezimmer entdeckt. Er war vollkommen angezogen und wusch sich gerade die Hände. Am Rand des Waschbeckens und an seinen Manschetten war Blut.“
Sie setzte sich wieder hin. „Ich fragte ihn, woher das Blut käme und wo er gewesen sei. Er sagte, er habe sich verletzt, als er einen Reifen wechseln musste, aber als ich seine Hände betrachtete, habe ich keine Wunde entdecken können. Weitere Fragen hat er nicht beantwortet. Er sagte, er sei müde und gehe jetzt zu Bett. Am nächsten Morgen erfuhr ich dann, dass Molly umgebracht worden war, und da fing ich an, zwei und zwei zusammenzuzählen.
Zunächst hat Lyle abgestritten, den Mord begangen zu haben, aber als ich ihm damit drohte, zur Polizei zu gehen, hat er mir alles erzählt – wie er Molly in einem Chatroom kennen gelernt hat, von ihren Plänen, sich zu treffen, von seinem Schock, als er in das Motelzimmer ging und sie gesehen hat.“
„Und Sie haben nichts gesagt? Sie sind nicht zur Polizei gegangen, um Todd zu entlasten?“
„Ich wollte es tun. Eine Zeit lang habe ich sogar geglaubt, Lyle würde sich selbst stellen, weil ich wusste, wie sehr er seinen Sohn liebte. Dann hat Todd etwas getan, mit dem keiner von uns gerechnet hat. Er ist geflohen.“
„Es lag in Ihrer Macht, ihn
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