Kerstin Dirks & Sandra Henke - Vampirloge Condannato - 01
auseinander gingen, ohne Hoffnung auf ein Wiedersehen.
„Ich bin nicht böse“, hauchte sie und wusste, warum sie ihn nicht gehen lassen wollte. Er war ein Mann, der ihr die Stirn bot! Sie musste nicht die taffe Karrierefrau spielen, nicht die coole Freundin. Nein, sie genoss es, schwach zu werden.
Unerwartet küsste er sie. Ihre Lippen trafen sich und ihre Münder verschmolzen.
Wie töricht, mit einem fremden Kerl, den ich nicht einmal eine Stunde kenne, zu schnäbeln wie zwei Vögel im Frühling, dachte Tammy und öffnete den Mund weiter, um Dorian Einlass zu gewähren.
Er legte die kühlen Hände an ihre Wangen und hielt ihr Gesicht, während er den Kopf schräg legte, damit seine Zunge tiefer in ihren Mund eindringen konnte. Kaum hatte er den tiefsten Punkt erreicht, zog er sich wieder zurück, um sie zu necken. Tammy stöhnte leise zum Protest und Dorian massierte ihre Lippen mit den seinen, bis diese wie elektrisiert kribbelnd nach mehr gierten. Alles in Tammy gierte nach mehr. Ihr
24
Sandra Henke & Kerstin Dirks Begierde des Blutes
Verlangen wuchs mit jedem Zahn, den seine Zungenspitze umschlängelte. Dorian erkundete ihre Mundhöhle einem Forscher gleich und hinterließ gleichzeitig seinen herrlichen Geschmack. Mehrmals knabberte und saugte er leicht an ihrer Oberlippe. Er fuhr mit der Zunge über die Stellen, als wollte er sie beruhigen, doch anstatt sie abzukühlen, heizte er ihnen erneut ein und machte die Münder außen genauso feucht wie innen. Tamara wünschte, dieser Kuss würde nie aufhören, doch irgendwann hupten die Autos, deren Fahrbahn sie blockierten und Dorian wischte mit dem Daumen die Nässe von Tammys Lippen. Er lehnte sich entspannt zurück. Dann schaute er sie wartend an. Die Autos hupten unaufhörlich. Tamara blieb nichts anderes übrig als auszusteigen. Entschuldigend hob sie die Hand, doch die Autofahrer zeigten kein Verständnis. Nervös neigte sie sich hinunter und blickte in Dorians Wagen hinein.
Als er nichts sagte, warf sie wortlos die Autortür zu und winkte. Sie zwang sich zu lächeln, aber in ihrem Inneren hatte sie das Gefühl zu verbrennen. Dorian fuhr ab und der Verkehr verschluckte ihn bald. Tammy schüttelte den Kopf. Warum hatte er ihr keine Visitenkarte gegeben? Wieso hatte er sie nicht gebeten, ihre Telefonnummer aufzuschreiben? Bis aufs Blut hatte er sie geärgert, um ihr als Entschuldigung zum Schluss einen der atemberaubendsten Küsse zu geben, die sie je erhalten hatte.
„Der Angler hat den Fisch zurück ins Wasser geworfen“, stellte sie verbittert fest. Sie dachte an Jeremy, der vor Sophie geflüchtet war und Sophies unerfüllter Sehnsucht.
Tammy ballte die Hände zu Fäusten, um nicht laut zu schreien. Die Passanten schauten sie verwundert an, aber das war ihr egal. Dorian Everheard hatte mit ihr gespielt und sie sich lächerlich gemacht. Sie würde sich nicht einmal rächen können, denn er war aus ihrem Leben verschwunden!
„So ein Mistkerl!“, schimpfte Tamara und machte sich zum verabredeten Restaurant auf.
Die Wut wich der Trauer. Da traf sie schon einmal einen außergewöhnlichen Mann, der ihr gefiel und dann entpuppte er sich als Teufel. Wie ungerecht die Welt doch war! Und jetzt musste sie auch noch den Abend mit ihrer Familie verbringen, anstatt zu Hause weiter den Abenteuern von Sophie zu folgen. Hoffentlich würde die junge Frau wenigstens Jeremy wieder treffen!
„Hallo Schwesterchen“, begrüßte Samantha sie. „Hast du einen neuen Mann kennen gelernt? Du siehst so enttäuscht aus.“
„Für eine 21-Jährige bist du verdammt sarkastisch.“ Tammy saß noch nicht und bereute schon, sich nicht bei diesem Familienessen entschuldigt zu haben.
Ihr Vater begrüßte sie nicht einmal, sondern schob ihr gleich einige Skizzen und Papiere voller Daten zu. Aufgeregt schwatzte er drauf los, hin und wieder an seinem Ale schlürfend. „Lies mal. Du wirst es kaum glauben. Nach so langer Zeit habe ich endlich einen Investor gefunden. Kannst du das glauben? Es ist ein Wunder! Ich dachte schon, mein Traum
25
Sandra Henke & Kerstin Dirks Begierde des Blutes
von einer Restaurantkette würde nie wahr werden. Meinst du, ich bin ein Träumer? Deine Mutter hat es geglaubt – bis jetzt. Träume sind nichts anderes als Ziele…“
„Realistisch müssen sie sein, lieber George“, fiel Elisabeth Malt ihrem Mann ins Wort, „und realistische Träume gibt es nicht.“
Tammy verdrehte die Augen. Es war wie immer, wenn die Familie zusammenkam; alles
Weitere Kostenlose Bücher