Ketten der Liebe
frage ihn, wann die Frau des Wesirs kommt, um mich zu begrüßen. Teile ihm mit, daß ich soviel wie möglich von meinem neuen Heimatland kennenlernen will, bevor mein Ehemann nach Hause kommt.« Dann kicherte sie. »Ich kann es kaum erwarten, Sheilas Gesicht zu sehen!«
Sheila erschien an einem verregneten Nachmittag. Da man sie erwartet hatte, beantwortete Rabi das Klopfen an der Tür, denn sie war die einzige von Zaynabs Bediensteten, die ihre Freundin nicht kannte.
»Willkommen, edle Herrin«, sagte Rabi höflich. »Meine Herrin erwartet Euch und hat sich sehr auf Euer Kommen gefreut. Sie bittet Euch darum, nicht zu schreien, wenn Ihr sie seht, da sonst Mustafa oder die Wachen aufmerksam werden könnten.«
Was für eine merkwürdige Bitte, dachte Sheila, doch dann weiteten sich ihre Augen, als Zaynab lächelnd aus dem anderen Raum kam. »Seid Ihr es wirklich? Wie ...?«
Zaynab legte ihre Arme um Sheila. »Ja, ich bin es wirklich, teuerste Sheila, und in den zwei Monaten, die wir uns jetzt nicht gesehen haben, hast du schon einen kleinen Bauch bekommen. Es entwickelt sich.« Sie lächelte. »Der Sohn Alaeddin ben Omars gedeiht gut, wie ich sehe.« Sie nahm ihre Freundin bei der Hand und führte sie zu einem bequemen Diwan. »Nimm Platz, damit wir reden können.«
»Warum hat mein Ehemann mir nicht erzählt, daß Ihr es seid?« fragte Sheila empört.
»Weil er es nicht weiß«, erwiderte Zaynab schelmisch. »Er hat mich bisher nur verschleiert gesehen.
Ich habe meine Au gen niedergeschlagen, damit er nicht Verdacht schöpft. Naja hat jedem erzählt, der es wissen wollte, daß ich weder ein Wort spreche noch meinen Namen bekanntgeben lasse, bis mein Ehemann erscheine«, schloß sie lachend.
»Niemand weiß es? Noch nicht einmal der gute alte Mustafa?« Sheila war erstaunt.
»Nicht einmal Mustafa«, versicherte Zaynab.
Sheila schüttelte den Kopf. »Wie kommt es, daß Ihr wieder in Malina seid, meine Herrin? Wo ist die kleine Moraima?«
»Moraima starb am Fleckfieber«, sagte Zaynab leise. Tränen traten in ihre Augen, dann erzählte sie ihrer Freundin auch den Rest der Geschichte. »Möge der Gott von Abraham, Jakob und Isaak Hasdai für seine Liebenswürdigkeit segnen; und möge Allah weiterhin auf meinen teuren Abd-al Rahman herablächeln, daß er mich zu Karim schickte. Als ich erfuhr, daß mein Kind tot sei, Sheila, verlor ich meinen Lebenswillen. Ich hatte keinerlei Hoffnung mehr, aber sie retteten mich«, schloß Zaynab. »Es sind wundervolle Männer.«
»Der Prinz wird so glücklich sein«, sagte Sheila freundlich. »Mein Ehemann erzählte mir, wie unglücklich er seit dem Mord an seiner Familie sei, auch wenn er seine Pflichten dem Land gegenüber erfüllt habe. Er hält sich keine Frauen, meine Herrin. Er lebt wie ein Einsiedler und meidet jede Gesellschaft. Er speist allein, jagt und regiert mit gütiger Hand, aber er hat keine wirklichen Freuden.
Ich sah ihn seit Wochen nicht wirklich lächeln.«
»Und doch flüchtet er zum Jagen in die Berge, anstatt seine Braut willkommen zu heißen«, sagte Zaynab schroff.
»Ich habe keinen Zweifel, daß er es bereut, wenn er erfährt, daß Ihr es seid«, erwiderte Sheila kichernd. »Wie werdet Ihr ihn begrüßen?«
»Ich habe mich noch nicht entschieden«, sagte Zaynab, »aber du mußt mir helfen, Sheila, indem du mir mitteilst, wann Karim zurückkehrt. Sollte der Wesir dich fragen, wie ich aussehe, sage ihm, ich sei sehr hell, aber nicht mehr. Sage ihm, daß ich nichts von meiner Person preisgebe, bis mein Ehemann mich sehe. Ich habe mich sehr geheimnisvoll gegeben. Wenn Alaeddin so handelt, wie wir es erwarten, wird er Karim mit Sicherheit davon in Kenntnis setzen. Mein Bräutigam wird schon allein deshalb nach Hause zurückkehren, weil er seine Neugier befriedigen will.« Sie kicherte. »Männer können Geheimnisse nicht ausstehen, Sheila.«
Als Sheila zu Hause ankam, erwartete ihr Ehemann sie bereits ungeduldig.
»Und?« fragte er. »Wie ist sie?«
»Sie ist charmant, wirklich reizend«, antwortete Sheila. »Ich traf niemals eine reizendere Frau als die Prinzessin. Wir können uns alle wirklich glücklich schätzen.«
»Aber wie sieht sie aus?« fragte der Wesir seine Frau. »Ist sie hell oder dunkel? Schlank oder mollig?«
Sheila lächelte. »Das kann ich Euch nicht sagen, mein Herr. Die Prinzessin hat mich darum gebeten, nichts über sie zu erzählen, bis sie ihrem Ehemann begegnet ist, aber soviel kann ich Euch sagen. Sie ist nicht
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