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Ketten der Liebe

Ketten der Liebe

Titel: Ketten der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Dodd
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Verliebte junge Männer hinterlegten bisweilen ihre Liebesbriefe dort, in der Hoffnung, die Angebetete möge die Zeilen finden.
    Es war einer dieser zugeklebten Briefe, der Poms Aufmerksamkeit erregte. Ein stattlicher Bursche war an den Pfahl getreten, hatte einen Brief an einen rostigen Nagel gehängt und war wieder fortgegangen. Pom war größer als die meisten Leute auf dem Markt und hatte bereits eine ganze Stunde damit zugebracht, den Platz im Auge zu behalten. Denn er hielt Ausschau nach Männern, die sich verdächtig in den Schatten der engen Gassen herumdrückten - Männer, die denjenigen, der den Brief holte, sofort festnehmen und abführen würden.
    Aber Pom sah niemanden, der sich verdächtig benahm.
    Schließlich, als er die Gewissheit hatte, dass Mr. Harrison Edmondson keinen Spitzel ausgesandt hatte, nickte Pom Vikar Smith zu.
    Der Geistliche verabschiedete sich von Mrs. Fremont, mit der er sich unterhalten hatte, und schlenderte in die Mitte des Marktplatzes. In Richtung Pfosten. Der auffrischende Wind zerzauste ihm das schneeweiße Haar, als Vikar Smith bei den Ständen verweilte und die ausgelegten Waren in aller Ruhe zu begutachten schien. In dem Augenblick aber, als die Marktbesucher sich dichter um ihn drängten, hielt er auf den Pfahl zu. Für einen kurzen Augenblick hatte Pom den alten Mann aus den Augen verloren, doch dann entdeckte er ihn wieder in der Menge. Diesmal ging er zu Mrs. Showaters Brotstand und kaufte dort süßes Gebäck. Dann schlenderte er zu dem Stand mit dem Bier und achtete nicht weiter auf die fremdländische Wahrsagerin, an der er vorbeiging.
    Nur Pom sah, wie der Brief heimlich an Mertle weitergereicht wurde. Sie hatte ihrem Gesicht mit Walnussöl einen dunkleren Teint verliehen und sich in farbige Lumpen gehüllt, um sich in eine Zigeunerin zu verwandeln.
    Mertle las einem jungen, kichernden Mädchen aus der Hand, beendete die Sitzung aber nun und stellte dem jungen Ding gewiss einen reichen und gut aussehenden Ehemann in Aussicht. Schließlich erhob sie sich, steckte die Münzen in ihre Börse, überprüfte rasch, dass das Kopftuch und die Schultertücher auch die blonden Locken bedeckten, und kam langsam in Poms Richtung. Allen Männern, an denen sie vorbeischlenderte, zwinkerte sie verheißungsvoll zu und blieb hier und da stehen, um anderen Marktbesuchern aus der Hand zu lesen. Als sie schließlich vor Pom stand, musterte sie ihn von Kopf bis Fuß. »Sie sind aber ein Großer.« Verführerisch wiegte sie sich in den Hüften. »Ist alles an Ihnen so groß?«
    Die Frauen, die in der Nähe an den Ständen plauderten, lachten. Pom brauchte nicht einmal so zu tun, als wäre er verunsichert. Er hasste es, im Mittelpunkt zu stehen.
    Das wusste natürlich auch Mertle, die nun grinste.
    Pom erschrak, als er in das gebräunte Gesicht sah.
    Irgendwie hatte Mertle einen Schneidezahn geschwärzt. Für seinen Geschmack hatte seine Frau viel zu viel Spaß an dieser Maskerade.
    Mertle nahm seine Hand und umschloss sie mit ihren Händen. Sie zog die Stirn kraus, murmelte fremd anmutende Worte vor sich hin, beugte sich vor, sodass die Schultertücher nach vorn fielen — und drückte ihm den zusammengefalteten Brief in die Handfläche. Rasch schloss sie seine Finger um das Papier und machte einen Schritt zurück. Der kleinen Menge, die sich eingefunden hatte, verkündete sie: »Er ist mit einer blonden Hexe verheiratet, die mir die Augen auskratzen wird, wenn ich versuche, einen Liebeszauber auszusprechen.«
    Eine Frau aus der Menge gab einen Laut des Erstaunens von sich. »Woher weiß sie das?«
    »Meine Bestimmung liegt woanders«, sagte Mertle.
    »Ganz sicher«, erwiderte Pom gewohnt mürrisch. »Gehen Sie jetzt besser, und folgen Sie Ihrer Bestimmung.«
    Mit einem breiten Grinsen entfernte Mertle sich vom Marktplatz.
    Auch Vikar Smith war längst verschwunden, aber Pom legte keine Eile an den Tag, sondern verkaufte erst noch alle Fische, die er in seinem Weidenkorb hatte. Dann packte auch er die wenigen Dinge zusammen, die er für den Markttag brauchte, und lief zu seinem Boot, das unten am Hafen lag. Als er gerade dabei war, die Leinen loszumachen, sprangen der Vikar und Mertle in sein Boot. Seine Frau hatte sich inzwischen der bunten Verkleidung entledigt.
    »Habt ihr irgendjemanden gesehen?«, fragte sie die beiden Männer.
    »Nein, keinen«, antwortete der Geistliche.
    Pom bekräftigte die Worte mit einem Nicken, legte sich in die Riemen und ruderte das Boot aus dem

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