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Kid & Co - V3

Titel: Kid & Co - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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Krankheit aufgenommen. Was zum Kuckuck verstanden wir davon? Ich war im Büro - bei der Eisenbahn, Chicago -, als wir heirateten. Ihre Verwandten waren alle tuberkulös. Damals hatten die Ärzte ja nicht viel Schimmer. Sie sagten, daß es erblich wäre! Die ganze Familie hatte Tuberkulose. Einer bekam es vom andern, nur dachten sie nie daran. Bildeten sich alle ein, damit geboren zu sein. Schicksal! Sie und ich lebten die ersten Jahre mit den andern zusammen. Ich hatte keine Angst. In meiner Familie gab es keine Tuberkulose. Aber ich kriegte sie. Das gab mir zu denken. Es war also ansteckend. Ich kriegte sie, weil ich die Ausdünstung der andern einatmete.
    Wir besprachen die Sache. Sie und ich. Dann schickte ich den alten Hausarzt zum Teufel und fragte einen modernen Spezialisten um Rat. Der erzählte mir, was ich mir selbst ausgeknobelt hatte. Und sagte auch, daß Arizona die richtige Gegend für uns wäre. Da brachen wir unsere Zelte ab und reisten hin. Nicht einen Cent. Ich fand eine Stellung als Schafhirt und ließ die Frau in der Stadt, einer richtigen Lungenstadt, so voll von Lungenkranken, daß man kaum spucken konnte.
    Na, ich lebte und schlief ja im Freien und begann mich bald zu erholen. Ich war immer monatelang draußen. Und jedesmal, wenn ich zurückkam, ging es ihr schlechter. Sie konnte einfach nicht gesund werden. Aber wir hatten was gelernt. Ich nahm sie weg aus der verfluchten Stadt. Sie ging einfach mit mir Schafe hüten. Vier Jahre, Sommer und Winter, in Hitze und Kälte, im Regen, Schnee und Frost und allem Dreckwetter schliefen wir im Freien. Nie unter Dach. Und wir wechselten immer wieder unsern Lagerplatz. Sie hätten nur den Unterschied sehen sollen... braun wie Kaffeebohnen, mager wie Indianer, zäh wie frischgegerbtes Leder. Als wir uns einbildeten, geheilt zu sein, gingen wir nach San Franzisko zurück. Aber wir waren zu voreilig gewesen. Schon im zweiten Monat hatten wir leichte Blutstürze. Sofort flüchteten wir wieder nach Arizona und zu unseren Schafherden. Blieben noch zwei Jahre dort. Dann waren wir in Ordnung. Vollkommen geheilt. Ihre ganze Familie ist ausgestorben. Wollten nicht hören, was wir ihnen sagten. Wir hielten uns aber von allen Städten fern. Zogen die Küste des Pazifiks hinunter. Das südliche Oregon gefiel uns besonders gut. Wir ließen uns im Rogue-River-Tal nieder. Äpfel! Hat eine große Zukunft. Ich bekam meinen Grund und Boden - natürlich in Pacht - für vierzig Dollar den Morgen. In zehn Jahren wird er fünfhundert wert sein.
    Aber wir haben ja auch anständig geschuftet. Kostet auch viel Geld, so was. Und anfangs hatten wir keinen Cent, verstehn Sie, und mußten das Haus bauen, die Scheune, Pferde, Pflüge und alles andere anschaffen. Sie hielt zwei Jahre lang Schule. Dann kam der Junge! Sie sollten nur die Bäume sehen, die wir gepflanzt haben... hundert Morgen voll! Fast alle tragen jetzt. Aber damals machte es ja nur Kosten... und dazu waren auch immer noch die Hypothekenzinsen zu bezahlen. Deshalb bin ich ja hier. Sie macht die Sachen dort unten, und ich sitze hier, ein erstklassiger, verfluchter Millionär... wenn man nach den Aussichten gehen darf.«
    Er war einen glücklichen Blick über das Eis, das im Sonnenschein flimmerte, nach dem grünen See in der Ferne.
    Dann sah er auch die Photographie an und murmelte: »Sie ist ein Prachtstück von einer kleinen Frau, das ist sie. Donnerwetter, wie sie geschuftet hat! Sie wollte einfach nicht sterben, obgleich sie nur noch Haut und Knochen war, die um ein kleines Häufchen brennenden Feuers gewickelt waren, als wir mit den Schafen losgingen. Oh, sie ist immer noch dünn, sie wird auch nie dick werden. Aber es ist die süßeste Dünnheit, die ich je gesehen habe, und wenn ich zurückkomme, und die Bäume tragen, und die Kleinen gehen in die Schule, dann werden wir beide, meine Frau und ich, nach Paris fahren. Ich habe freilich nicht viel Vertrauen zu der verdammten Stadt, aber sie hat sich ihr ganzes Leben danach gesehnt.«
    »Nun, und hier liegt ja das Gold, das Sie nach Paris bringen wird«, versicherte ihm Kid. »Wir brauchen nur die Hand danach auszustrecken.«
    Carson nickte mit leuchtenden Augen. »Ich sage ja, unsere Farm ist der hübscheste Obstgarten Gottes an der ganzen Pazifikküste. Und ein herrliches Klima dazu! Unsere Lungen werden nicht mehr zum Teufel gehen. Leute, die Tuberkulose gehabt haben, müssen sonst vorsichtig sein, wissen Sie! Wenn Sie sich mal irgendwo ansässig machen wollen, dann

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