Kid & Co - V3
sich die Handschuhe an und öffnete die Tür.
»Guten Abend, ihr beiden Räuber«, knurrte er und knallte wütend die Tür zu...
Am nächsten Morgen war Kid ein gespannter Zuschauer des Auftritts, der sich im Restaurant von Slavovitsch abspielte. Er war von Wild Water eingeladen worden, und sie saßen zusammen am Tisch neben dem, an welchem Fräulein Arral zu sitzen pflegte. Alles ging wirklich fast wortgetreu vor sich, wie sie es vorausgesagt hatte.
»Haben Sie wirklich immer noch keine Eier«, fragte sie den Kellner mit rührend-kläglicher Stimme.
»Nein, meine Dame«, lautete die Antwort. »Irgend jemand in Dawson hat sämtliche Eier aufgekauft. Herr Slavovitsch hat selbst versucht, extra für Sie ein paar zu kaufen. Aber der Spekulant will nichts abgeben.«
Eben in diesem Augenblick rief Wild Water den Besitzer zu sich, legte ihm die Hand auf die Schulter und zog seinen Kopf zu sich herab, um ihm etwas ins Ohr flüstern zu können.
»Hören Sie mal, Slavovitsch«, sagte Wild Water leise und heiser. »Ich habe Ihnen doch heute nacht ein paar Dutzend Eier gegeben. Wo haben Sie die?«
»Im Safe... mit Ausnahme von den sechs, die ich schon aufgetaut und für Sie bereitgestellt habe...«
»Ich will sie ja gar nicht selber haben«, flüsterte Wild Water noch leiser und heiserer. »Machen Sie Spiegeleier daraus und lassen Sie sie Fräulein Arral reichen.«
»Ich werde sie persönlich servieren«, versicherte ihm Herr Slavovitsch.
»Und vergessen Sie nicht... mit einem Gruß von mir«, fügte Wild Water hinzu und ließ die Schulter des Wirtes wieder los.
Die hübsche Lucille Arral starrte gerade verzweifelt ihr aus einem kleinen Häppchen Speck und Kartoffelmus bestehendes Frühstück an, als Herr Slavovitsch die zwei Spiegeleier auf ihren Tisch stellte.
»Mit einem ergebenen Gruß von Herrn Wild Water«, hörten die beiden am Nachbartisch ihn sagen.
Kid mußte einräumen, daß sie blendend Komödie zu spielen verstand... dieser schnelle, freudige Blick in ihren Augen, die impulsive Drehung des Köpfchens, der halb unfreiwillige Vorläufer eines Lächelns, das durch eine bewundernswerte Selbstbeherrschung zurückgehalten wurde, mit der sie sich auch wieder dem Wirt zuwandte, um einige freundliche Worte zu sagen. Kid merkte, daß Wild Waters Fuß im Mokassin ihm unter dem Tisch ein Zeichen gab.
»Wird sie sie auch essen... darauf kommt es ja an... ob sie sie jetzt auch wirklich essen will?« flüsterte er, ganz außer sich vor Spannung.
Und als sie heimlich Lucille beobachteten, sahen sie, wie sie einen Augenblick zögerte, nahe daran war, die Schüssel fortzuschieben, dann aber doch der Versuchung erlag.
»Ich nehme die Eier also«, sagte Wild Water zu Kid. »Der Vertrag tritt jetzt in Kraft. Haben Sie sie beobachtet? Haben Sie alles gesehen? Sie war nahe daran zu lächeln! Ich kenne sie... Es ist alles in Ordnung. Morgen wieder zwei Eier, dann wird sie mir verzeihen, und wir werden uns wieder aussöhnen. Wenn sie nicht dabei wäre, würde ich Ihnen die Hand schütteln, Kid... ich bin Ihnen wirklich dankbar. Sie sind gar kein Räuber, wie ich gestern sagte... Sie sind ein... ein Menschenfreund.«
Kid kehrte triumphierend in die Hütte auf dem Hügel zurück und fand dort Kurz, der einsam in schwarzer Verzweiflung dasaß und Karten legte. Wenn sein Partner allein Karten legte, dann - das wußte Kid - bedeutete es, daß der Himmel über ihm eingestürzt war.
»Geh... sprich lieber nicht zu mir«, lautete die erste Abfuhr, die Kid bekam.
Kurz taute indessen bald auf und begann frisch von der Leber weg zu erzählen.
»Jetzt ist's vorbei mit dem großen Schweden«, stöhnte er. »Unsere Spekulation ist zum Teufel gegangen. Morgen werden sie in allen Kneipen Sherry mit Ei für einen Dollar das Glas verkaufen. Es gibt kein hungriges Waisenkind in ganz Klondike, das sich nicht an Eiern vollfressen kann. Was, glaubst du, hab' ich heute erlebt? Einen verfluchten Idioten hab' ich getroffen, der dreitausend Eier hergebracht hat... verstehst du? Dreitausend... direkt aus Forty Mile.«
»Das ist doch nicht wahr«, meinte Kid zweifelnd.
»Wahr wie die Hölle... ich hab' ja die Eier höchst persönlich gesehen. Gauteraux heißt der Lümmel... ein großer, blöder blauäugiger Bengel von französischem Kanadier. Erst fragte er nach dir, dann nahm er mich beiseite und traf mich direkt ins Herz! Es war unsere Eierspekulation, die ihn auf den Weg gebracht hatte. Er hatte von den dreitausend gehört, die in Forty Mile
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