Kill Order
ließen sich diese Verdächtigungen nicht beweisen.
An einer anderen Front versuchte die US-amerikanische Bundespolizei seit den Neunzigern, den New Yorker Cattani-Clan wegen Drogenhandels hochzunehmen. 1998 entdeckte das FBI eine Verbindung zur Brüsseler Niederlassung der Braccis. Deshalb traten sie an die CIA heran und baten sie, in Europa Nachforschungen anzustellen.
Im Sommer 2000 kaufte Delani für sich und seine Frau ein Haus in Brüssel. Die Amerikaner entschlossen sich, einen ihrer Leute auf Anna Tiépola anzusetzen. Es war ein Schuss ins Blaue. Aber die Tiépola schien leichte Beute, und einen Versuch war es wert. Vielleicht wusste sie ja etwas über die zwielichtigen Geschäfte der Kanzlei Bracci & Versteylen am La Grand Place. Den Maler stufte man als verrückt, aber harmlos ein, und gerüchteweise stand es mit der Ehe nicht zum Besten.
Die CIA schickte Michael Verheyen ins Feld, einen drittklassigen Romeo-Agenten. Einen Mann, der seinen Charme einsetzte, um an Informationen zu gelangen. Es wurde sogar noch leichter als erwartet. Verheyen fand eine attraktive Frau vor, die sich von ihrem Gatten vernachlässigt fühlte und darauf brannte, ihn mit einem anderen Mann zu betrügen. Von Anfang an machte sie keinen Versuch, ihre Affäre vor Delani zu verbergen. Etwas, das Verheyen stark irritierte. Sie wollte Eifersucht provozieren, um die Aufmerksamkeit ihres Mannes wieder auf sich zu lenken.
Delani dagegen schien die Untreue seiner Frau zu billigen. Er hielt ihren Liebhaber nicht für bedrohlich und suggerierte ihm lediglich, dass er Diskretion erwartete. Anna Tiépola reagierte wütend auf Delanis Gleichgültigkeit. Verheyen verunsicherte die gesamte Konstruktion zusehends. Er fand nicht das Geringste über irgendwelche konspirativen Verbindungen zur italienischen Mafia heraus. Stattdessen sah er sich selbst immer tiefer in eine abstruse Dreiecksbeziehung verstrickt, in der er für beide Akteure Mittel zum Zweck war. Er agierte nicht länger, sondern wurde in die Defensive gedrängt und rutschte in die Rolle eines Advocatus Diaboli in Annas Diensten.
Mitte Januar 2001 reiste Delani nach Berlin, um seine Ausstellung in der Galerie Neuhoff vorzubereiten. Offenbar ging seinem Abflug ein heftiger Streit mit seiner Frau voraus. Gemeinsam mit Verheyen reiste sie ihm nach. Anna war fest davon überzeugt, dass Delani eine Geliebte hatte, die er in Berlin treffen wollte.
Der letzte Bericht Verheyens an seinen Führungsoffizier stammte vom Tag ihrer Ankunft in Berlin. Sie hatten ein Zimmer im Hilton gebucht, dem gleichen Hotel, in dem auch Delani abgestiegen war. An diesem Punkt endete der Block solider Information. Alles Weitere war nur noch Spekulation.
Am Morgen des Attentats verfolgte Anna ihren Mann vom Hotel aus zum Jüdischen Museum. Sie telefonierte noch einmal mit Michael Verheyen, der im Hotel geblieben war. Verheyen wusste natürlich von der bevorstehenden Eröffnungszeremonie, auch in Brüssel hatte man den Rummel mitbekommen. Einige bedeutende Politiker standen auf der Besucherliste und das CIA-Büro in Berlin war seit Wochen in Aufruhr. Alle hatten Angst vor einem Terroranschlag.
Eine halbe Stunde später kam die Meldung, dass der US-Senator Jonas Levi Rosenfeldt im Jüdischen Museum erschossen worden war, der Killer aber noch frei herumlief. Verheyen rief daraufhin noch einmal Anna an, um sie zu warnen. Zu diesem Zeitpunkt zog er noch keine Verbindung zwischen Delani und dem Mord. Er machte sich lediglich Sorgen um Anna, die sich in der Nähe des Attentats aufhielt. Die Erkenntnis, dass das mehr als ein seltsamer Zufall war, musste ihm erst später gekommen sein.
Die Tiépola nahm seine Warnung nicht ernst. Andere Dinge erforderten ihre Aufmerksamkeit. Ihr Ehemann hatte sein Fahrzeug ein paar Querstraßen entfernt vom Museum geparkt. Danach hatte sie ihn aus den Augen verloren und deshalb beschlossen, im Wagen auf seine Rückkehr zu warten. Ihre Kalkulation ging auf, aber es dauerte beinahe zwei Stunden, bis er wieder auftauchte.
Verheyen rief Anna noch ein zweites Mal an, da verfolgte sie Delani gerade in die Tiefgarage des Hotels Drei Linden, einer Absteige auf der Rückseite des Bahnhofs Friedrichstraße. Interessant war, dass das Hotel in Gehweite zum Hilton lag. Anna fand das empörend. Sie war überzeugt, dass hier die Frau wohnte, mit der sich Delani hinter ihrem Rücken traf. Laut Verhörprotokoll gab die Tiépola ihre Position durch, danach brach der Empfang ab. Sie fand Delanis Wagen
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