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Kill Order

Kill Order

Titel: Kill Order Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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nicht sofort und kurvte ein paar Mal durch die Garage. Entnervt parkte sie schließlich in der Nähe eines Aufzugs und fuhr hoch zum Foyer, um Delani dort abzupassen.
    Verheyen kam beinahe zeitgleich mit ihr an. Er betrat die Lobby über den Haupteingang und traf sie bei den Fahrstühlen. Anna konnte sich bei der Vernehmung nicht mehr daran erinnern, so wie sie jegliche Erinnerung an die Ereignisse leugnete, die sich im Anschluss abspielten. Ein Concierge beobachtete einen kurzen und heftigen Streit zwischen den beiden. Dann kam ein Gast die Treppe herunter, ein libanesischer Geschäftsmann, der bereits am Morgen ausgecheckt hatte und nur zurückgekommen war, um sein Gepäck zu holen. Er hatte sich kurz zuvor ein Taxi zum Flughafen bestellt.
    Der Concierge gab später zu Protokoll, dass die Frau gestikulierend und laut rufend auf den Libanesen zugelaufen war. Sie sprach Italienisch, deshalb konnte er nicht verstehen, was sie sagte. Verheyen folgte einen Moment später. Im Laufen zog er eine Pistole.
    Der Libanese warf sich hinter einer Sitzgruppe in Deckung, Verheyen gab drei Schüsse ab. Die Frau begann zu schreien. Unter den anderen Gästen in der Lobby brach Panik aus.
    Mit einem Sprung riss der Libanese Verheyen von den Füßen und versuchte ihm die Pistole zu entwenden. Im Handgemenge lösten sich zwei weitere Schüsse. Einer streifte Annas Oberschenkel, der zweite zerfetzte Verheyens Gesicht und tötete ihn auf der Stelle. Der Libanese rannte hinaus auf die Straße und stoppte einen Wagen mit vorgehaltener Waffe. Er zwang den Besitzer auszusteigen und ihm das Fahrzeug zu überlassen.
    Rafiq legte das Dossier auf den Tisch und betrachtete das Mosaik der Hausdächer zu seinen Füßen. Er wusste bereits, was auf der letzten Seite stand, denn er hatte sie zu allererst gelesen. Den gestohlenen Wagen fand man später in einer Tiefgarage, die Fluchtroute des Killers führte über München und Paris weiter über die spanische Grenze und verlor sich irgendwo in den Pyrenäen.
    Die CIA vermutete, dass es sich bei dem Libanesen um den geisterhaften Killer handelte, der in den Akten der Geheimdienste unter dem Namen Fabio geführt wurde. Es wurde außerdem die These aufgestellt, dass Fabio und Delani ein und derselbe Mann waren.
    Die Kellnerin trat an Rafiqs Tisch und stellte ihm eine Schale mit Datteln hin. Geistesabwesend murmelte er einen Dank.
    Bis zum Rosenfeld-Attentat war Fabio ein Gespenst gewesen, das durch die Akten der Dienste geisterte. Dem Mann wurden ein paar spektakuläre Attentate zugeschrieben. Es gab verschiedene Theorien über seine Herkunft. Manche sagten, er stamme aus den Reihen der sizilianischen Camorra, andere hielten ihn für einen Ex-KGB-Killer. Beweise gab es weder für die eine noch die andere Version und auch nicht für das Dutzend weiterer Hypothesen, die unter den Analysten kursierten.
    Rafiq versuchte, den Nikolaj Fedorow seiner Erinnerung in die Rolle des geheimnisvollen Killers zu projizieren, doch die Vorstellung war lächerlich. Es gelang ihm immer noch nicht, vor seinem geistigen Auge ein Gesicht zu formen, aber er wusste, wie Nikolaj gewesen war. Ein schweigsamer Junge, der seine schüchterne Zurückhaltung auch mit dem Erwachsenwerden nicht abgelegt hatte. Die Übereinstimmung der Bilder in der Datenbank konnte nur ein Zufall sein.
    Andererseits war Katzenbaums Theorie genauso gut oder schlecht wie jede andere.
    Dann fragte Rafiq sich, wie Carmen reagieren würde, wenn sie erfuhr, wer die Zielperson war. Er fand keine Antwort. Sieben Jahre waren sie ein Paar gewesen, sie hatten das Bett geteilt und alles andere. Dennoch konnte er ihre Reaktion nicht voraussagen. Das beunruhigte ihn.
    Er fuhr sich übers Gesicht.
    Es war so lange her. So viele Jahre.
    Und nun kam alles wieder, all die alten Geschichten. Plötzlich waren sie wieder präsent, wie Gespenster, die sich in Fleisch und Blut materialisierten.

6
     
    Südlibanesische Sicherheitszone | Februar 1992
     
    „L
    ass mich mal“, forderte Rafiq. Nikolaj reichte ihm den Feldstecher.
    Er schob sich ein paar Zentimeter hangaufwärts, suchte den Befehlsposten an der Straße und stellte das Bild scharf. „Drei“, murmelte er, „vier, fünf. Und die beiden, die gerade losgefahren sind. Plus Mordechai.“
    Viktor Mordechai war der kommandierende Offizier. Er war das Ziel, er stand auf der Liste. Vor ein paar Wochen war an seinem Checkpoint ein Bus mit Palästinensern gestoppt worden. Es hatte ein Dutzend Tote und über zwanzig

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