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Kill Order

Kill Order

Titel: Kill Order Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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an, sie konnte sich kaum aufrecht halten. Die Ränder ihres Gesichtsfeldes verwischten, als sie den Kopf drehte. Er nahm die Decke aus dem Fußraum und legte sie ihr um die Schultern. Fest umfasste er ihren Körper, um sie zu stützen.
    „Wo gehen wir hin?“, flüsterte sie.
    Seine Antwort hörte sie kaum. Im Grunde interessierte es sie auch nicht. Sie wollte sich an einem dunklen Ort zusammenrollen und schlafen. Ihre Knie knickten ein, aber Nikolaj fing sie auf. Er sagte etwas, das sie nicht verstand. Dann spürte sie, wie er den zweiten Arm unter ihre Kniekehlen legte und sie hochhob. Der Vorstellung, getragen zu werden, haftete etwas Tröstliches an. Sie ließ ihren Kopf gegen seine Brust fallen und schloss die Augen.
     
    *
     
    „Ich hoffe, wir haben eine volle Kriegskasse“, sagte Rafiq.
    Sie hatten sich in einer Wohnung in Tripoli einquartiert, die einem Sayan gehörte, einem freiwilligen Helfer. Der Mossad verließ sich überall auf der Welt auf die Unterstützung von Sayanim. Sie bildeten das Rückrat des israelischen Geheimdienstes. Sayanim waren jüdischer Abstammung. Sie fanden sich in allen Bevölkerungsschichten und stellten ihre Dienste unentgeltlich zur Verfügung. Der Eigentümer der Wohnung in Tripoli war von Beruf Arzt und hielt sich einen Teil des Jahres in Italien auf. Während seiner Abwesenheit gestattete er dem Mossad, das Apartment zu benutzen.
    Er legte das Telefon auf den Tisch. „Shoufani hat eine Suchaktion losgetreten. Sein Cousin kommandiert die syrischen Truppen im Nordlibanon. Nachdem Fedorow der Militärpolizei in Hawqa durch die Lappen gegangen ist, haben sie Straßensperren errichtet. Vor zwei Stunden haben sie an einem Checkpoint einen flüchtenden Wagen verfolgt. Dabei haben sie ein Fahrzeug und drei Männer verloren. Der Kerl hat nämlich auf den Fahrer geschossen und die Syrer von der Straße gedrängt. Nur ein Mann hat den Unfall überlebt.“
    Levs Augen wurden schmal. „Und das war Fedorow?“
    „Anzunehmen. Sie sagen, dass der Mann einen dunkelblauen Ford Taurus fuhr. Das könnte Samis Wagen gewesen sein.“
    „Aber sie wissen nicht, wo Fedorow jetzt ist?“
    Irgendwo im Nordlibanon in den Bergen, dachte Rafiq. Zusammen mit Carmen, die sich noch immer in seiner Gewalt befand. Ihre Leiche war bisher nicht gefunden worden, daran klammerte er sich.
    „Uns geht die Zeit aus“, sagte Katzenbaum.
    „Ich weiß. Shoufani hat versprochen, dass sie die Augen offen halten.“ Rafiq blickte hinüber zu Sami, der auf der Wohnzimmercouch eingeschlafen war. Abgesehen von ein paar Prellungen und heftigen Kopfschmerzen hatte er den Zusammenstoß mit Fedorow unverletzt überstanden. Tal und Sofia waren losgezogen, um etwas zu Essen zu besorgen. Rafiq war nicht sicher, ob zwischen den beiden nicht etwas lief. Nun, er gönnte es ihnen. Er konnte ohnehin nur noch an Carmen denken.

20
     
    Südlibanesische Sicherheitszone | März 1992
     
    D
    as Treffen fand in einem Hof statt, der zum Gefängnisgelände gehörte. Die Wachen standen weit genug entfernt, um die Illusion privater Abgeschiedenheit zu erzeugen. Katzenbaum hatte sich zurückgezogen. Zehn Minuten, dachte Rafiq. Carmen stand an der rückseitigen Mauer und starrte ins Leere. Als er sich näherte, reagierte sie nicht. Er erschrak, als er sah, wie dünn sie geworden war. Ihre Haut wirkte durchsichtig und zeigte einen bläulichen Schimmer, so als ob sie fror. Aber sie zitterte nicht. Sie stand einfach nur da und sah ihn an. Sie hatten ihr die Haare kurz geschoren. Ihr Gesicht wirkte sehr jung. Der Anblick verengte seine Kehle.
    „Wie geht es dir?“, fragte er. Seine Finger berührten ihr Haar, ihre Wange, glitten über ihr Kinn. Carmen ließ es geschehen. Sie wirkte seltsam unbeteiligt. Das verstörte ihn. Er wollte sie gern an sich zu ziehen, wagte es aber nicht. Sie sah so zerbrechlich aus.
    „Bitte“, sagte sie leise. „Hol uns hier raus.“ Er sah, dass sie weinte.
    „Was haben sie mit dir gemacht?“
    „Ich ertrage das nicht mehr“, flüsterte sie. „Ich kann es nicht ändern. Aber ich halte das nicht länger durch. Sie sagen, es hätte mit dir zu tun.“ Ihre Worte erstickten in einem Schluchzen, „ich weiß nicht, was ich machen soll.“
    Mit einer kleinen Bewegung zog er sie an sich. Sie legte ihr Gesicht gegen seine Schulter, während ein Weinkrampf ihren mageren Körper erschütterte. Er fühlte sich hilflos. Sie erwartete etwas von ihm und er konnte es ihr nicht geben. Diese Begegnung lief ganz anders ab,

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