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Killashandra

Killashandra

Titel: Killashandra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey
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sie trotz ihrer Wut als wundervoll bearbeitetes Brotbaumholz erkannte. Dann stand sie im offiziellen Empfangssaal der Residenz. Sie stürmte sofort weiter zu der breiten Treppe, die zur Hauptebene hinunterführte. Olav kam ihr mit besorgem Gesicht auf halbem Wege entgegen. Hinter ihm saß der Älteste Tor-kes auf einem hohen Holzstuhl, während seine Stabsmitglieder im Raum herumstanden und mit verschiedenen Inselbewohnern sprachen.
    Killashandra sah sich rasch um, bevor sie direkt auf Torkes losging. »Habe ich Wochen auf einer einsamen Insel verbracht, nur um von einem bewaffneten Idioten aufgehalten und befragt zu werden? Der mir eine Waffe vor das Gesicht hielt, als ob ich einen Krieg beginnen wollte? Ich ...« Killashandra brach sich fast die Knöchel, als sie mit dem Finger auf ihre Brust tippte. »Ich bin die-jenige, die angegriffen und entführt wurde. Ich bin die-jenige, die in Gefahr war, während Sie«, — und nun deutete sie anklagend auf Torkes, der sie schockiert ansah —,
    »während Sie in Sicherheit waren! In Sicherheit!«
    Später sagte Lars ihr, daß sie einfach hinreißend war.
    Ihre Augen hätten nur so gesprüht, und ihr Auftritt sei so beeindruckend gewesen, daß selbst er vor Erstaunen nicht zu atmen gewagt habe. Er fragte, welche Opernrolle sie in diesem Augenblick gespielt habe.
    »Gar keine«, erklärte sie ihm grinsend, denn ihr wirkungsvoller dramatischer Auftritt hatte ihrem Zorn ein passendes Ventil verschafft. »Ich war noch nie im Leben so wütend. Stell dir nur vor, man hat mich mit einer Waffe bedroht.«
    Torkes erhob sich, und sein Gesicht verriet deutlich, daß er nicht wußte, wie er mit dieser unbekannten und gefährlichen Naturgewalt umgehen sollte. »Meine liebe Kristallsängerin ...«
    »Keine plumpe Vertraulichkeit!«
    »Ihre Erlebnisse haben Sie aus dem Gleichgewicht gebracht, Gildenfrau Ree. Niemand hatte die Absicht, Sie zu beleidigen. Es war nur ...«
    »Es war nur Ihr verdammtes Protokoll und Ihre Lust an einer völlig unangebrachten Machtdemonstration. Ich muß Sie warnen«, sagte sie, indem sie ihm mit dem Finger drohte, »ich muß Sie warnen, daß Sie möglicherweise dafür büßen müssen.« Sie hielt sich gerade noch zurück; in ihrer Wut hätte sie dem Ältesten Torkes beinahe zuviel verraten. »Denn meine Gilde wird eine Wie-dergutmachung für die unverschämte und demütigende Behandlung verlangen, die ich erdulden mußte.«
    Torkes starrte ihren Finger an, als wäre er eine tödliche Waffe. Bevor er sich eine passende Antwort zu-rechtlegen konnte, stand Olav neben Killashandra und bot ihr ein Glas einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit an.
    »Gildenfrau, ich möchte Ihnen das hier anbieten ...«
    Seine Baritonstimme, so sanft und verbindlich, dämpfte ihre Wut. Sie kippte das Getränk und war einen Augenblick lang sprachlos. Der starke Schnaps hatte sie wirkungsvoll zum Schweigen gebracht. »Sie sind verständlicherweise sehr aufgeregt, aber die Aufregung ist unnö-
    tig, denn ich kann Ihnen versichern, daß Sie hier gut aufgehoben sind. Der Älteste Torkes hat bereits eine gründliche Untersuchung dieser Schandtat angeordnet und wird sich persönlich um Ihre Sicherheit hier auf Angel Island kümmern.«
    Olavs taktvolle Beruhigung gab ihr die Zeit, ihre Kehle und ihre Stimmbänder wieder unter Kontrolle zu bringen. Der Hals brannte ihr, der Magen pochte, und die Augen wurden wäßrig. Das war ein gutes Stichwort. Sie ließ die Tränen fließen und griff schwach nach Olavs Hand, der sie sofort stützte. Lars nahm ihren rechten Arm, und die beiden Männer führten sie zu dem zweiten prächtigen Stuhl im Zimmer und setzten sie ab, als wäre sie sehr gebrechlich.
    »Ich bin wirklich überdreht. Nach allem, was ich erlebt habe, ist das auch kein Wunder«, sagte Killashandra und nutzte ihr Schluchzen, um die Nachwehen ihrer Wut zu unterdrücken. Sie war der Meinung, daß sie sich lange genug ausgetobt hatte. »Ganz allein auf dieser verdammten Insel, ich wußte nicht, wo ich war und ob ich überhaupt gerettet werden würde. Und dann der Sturm ...«
    Man brachte ihr ein zweites Glas. Als sie Olav anstarrte, zwinkerte er ihr zu. Dennoch trank sie vorsichtig.
    Es war Brotbaumwein.
    »Verzeihen Sie mir, Ältester Torkes, aber diese lächerliche Waffe brachte das Faß zum Überlaufen.«
    Sie unterbrach sich, doch es gelang ihr, ihrer Stimme einen aufrichtig betrübten Klang zu geben. Dann lächelte sie den völlig verwirrten Ältesten zaghaft an und ließ die Augenlider

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